Erzeugung wird weiter ins Ausland verlagert, Produktionsleistung sinkt deutlich – Beschäftigung
2003 minus 8 Prozent, Gesamtumsatz minus 1 Prozent
Wien (b-ca) - Die österreichischen Bekleidungserzeuger verlagern ihre Produktionsstätten
weiter ins Ausland. Sie nutzen damit nicht nur den Vorteil deutlich niedrigerer Produktionskosten sondern sie sind
zugleich in den wachstumsstarken Märkten präsent. Das zeigt Günter Wolf im jüngsten Branchenbericht
der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) Konzernvolkswirtschaft auf. Wenigstens 90 Prozent der heimischen Bekleidungserzeuger
lassen in Osteuropa lohnfertigen, ein Großteil von ihnen in Ungarn. Aber die Produktion wird längst
an noch billigere Standorte beispielsweise in Rumänien und Bulgarien gebracht. Im Jahr 2003 reduzierte sich
der Inlandsumsatz der Branche um 1 Prozent auf 870 Millionen Euro, gleichzeitig sank die Beschäftigung um
kräftige 8 Prozent.
Die Stillegung und Verlagerung von Fertigungskapazitäten ins Ausland ist für die Bekleidungshersteller
in Österreich seit Jahren Realität. Seit Mitte der 90er-Jahre hat sich die Produktionsleistung der heimischen
Bekleidungserzeuger fast halbiert und rund die Hälfte der Unternehmen und Arbeitsplätze sind verschwunden.
Zuletzt beschäftigten noch etwa 750 Betriebe 10.500 Arbeitnehmer/innen in Österreich. Eigenen Angaben
zufolge arbeiteten weitere 15.000 Personen für die heimische Branche im Ausland. Der Anteil der Produkte aus
heimischer Fertigung am österreichischen Bekleidungsmarkt wird nur mehr mit 10 Prozent beziffert. "Die
hohen ausländischen Fertigungskapazitäten sind verantwortlich dafür, dass die Umsatzeinbußen
der Branche seit Jahren deutlich moderater ausfallen als die Rückgänge der Produktionsleistung",
stellt Günter Wolf fest.
Parallel zur Erosion der Inlandsfertigung stieg das Handelsbilanzdefizit mit Bekleidung, zuletzt auf knapp 1 Milliarde
Euro beziehungsweise 1,8 Milliarden Euro unter Einrechnung des Handels mit Strick- und Wirkwaren. "Wie hoch
der Anteil von Reimporten veredelter Waren am Importvolumen ist, kann nur grob geschätzt werden", sagt
der Branchenanalyst, "Ein erheblicher Anteil der Bekleidungsimporte aus Osteuropa dürfte aber in diese
Kategorie fallen." Neben der Region Osteuropa, woher 17 Prozent der heimischen Bekleidungsimporte von 3,1
Milliarden Euro stammen, gewinnt China als Bekleidungslieferant Österreichs rasch an Bedeutung. Mit jährlichen
Zuwächsen im Bereich von 10 Prozent seit 1996 erreichte der Importanteil 2003 bereits die 10 Prozent-Marke.
Die Außenhandelsdaten bestätigen den enormen Preisdruck im Bekleidungsgewerbe und im Bekleidungshandel,
geschürt durch die Marktanteilsgewinne internationaler Bekleidungshändler. "Es ist schon bemerkenswert",
so Wolf, "dass im Bekleidungshandel sowohl im Import als auch im Export die Werte pro Wareneinheit seit Jahren
rückläufig sind."
Österreichs Bekleidungserzeuger können 2004 mit keiner Konjunkturerholung rechnen. Im Gegenteil: Umsatz-
und Produktionseinbußen vertieften sich in den ersten Monaten und der Arbeitsplatzabbau hat sich ebenfalls
beschleunigt; in den ersten fünf Monaten gingen 8,6 Prozent der Jobs verloren. Kaum erfreulicher sind die
mittelfristigen Perspektiven der Bekleidungserzeugung. Die Osterweiterung der Gemeinschaft änderte zwar wenig
an der Wettbewerbssituation, da die wirtschaftliche Integration im Bekleidungssektor bereits vollzogen wurde.
Anders der Abschied vom Quotenregime 2005, die den weltweiten Textil- und Bekleidungshandel beschleunigen wird.
Mehr als ein Fünftel der EU-Textil- und Bekleidungsimporte sind von bilateralen Handelskontingenten beschränkt.
Bei 15 Prozent vom Importvolumen der Gemeinschaft wurden die Kontingente auch zur Gänze ausgeschöpft.
Der Importdruck aus Billiglohnländern vor allem aus China wird zunehmen. In diesem Umfeld können die
Bekleidungshersteller ihr wirtschaftliches Überleben nur sichern, wenn sie in der Lage sind, verschiedenste
Kundenwünsche mit Know How-, Kreativ- und Produktionpotenzialen auf dem internationalen Arbeitsmarkt zu verknüpfen. |