Bundeskanzler Schüssel beim Europa-Forum Wachau
Göttweig (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der griechische Ministerpräsident
Konstantinos Karamanlis nahmen am Montag (07. 06.) am 10. Europa-Forum Wachau im Stift
Göttweig teil. „Die Volksabstimmung zum EU-Beitritt vor 10 Jahren hat uns verändert. Europa ist unser
gelebter Traum, unsere erträumte Wirklichkeit. 10 Jahre nach unserem Beitritt sehen wir auch, dass es sich
gelohnt hat", so der Bundeskanzler in seinem Referat und wies darauf hin, dass die Löhne seit 1994 um
insgesamt 20 Milliarden Euro gestiegen seien, die österreichischen Exporte sich in die EU verdoppelt, in die
Nachbarländer vervierfacht hätten und allein 70.000 Arbeitsplätze aus der Exportwirtschaft entstanden
seien. "Niemand hat uns etwas weggenommen. Die Regionen haben ihre Kraft behalten. Man braucht jedoch den
Mut, seine Interessen in Europa zu artikulieren", so Schüssel weiter.Der Bundeskanzler hob die Wichtigkeit
der Verabschiedung einer europäischen Verfassung hervor. „Falls in 14 Tagen die Verfassung nicht zustande
kommen sollte, ist das ein ganz großer Tiefschlag für die Idee, dass eine EU der 25 funktionieren kann.
Alle Beteiligten sollten kompromiss- und verhandlungsbereit sein", betonte der Bundeskanzler. Die Verfassung
beinhalte Quantensprünge, so Schüssel weiter und nannte die eigene Rechtspersönlichkeit der EU,
den gemeinsamen Außenminister, die Vereinfachung der Prozeduren sowie die Stärkung des Europäischen
Parlaments und der Europäischen Kommission. Ebenso sei die Entscheidungsfindung mit doppelter Mehrheit wichtig.
„Europa muss weitergehen. Wir brauchen mehr Entscheidungen und weniger Blockademöglichkeiten", betonte
Schüssel. Als weiteres wichtiges Thema bezeichnete der Bundeskanzler die Frage der Sicherheit. „Die Frage
der inneren Sicherheit ist untrennbar mit der Frage der äußeren Sicherheit verbunden. Sicherheit kann
nur mehr europäisch garantiert werden", so Schüssel und forderte einen europäischen Haftbefehl,
europäische Straftatbestände, eine Europäische Polizei, eine Europäische Grenzpolizei, einen
Europäischen Staatsanwalt, sowie vereinheitlichte Fahndungsmethoden. Der Bundeskanzler erinnerte auch an den
60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie. "Der D-Day war eine gewaltige und einmalige Offensive.
Damals stand alles auf dem Spiel. So selbstverständlich war der Sieg nicht. Deshalb darf man nicht leichtfertig
Risse in den Brücken zwischen den USA und Europa zulassen. Ein gesundes und gutes Verhältnis ist wichtig",
so der Bundeskanzler und wies darauf hin, dass 90% der amerikanischen und europäischen Interessen deckungsgleich
seien. „Es sind nicht die Mauern, die das Haus Europa ausmachen, sondern der Geist, der darin herrscht", so
Schüssel abschließend.Ministerpräsident Karamanlis betonte in seiner Rede, dass eine europäische
Orientierung der Türkei Vorteile für alle beinhalte. „Wir wollen alle eine Türkei, die europäische
Standards adoptiert", betonte Karamanlis. Bindung und nicht Größe sei das Kriterium für die
Weiterentwicklung. Wenn Länder diesem nicht entsprechen, könne es auch zu Formen von verstärkter
Zusammenarbeit kommen. Karamanlis hob auch hervor, dass Österreich und Griechenland gemeinsame Interessen
in Bezug auf Frieden und Stabilität in Südosteuropa haben. |