Enquete des Bundesrates über "Digital Divide"  

erstellt am
25. 06. 04

Zugang zu Breitbandinternet als politische Herausforderung
Wien (pk) - "Die Überwindung der Digital Divide als regionale Herausforderung" - Mit diesem Thema beschäftigte sich am Donnerstag (24. 06.) eine Enquete im Parlament, zu der der Bundesrat eingeladen hat. Experten aus dem Bereich der Informationstechnologie diskutierten dabei mit Politikern über die Probleme, die mit dem unterschiedlichen Zugang zum Internet verbunden sind, und über mögliche Antworten der Politik.

Alfred Ruzicka, Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie, verwies auf die große Bedeutung des Breitbandinternets für die österreichische Wirtschaft und auf die nach wie vor bestehenden regionalen Unterschiede bei dessen Zugang. Das Breitbandinternet sei unbestritten ein Schlüsselfaktor für Österreich, stand für Ruzicka fest. Gerade für die Klein- und Mittelbetriebe sei ein Breitbandanschluss eine unabdingbare Voraussetzung ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit.

Ruzicka präsentierte in seinem Statement die Breitbandinitiative der Bundesregierung, als deren Ziel er die Überwindung der bestehenden digitalen Kluft nannte. In den ländlichen Regionen sollen dieselben Chancen auf Breitbandzugang vorherrschen wie in den Ballungszentren, Breitbandinternet muss auf lange Sicht für jeden und für jede verfügbar sein, lautete seine Devise. Geplant ist demnach, bis 2007 das gesamte Bundesgebiet voll mit Breitbandanschluss zu versorgen.

Das Förderungsmodell zum Ausbau des Breitbandes setzt dabei, wie Ruzicka erläuterte, nicht bei den Firmen, sondern bei den unversorgten Gebieten an, gefördert werden Infrasturkurinvestitionen, wobei die Subventionen technologieneutral sind. Die Abwicklung obliegt den Ländern. 10 % der Gelder kommen vom Bund, ein ebenso hoher Anteil werde von den Ländern erwartet. Darüber hinaus rechnet Ruzicka auch mit Förderungen seitens der EU.

Georg Serentschy, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, stellte ebenfalls die Bemühungen zur nachhaltigen Sicherung eines Spitzenplatzes in der Informationsgesellschaft in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Die Breitbandversorgung überall für jedermann und zu jeder Zeit sei heute ein zentraler Faktor für den Wirtschaftsstandort, in Zukunft werden wesentliche Teile des BIP vom Breitband abhängen, betonte er.

Österreich habe in der Breitbandtechnologie ursprünglich eine Pionierrolle eingenommen, sei aber international in den letzten Jahren etwas zurückgefallen, gab Serentschy zu bedenken. Es sei daher eine Selbstverständlichkeit, dass die RTR die Breitbandinitiative der Bundesregierung unterstützt und begleitet. Serentschy kündigte Maßnahmen wie die Vergabe zusätzlicher Frequenzen, die Entbündelung und die Durchführung von Marktanalysen an. Großes Augenmerk werde auch Fragen der Sicherheit im Bereich des elektronischen Datenverkehrs geschenkt.

Serentschy begrüßte ausdrücklich das neue Telekomgesetz und vor allem die Möglichkeit des Frequenzhandels zwischen den Betreibern, von der er sich eine Belebung des Marktes erwartete.

Georg Aichholzer, Akademie der Wissenschaften, warnte vor einer digitalen Spaltung der Gesellschaft und meinte, Chancenungleichheit in Bezug auf die neuen Medien könnte bestehende soziale Unterschiede verschärfen und neue Polarisierungen aufkommen lassen.

Österreich verzeichnet, wie Aichholzer berichtete, eine rasch anwachsende Ausstattung mit PCs und Internet, nach Bundesländern ergeben sich aber starke Unterschiede. Geschlechtsspezifische Differenzen bei der Nutzung seien aber nahezu ausgeglichen worden. Nach wie vor benachteiligt sah Aichholzer hingegen die untersten Einkommensgruppen; Maturanten und Akademiker wieder seien in Sachen Internet deutlich überrepräsentiert. Eine digitale Kluft ortete Aichholzer auch nach Altersgruppen, wobei er auf eine krasse Unterbeteiligung bei den über Fünfzigjährigen hinwies.

Was den Unternehmensbereich betrifft, habe die Internetnutzung rasch zugenommen, wenngleich regionale Unterschiede, etwa zwischen dem Burgenland und Wien, weiter bestehen. Bei Breitbandausstattung verstärken sich diese Unterschiede noch zusätzlich, gab Aichholzer zu bedenken.

Das Problem des Digital Divide werde sich nicht von selbst lösen. Nach Meinung Aichholzers gehe es bei den Maßnahmen der Politik aber nicht um Zwangsbeglückung, sondern vielmehr darum, Optionen bereitzustellen, damit alle die Möglichkeit zur Nutzung haben. Aichholzer empfahl eine kombinierte Strategie und sah dabei vor allem die Bereiche Bildung, finanzielle Subventionen sowie Infrastrukturförderungen angesprochen.
   

