Gehrer und Seipel stellten sich Fragen des Kulturausschusses
Wien (pk) - Der Rechnungshof-Rohbericht über das Kunsthistorische Museum und der Saliera-Diebstahl
standen am Freitag (02. 07.) im Mittelpunkt einer Aktuellen Aussprache im Kulturausschussmit
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und KHM-Direktor Wilfried Seipel. Die Opposition warf Seipel dabei neuerlich
mangelnde Sicherheitsvorkehrungen vor. Zudem klagten SPÖ und Grüne, dass das Ansehen des Kunsthistorischen
Museums durch den Diebstahl und durch vom Rechnungshof aufgezeigte Ungereimtheiten beschädigt worden sei,
was von Gehrer und Seipel umgehend zurückgewiesen wurde.
Noch offen ist nach Auskunft Gehrers die Versicherungsfrage. Gemeinsame Beratungen mit dem Finanzministerium, wie
der Schaden nun abgegolten werden solle, seien derzeit im Laufen. Unter anderem müsse noch geklärt werden,
was passiere, wenn die Saliera wieder auftauche.
Eingeleitet wurde die Aktuelle Aussprache mit einem Statement von Bildungsministerin Gehrer. Sie wies darauf hin,
dass das Kunsthistorische Museum das Flagschiff der österreichischen Museumslandschaft sei. Durch die Zusammenlegung
mit dem Theatermuseum und dem Völkerkundemuseum hätte man Synergieeffekte im Bereich der Finanzverwaltung,
der Personalverwaltung und des Marketing lukrieren können. Nunmehr gehöre das Kunsthistorische Museum
zu den fünf größten Museen der Welt. Gehrer zufolge gibt es jährlich tausend Anfragen für
Leihgaben, umgekehrt erhalte das Kunsthistorische Museum aufgrund seiner Bedeutung auch viele Leihgaben aus dem
Ausland.
Aus dem Rechnungshofbericht gelte es, so Gehrer, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Sie appellierte aber an
die Abgeordneten, die Verhältnismäßigkeit der Rechnungshof-Kritik zum Gesamtprojekt zu sehen. Überdies
machte sie darauf aufmerksam, dass die Stellungnahme zum Rechnungshof-Rohbericht noch ausständig sei.
SPÖ und Grüne übten neuerlich Kritik an KHM-Direktor Wilfried Seipel und der Ministerin. So wollte
Ausschussvorsitzende Christine Muttonen (S) wissen, wie sich die Ministerin die Diskrepanz zwischen ihrer Aussage,
der Sicherheitsstandard des Kunsthistorischen Museums befinde sich auf höchstem internationalen Niveau, und
dem Ermittlungsresultat der Polizei erkläre. Zudem fragte sie sich, warum die Evaluierung der Bewachungskonzepte
der Bundesmuseen nunmehr bereits über ein Jahr dauere.
Abgeordnete Eva Glawischnig (G) erklärte, sie mache sich Sorgen um das Kunsthistorische Museum. Die Vorkommnisse
und die vom Rechnungshof aufgezeigten Ungereimtheiten würden das Ansehen des Hauses beschädigen, meinte
sie. An KHM-Direktor Wilfried Seipel stellte Glawischnig die Fragen, warum er den Rechnungshof-Rohbericht an Journalisten,
nicht aber dem Parlament gegeben habe, warum das Baugerüst zum Zeitpunkt des Saliera-Diebstahls nicht besser
abgesichert gewesen sei und warum eine angekaufte Sphinx nicht in der Bilanz aufscheine.
Abgeordnete Andrea Wolfmayr (V) und ihr Fraktionskollege Peter Sonnberger verteidigten KHM-Direktor Seipel und
wiesen auf dessen Leistungen hin. Sie sei mit den vielen Vorverurteilungen und der Kritik an Seipel "absolut
nicht einverstanden", sagte Wolfmayr, die Beschuldigungen seien an der Grenze zur Kriminalisierung. Wolfmayr
will nicht, wie sie sagte, dass man etwas unter den Teppich kehre, man dürfe aber nicht vergessen, dass es
Seipel gelungen sei, das Kunsthistorische Museum als eines der fünf größten Museen der Welt zu
positionieren. In diesem Sinn hält die Abgeordnete auch ein sehr hohes Gehalt für durchaus gerechtfertigt.
Ähnlich wie Wolfmayr argumentierte auch Abgeordneter Sonnberger (V), der Seipel als hervorragend ausgebildeten
Fachmann qualifizierte und die Vorwürfe im Verhältnis zu dessen Gesamtwerk als klein bezeichnete. In
diesem Zusammenhang verwies er u.a. auf die erfolgreichen Sponsoring-Aktivitäten, den beachtlichen Sammlungsbestand,
das international geknüpfte Netz und die 300 Sonderausstellungen des Kunsthistorischen Museums.
