Zugang zu Breitbandinternet als politische Herausforderung
Wien (pk) - "Die Überwindung der Digital Divide als regionale Herausforderung" - Mit
diesem Thema beschäftigte sich am Donnerstag (24. 06.) eine Enquete im Parlament,
zu der der Bundesrat eingeladen hat. Experten aus dem Bereich der Informationstechnologie diskutierten dabei mit
Politikern über die Probleme, die mit dem unterschiedlichen Zugang zum Internet verbunden sind, und über
mögliche Antworten der Politik.
Alfred Ruzicka, Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie, verwies auf die große
Bedeutung des Breitbandinternets für die österreichische Wirtschaft und auf die nach wie vor bestehenden
regionalen Unterschiede bei dessen Zugang. Das Breitbandinternet sei unbestritten ein Schlüsselfaktor für
Österreich, stand für Ruzicka fest. Gerade für die Klein- und Mittelbetriebe sei ein Breitbandanschluss
eine unabdingbare Voraussetzung ihrer internationalen Konkurrenzfähigkeit.
Ruzicka präsentierte in seinem Statement die Breitbandinitiative der Bundesregierung, als deren Ziel er die
Überwindung der bestehenden digitalen Kluft nannte. In den ländlichen Regionen sollen dieselben Chancen
auf Breitbandzugang vorherrschen wie in den Ballungszentren, Breitbandinternet muss auf lange Sicht für jeden
und für jede verfügbar sein, lautete seine Devise. Geplant ist demnach, bis 2007 das gesamte Bundesgebiet
voll mit Breitbandanschluss zu versorgen.
Das Förderungsmodell zum Ausbau des Breitbandes setzt dabei, wie Ruzicka erläuterte, nicht bei den Firmen,
sondern bei den unversorgten Gebieten an, gefördert werden Infrasturkurinvestitionen, wobei die Subventionen
technologieneutral sind. Die Abwicklung obliegt den Ländern. 10 % der Gelder kommen vom Bund, ein ebenso hoher
Anteil werde von den Ländern erwartet. Darüber hinaus rechnet Ruzicka auch mit Förderungen seitens
der EU.
Georg Serentschy, Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, stellte ebenfalls die Bemühungen zur nachhaltigen
Sicherung eines Spitzenplatzes in der Informationsgesellschaft in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Die
Breitbandversorgung überall für jedermann und zu jeder Zeit sei heute ein zentraler Faktor für den
Wirtschaftsstandort, in Zukunft werden wesentliche Teile des BIP vom Breitband abhängen, betonte er.
Österreich habe in der Breitbandtechnologie ursprünglich eine Pionierrolle eingenommen, sei aber international
in den letzten Jahren etwas zurückgefallen, gab Serentschy zu bedenken. Es sei daher eine Selbstverständlichkeit,
dass die RTR die Breitbandinitiative der Bundesregierung unterstützt und begleitet. Serentschy kündigte
Maßnahmen wie die Vergabe zusätzlicher Frequenzen, die Entbündelung und die Durchführung von
Marktanalysen an. Großes Augenmerk werde auch Fragen der Sicherheit im Bereich des elektronischen Datenverkehrs
geschenkt.
Serentschy begrüßte ausdrücklich das neue Telekomgesetz und vor allem die Möglichkeit des
Frequenzhandels zwischen den Betreibern, von der er sich eine Belebung des Marktes erwartete.
Georg Aichholzer, Akademie der Wissenschaften, warnte vor einer digitalen Spaltung der Gesellschaft und meinte,
Chancenungleichheit in Bezug auf die neuen Medien könnte bestehende soziale Unterschiede verschärfen
und neue Polarisierungen aufkommen lassen.
Österreich verzeichnet, wie Aichholzer berichtete, eine rasch anwachsende Ausstattung mit PCs und Internet,
nach Bundesländern ergeben sich aber starke Unterschiede. Geschlechtsspezifische Differenzen bei der Nutzung
seien aber nahezu ausgeglichen worden. Nach wie vor benachteiligt sah Aichholzer hingegen die untersten Einkommensgruppen;
Maturanten und Akademiker wieder seien in Sachen Internet deutlich überrepräsentiert. Eine digitale Kluft
ortete Aichholzer auch nach Altersgruppen, wobei er auf eine krasse Unterbeteiligung bei den über Fünfzigjährigen
hinwies.
Was den Unternehmensbereich betrifft, habe die Internetnutzung rasch zugenommen, wenngleich regionale Unterschiede,
etwa zwischen dem Burgenland und Wien, weiter bestehen. Bei Breitbandausstattung verstärken sich diese Unterschiede
noch zusätzlich, gab Aichholzer zu bedenken.