Hannes Leo, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, stellte in seinem Referat die ökonomischen Aspekte in den Vordergrund und machte geltend, dass Informations- und Kommunikationstechnologie wesentliche Wachstumstreiber seien. Egal, ob man die Breitbandversorgung ausbaue oder die Zahl der Nutzer erhöhe, beides habe positive gesamtwirtschaftliche Effekte, betonte er. Zudem würden neue Technologien Potential für neue Entwicklungen und Innovationen bieten.

Eine Breitbandstrategie müsse viele Maßnahmen umfassen, unterstrich Leo. Unter anderem nannte er in diesem Zusammenhang die Behebung von Informationsdefiziten, die Förderung von Inhalten und Applikationen, eine verstärkte Nutzung im öffentlichen Bereich, die Abdeckung von unterversorgten Gebieten, Initiativen zum Anschluss von kleinen und mittleren Unternehmen und Direktinvestitionen der öffentlichen Hand.

Leo wies darauf hin, dass die EU einen eigenen Aktionsplan "eEurope" 2005 entwickelt habe. Ziel sei ein breites online-Angebot öffentlicher Dienste und ein weit reichender Zugang zu Breitbanddiensten zu wettbewerbsfähigen Preisen. Wichtigste Akteure bei der Umsetzung der Breitbandstrategie seien dabei die Mitgliedstaaten.

Die Förderung auf EU-Ebene erfolgt Leo zufolge in erster Linie über Mittel des Strukturfonds und der Europäischen Investitionsbank, dazu kommen Infrastrukturprogramme (eTen) und andere Initiativen. Mittel aus dem Strukturfonds stehen dabei vor allem Ziel-1-Gebieten und Ziel-2-Gebieten zur Verfügung.

Als österreichische Initiativen nannte Leo die Breitbandinitiative der Regulierungsbehörde RTR, die Breitbandinitiative des Bundes und – als dritten Baustein – steuerliche Förderungen. Seitens der Länder stehen in Niederösterreich 14,5 Mill. Euro für eine Breitbandinitiative zur Verfügung, konkrete Projekte gibt es laut Leo darüber hinaus in Kärnten und in Oberösterreich.

Was in Österreich fehle, sei eine Koordination der verschiedenen Strategien und der Maßnahmen des Bundes und der Länder, meinte Leo. Er forderte einen einheitlichen Strategie- und Ausbauplan ein, wobei er die Notwendigkeit betonte, bei Ausschreibungen die Technologieneutralität sicherzustellen.

Rudolf Fischer, Vorstandsdirektor der Telekom Austria, gab eingangs seines Referats zu bedenken, dass es immer stärker zu einer Verschmelzung von Kommunikationstechnologien und Informationstechnologien komme. Der IKT-Markt mache weltweit mittlerweile mehr als 6 % des Bruttoinlandsproduktes aus, skizzierte er, im Jahr 2002 habe er 2.000 Milliarden USD umfasst. Wie verschiedene Daten zeigten, beeinflusse der IKT-Markt das BIP nachhaltig.

In Europa liegt Fischer zufolge die Schweiz mit IKT-Ausgaben von rund 2.700 Euro pro Kopf an der Spitze, Österreich befinde sich mit 1.653 Euro im Mittelfeld und knapp über dem Durchschnitt der EU. Schlusslichter seien Griechenland und Portugal. Beim Digital Access Index (DAI), der die Qualität der Netzanbindungen, die vorhandene Infrastruktur, das Bildungsniveau und die Erschwinglichkeit von Internetanschlüssen messe, liegt Österreich laut Fischer innerhalb der EU an siebenter Stelle, weltweit jedoch nur am 17. Platz. Vorreiter sind hier die asiatischen Länder wie Korea, Hongkong und Taiwan.

Breitband bedeute nicht nur einen schnellen Internetanschluss, betonte Fischer, vielmehr gehe es auch um neue Angebote wie Videokonferenzen, Übertragung von Fernsehsignalen, zeitverschobenes Fernsehen, Video-on-Demand-Services und e-Shopping. Dass Südkorea Weltmarktführer im Bereich Breitband ist, erklärte er damit, dass es eine intensive Breitbandförderung gebe, ein nationaler Masterplan entwickelt worden sei und ein großes Content-Angebot, etwa Community-Angebote, bereitgestellt würde. Zudem würden die Bevölkerungsdichte und die Topographie eine umfassende Breitbandversorgung erleichtern.

In Österreich hat die Telekom Austria Fischer zufolge hohe Investitionen im Bereich des Hochleistungsbackbone getätigt. Mittlerweile gebe es zudem für 80 % bis 85 % der Haushalte Zugang zu ADSL-Technologie. Die Telekom konzentriere sich aber nicht nur auf die Infrastruktur, betonte Fischer, sondern tätige auch auf der Content-Seite Entwicklungen, etwa mit der Bereitstellung von Fernsehangeboten, Videoclips und Spielen.