Das Problem des Digital Divide werde sich nicht von selbst lösen. Nach Meinung Aichholzers gehe es bei den
Maßnahmen der Politik aber nicht um Zwangsbeglückung, sondern vielmehr darum, Optionen bereitzustellen,
damit alle die Möglichkeit zur Nutzung haben. Aichholzer empfahl eine kombinierte Strategie und sah dabei
vor allem die Bereiche Bildung, finanzielle Subventionen sowie Infrastrukturförderungen angesprochen. |
Hannes Leo, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, stellte in seinem Referat die ökonomischen
Aspekte in den Vordergrund und machte geltend, dass Informations- und Kommunikationstechnologie wesentliche Wachstumstreiber
seien. Egal, ob man die Breitbandversorgung ausbaue oder die Zahl der Nutzer erhöhe, beides habe positive
gesamtwirtschaftliche Effekte, betonte er. Zudem würden neue Technologien Potential für neue Entwicklungen
und Innovationen bieten.
Eine Breitbandstrategie müsse viele Maßnahmen umfassen, unterstrich Leo. Unter anderem nannte er in
diesem Zusammenhang die Behebung von Informationsdefiziten, die Förderung von Inhalten und Applikationen,
eine verstärkte Nutzung im öffentlichen Bereich, die Abdeckung von unterversorgten Gebieten, Initiativen
zum Anschluss von kleinen und mittleren Unternehmen und Direktinvestitionen der öffentlichen Hand.
Leo wies darauf hin, dass die EU einen eigenen Aktionsplan "eEurope" 2005 entwickelt habe. Ziel sei ein
breites online-Angebot öffentlicher Dienste und ein weit reichender Zugang zu Breitbanddiensten zu wettbewerbsfähigen
Preisen. Wichtigste Akteure bei der Umsetzung der Breitbandstrategie seien dabei die Mitgliedstaaten.
Die Förderung auf EU-Ebene erfolgt Leo zufolge in erster Linie über Mittel des Strukturfonds und der
Europäischen Investitionsbank, dazu kommen Infrastrukturprogramme (eTen) und andere Initiativen. Mittel aus
dem Strukturfonds stehen dabei vor allem Ziel-1-Gebieten und Ziel-2-Gebieten zur Verfügung.
Als österreichische Initiativen nannte Leo die Breitbandinitiative der Regulierungsbehörde RTR, die Breitbandinitiative
des Bundes und – als dritten Baustein – steuerliche Förderungen. Seitens der Länder stehen in Niederösterreich
14,5 Mill. Euro für eine Breitbandinitiative zur Verfügung, konkrete Projekte gibt es laut Leo darüber
hinaus in Kärnten und in Oberösterreich.
Was in Österreich fehle, sei eine Koordination der verschiedenen Strategien und der Maßnahmen des Bundes
und der Länder, meinte Leo. Er forderte einen einheitlichen Strategie- und Ausbauplan ein, wobei er die Notwendigkeit
betonte, bei Ausschreibungen die Technologieneutralität sicherzustellen.
Rudolf Fischer, Vorstandsdirektor der Telekom Austria, gab eingangs seines Referats zu bedenken, dass es immer
stärker zu einer Verschmelzung von Kommunikationstechnologien und Informationstechnologien komme. Der IKT-Markt
mache weltweit mittlerweile mehr als 6 % des Bruttoinlandsproduktes aus, skizzierte er, im Jahr 2002 habe er 2.000
Milliarden USD umfasst. Wie verschiedene Daten zeigten, beeinflusse der IKT-Markt das BIP nachhaltig.
In Europa liegt Fischer zufolge die Schweiz mit IKT-Ausgaben von rund 2.700 Euro pro Kopf an der Spitze, Österreich
befinde sich mit 1.653 Euro im Mittelfeld und knapp über dem Durchschnitt der EU. Schlusslichter seien Griechenland
und Portugal. Beim Digital Access Index (DAI), der die Qualität der Netzanbindungen, die vorhandene Infrastruktur,
das Bildungsniveau und die Erschwinglichkeit von Internetanschlüssen messe, liegt Österreich laut Fischer
innerhalb der EU an siebenter Stelle, weltweit jedoch nur am 17. Platz. Vorreiter sind hier die asiatischen Länder
wie Korea, Hongkong und Taiwan.
Breitband bedeute nicht nur einen schnellen Internetanschluss, betonte Fischer, vielmehr gehe es auch um neue Angebote
wie Videokonferenzen, Übertragung von Fernsehsignalen, zeitverschobenes Fernsehen, Video-on-Demand-Services
und e-Shopping. Dass Südkorea Weltmarktführer im Bereich Breitband ist, erklärte er damit, dass
es eine intensive Breitbandförderung gebe, ein nationaler Masterplan entwickelt worden sei und ein großes
Content-Angebot, etwa Community-Angebote, bereitgestellt würde. Zudem würden die Bevölkerungsdichte
und die Topographie eine umfassende Breitbandversorgung erleichtern.
In Österreich hat die Telekom Austria Fischer zufolge hohe Investitionen im Bereich des Hochleistungsbackbone
getätigt. Mittlerweile gebe es zudem für 80 % bis 85 % der Haushalte Zugang zu ADSL-Technologie. Die
Telekom konzentriere sich aber nicht nur auf die Infrastruktur, betonte Fischer, sondern tätige auch auf der
Content-Seite Entwicklungen, etwa mit der Bereitstellung von Fernsehangeboten, Videoclips und Spielen.