Österreich nehme international noch keinen Spitzenplatz ein, erklärte Fischer abschließend, mit gebündelten Anstrengungen sei aber ein Sprung nach vorne möglich. Dazu werde aber auch in Österreich eine Art Masterplan gebraucht.

Hans Kühberger, Geschäftsführer der Firma Infotech EDV-Systeme, schilderte, wie sein Unternehmen, ein kleiner Privatbetrieb mit einem derzeitigen Umsatz von 4,4 Mill. Euro und 27  itarbeitern, es geschafft habe, in einem lokalen Bereich ein Glasfasernetz zu etablieren.

Die Entscheidung für das Projekt "Glasfasernetz Ried" sei 2001 gefallen, erläuterte Kühberger, die Errichtungsarbeiten konnten zügig durchgeführt werden. Insgesamt wurden in zwei Phasen 30 km errichtet, 2003 wurde das Glasfasernetz zudem durch Kupfer-Entbündelung ergänzt. Das gesamte Netzwerk ist nach wie vor zu 100 % im Besitz von Infotech. Zur Veranschaulichung der Kostendimension wies Kühberger darauf hin, dass ein gesamter Netzbausbau in Ried, also die Versorgung aller Haushalte (rund 12.000 Einwohner), rund 6 Millionen Euro kosten würde.

Der Business-Plan sei zunächst ausschließlich auf Firmenkunden ausgerichtet gewesen, skizzierte Kühberger, im Zuge des Netzbaus habe man jedoch auch für 2.000 Haushalte einen Zugang zum Glasfasernetz vorbereitet. Dadurch könnten den betroffenen Haushalten künftig nicht nur ein rascher Internetzugang, sondern auch umfangreiche TV-Services, Video-on-Demand, Personal Videorecorder und anderes angeboten werden. Kühberger demonstrierte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Enquete, wie beispielsweise TimeShift TV funktioniert - zeitverschobenes Fernsehen, bei dem sämtliche Programme aller wesentlichen Fernsehsender 24 Stunden rückwärts frei navigierbar ausgewählt werden können.

Generalsekretär Dr. Kurt Einziger (ISPA) wies vorerst darauf hin, dass ISPA der freiwillige Zusammenschluss aller ISP sei, seit 1997 bestehe und zurzeit zirka 200 Mitglieder habe. Der Verein umfasse Firmen, die im Internet Access, Content-Bereich, Application-Servicebereich, WLAN, Hosting tätig sind; das gelinge deshalb, weil das eigentliche Ziel des Vereins die Förderung des Internets in Österreich sei. Für ihn ist der Breitband-Internet-Zugang der natürliche Internet-Zugang. Vor allem im Wirtschafts- und Arbeitsbereich sei ein Breitbandanschluss unumgänglich. Die Problematik bestehe allerdings darin, dass es ihn noch nicht überall gebe. Einige Mitglieder, etwa Telekom Austria mit ADSL, aber auch Kabelbetreiber, waren zu Beginn gut, leider sei man in den letzten ein, zwei Jahren im internationalen Vergleich zurückgefallen. Der Redner machte auch darauf aufmerksam, dass das Entstehen von Digital Divide nicht nur auf der Verfügbarkeit beruhe, Tatsache sei nämlich, dass es dort, wo es verfügbar ist, heute nicht von allen genutzt werde. Wichtig sei es, einem Digital Divide entgegenzuwirken. Der beruhe darauf, dass ihn die Leute nicht annehmen, etwa wegen Unattraktivität oder aus Kosten-Nutzen-Argumenten, und es auch zu wenige Angebote und somit zu wenig Wettbewerb gibt. Ein klares Ja sagte er zur Breitbandinitiative des Bundes. Hierbei seien wichtig: die Vorgabe eines österreichweiten einheitlichen Verfahrens, die Gewährleistung eines transparenten Verfahrens, die Sicherstellung eines fairen Verfahrens für alle Provider und die Technologieneutralität.

Ferner soll durch entsprechende Vergabebedingungen sichergestellt werden, dass die geförderten Betreiber ein Wholesale-Angebot stellen. Um die Bedingungen auch erreichen zu können, wurde seitens der ISPA der Vorschlag gemacht, eine Koordinierungskonferenz mit allen Beteiligten zu machen. Der Generalsekretär gab sodann einen kurzen Überblick auf die Breitband-Technologien, begonnen mit der Digital Subscriber Line über die Kabeltechnologie bis hin zum Wireless Local Area Network. Betrachtet man den Marktanteil am Breitbandmarkt, dann könne man erkennen, dass es eine Halb-Halb-Stellung zwischen der DSL-Technologie, der kupfergestützten Technologie, und der Kabelfernsehtechnologie gibt, teilte der Referent mit. Auch vertrat der Redner die Ansicht, dass die beste Förderung des Staates im Schaffen und in der Erhaltung von fördernden Rahmenbedingungen bestehe.
     
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