Österreich nehme international noch keinen Spitzenplatz ein, erklärte Fischer abschließend, mit
gebündelten Anstrengungen sei aber ein Sprung nach vorne möglich. Dazu werde aber auch in Österreich
eine Art Masterplan gebraucht.
Hans Kühberger, Geschäftsführer der Firma Infotech EDV-Systeme, schilderte, wie sein Unternehmen,
ein kleiner Privatbetrieb mit einem derzeitigen Umsatz von 4,4 Mill. Euro und 27 itarbeitern, es geschafft
habe, in einem lokalen Bereich ein Glasfasernetz zu etablieren.
Die Entscheidung für das Projekt "Glasfasernetz Ried" sei 2001 gefallen, erläuterte Kühberger,
die Errichtungsarbeiten konnten zügig durchgeführt werden. Insgesamt wurden in zwei Phasen 30 km errichtet,
2003 wurde das Glasfasernetz zudem durch Kupfer-Entbündelung ergänzt. Das gesamte Netzwerk ist nach wie
vor zu 100 % im Besitz von Infotech. Zur Veranschaulichung der Kostendimension wies Kühberger darauf hin,
dass ein gesamter Netzbausbau in Ried, also die Versorgung aller Haushalte (rund 12.000 Einwohner), rund 6 Millionen
Euro kosten würde.
Der Business-Plan sei zunächst ausschließlich auf Firmenkunden ausgerichtet gewesen, skizzierte Kühberger,
im Zuge des Netzbaus habe man jedoch auch für 2.000 Haushalte einen Zugang zum Glasfasernetz vorbereitet.
Dadurch könnten den betroffenen Haushalten künftig nicht nur ein rascher Internetzugang, sondern auch
umfangreiche TV-Services, Video-on-Demand, Personal Videorecorder und anderes angeboten werden. Kühberger
demonstrierte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Enquete, wie beispielsweise TimeShift TV funktioniert - zeitverschobenes
Fernsehen, bei dem sämtliche Programme aller wesentlichen Fernsehsender 24 Stunden rückwärts frei
navigierbar ausgewählt werden können.
Generalsekretär Dr. Kurt Einziger (ISPA) wies vorerst darauf hin, dass ISPA der freiwillige Zusammenschluss
aller ISP sei, seit 1997 bestehe und zurzeit zirka 200 Mitglieder habe. Der Verein umfasse Firmen, die im Internet
Access, Content-Bereich, Application-Servicebereich, WLAN, Hosting tätig sind; das gelinge deshalb, weil das
eigentliche Ziel des Vereins die Förderung des Internets in Österreich sei. Für ihn ist der Breitband-Internet-Zugang
der natürliche Internet-Zugang. Vor allem im Wirtschafts- und Arbeitsbereich sei ein Breitbandanschluss unumgänglich.
Die Problematik bestehe allerdings darin, dass es ihn noch nicht überall gebe. Einige Mitglieder, etwa Telekom
Austria mit ADSL, aber auch Kabelbetreiber, waren zu Beginn gut, leider sei man in den letzten ein, zwei Jahren
im internationalen Vergleich zurückgefallen. Der Redner machte auch darauf aufmerksam, dass das Entstehen
von Digital Divide nicht nur auf der Verfügbarkeit beruhe, Tatsache sei nämlich, dass es dort, wo es
verfügbar ist, heute nicht von allen genutzt werde. Wichtig sei es, einem Digital Divide entgegenzuwirken.
Der beruhe darauf, dass ihn die Leute nicht annehmen, etwa wegen Unattraktivität oder aus Kosten-Nutzen-Argumenten,
und es auch zu wenige Angebote und somit zu wenig Wettbewerb gibt. Ein klares Ja sagte er zur Breitbandinitiative
des Bundes. Hierbei seien wichtig: die Vorgabe eines österreichweiten einheitlichen Verfahrens, die Gewährleistung
eines transparenten Verfahrens, die Sicherstellung eines fairen Verfahrens für alle Provider und die Technologieneutralität.
Ferner soll durch entsprechende Vergabebedingungen sichergestellt werden, dass die geförderten Betreiber ein
Wholesale-Angebot stellen. Um die Bedingungen auch erreichen zu können, wurde seitens der ISPA der Vorschlag
gemacht, eine Koordinierungskonferenz mit allen Beteiligten zu machen. Der Generalsekretär gab sodann einen
kurzen Überblick auf die Breitband-Technologien, begonnen mit der Digital Subscriber Line über die Kabeltechnologie
bis hin zum Wireless Local Area Network. Betrachtet man den Marktanteil am Breitbandmarkt, dann könne man
erkennen, dass es eine Halb-Halb-Stellung zwischen der DSL-Technologie, der kupfergestützten Technologie,
und der Kabelfernsehtechnologie gibt, teilte der Referent mit. Auch vertrat der Redner die Ansicht, dass die beste
Förderung des Staates im Schaffen und in der Erhaltung von fördernden Rahmenbedingungen bestehe. |