Abgeordneter Gerhard Reheis (S) meinte in Richtung ÖVP, man könne die Sicherheitsmängel im Kunsthistorischen
Museum durchaus hinterfragen, ohne damit Leistungen Seipels in Abrede zu stellen. Seiner Ansicht nach hat das Kunsthistorische
Museum durch den Diebstahl der Saliera "Schrammen" erlitten. Bei Seipel erkundigte sich Reheis danach,
ob das Kunsthistorische Museum der Empfehlung des Rechnungshofes nachgekommen sei, keine Versicherungsprämien
zu zahlen und das Geld stattdessen für den Ausbau der Sicherheitsanlagen zu verwenden. Auch Abgeordneter Detlef
Neudeck (F) brachte das Thema Versicherung zur Sprache.
Abgeordnete Terezija Stoisits (G) hält es, wie sie sagte, für unverständlich, dass eine so wertvolle
Figur wie die Saliera in einer Vitrine gestanden sei, die aus Gründen des Denkmalschutzes nicht aus Panzerglas
war. Wie viele wertvolle, kleine und handliche Skulpturen gebe es noch, die nur durch folienbeschichtetes Fensterglas
geschützt seien, fragte sie. Zur Aussage Seipels, für das ungesicherte Gerüst sei die Burghauptmannschaft
verantwortlich, merkte Stoisits an, sie wolle Seipel nicht aus der Verantwortung entlassen. Dieser sei für
alles verantwortlich, was im Museum passiere, und könne die Verantwortung nicht auf andere abschieben. Dafür
erhalte er ja auch ein entsprechendes Gehalt.
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer betonte, auch Außenstehende wie die ORF-Sendung "Modern Times"
hätten festgestellt, dass das Kunsthistorische Museum zum Zeitpunkt des Saliera-Diebstahls gut gesichert gewesen
sei. Das Museum werde rund um die Uhr bewacht und habe Tausende Bewegungsmelder. Überdies hätten nachträgliche
Versuche gezeigt, dass es nicht so einfach gewesen sei, ins Haus zu gelangen, immerhin sei zwischen dem Boden und
dem Einstieg ins Gerüst ein Abstand von sechs Metern gewesen. Es gebe keinen Polizeibericht, wo auf Mängel
hingewiesen werde, sagte die Ministerin, es gebe nur mündliche Aussagen und Anschuldigungen.
Sofort nach dem Diebstahl ist nach Darstellung Gehrers eine Sicherheitskonferenz einberufen worden. In weiterer
Folge haben die einzelnen Museen ihr zufolge Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt, mittlerweile
würden die Sicherheitskonzepte vorliegen. Diese würden nun in Zusammenarbeit mit der Burghauptmannschaft
und einem Fachmann überprüft. Generell verwahrte sich Gehrer dagegen, "einen so bedauerlichen Fall"
dazu zu nutzen, "den Geschädigten zum Täter zu machen".
Was die Versicherungsfrage betrifft, erklärte Gehrer, das Kunsthistorische Museum hätte eine sehr hohe
Versicherung abgeschlossen gehabt. Derzeit würde gemeinsam mit dem Finanzministerium geklärt, wie der
Schaden abgegolten werden solle. Unter anderem müsse geprüft werden, was mit der Saliera passiere, wenn
sie wieder auftauche, wem sie beispielsweise dann gehöre.
Allgemein hielt Gehrer fest, sie hätte überhaupt nichts dagegen, wenn der Rechnungshof eine Evaluierung
der Ausgliederung der Museen in seinen Arbeitsplan aufnehme.
KHM-Direktor Wilfried Seipel sprach in Zusammenhang mit dem Saliera-Diebstahl von einer "Tragödie",
die für das Museum schwer zu bewältigen sei. Er versicherte jedenfalls, dass das Kunsthistorische Museum
zum Zeitpunkt des Diebstahls mit internationalen Sicherheitseinrichtungen ausgestattet gewesen sei. Dass es immer
Verbesserungsmöglichkeiten gebe, liege in der Natur der Sache. Das Baugerüst lag laut Seipel in der Verantwortung
der Burghauptmannschaft, das Kunsthistorische Museum habe nicht mehr als eine Einstiegssicherung durchsetzen können.
Nach wie vor nicht nachvollziehbar ist Seipel zufolge, wie es dem Täter gelingen konnte, in den Raum, in dem
sich die Saliera befunden hat, einzudringen. Die Polizei sei nicht in der Lage, den Tathergang genau zu rekonstruieren,
skizzierte er. Die WEGA habe eine Nachahmung versucht und nach zwei Stunden aufgegeben. In diesem Zusammenhang
verwies Seipel darauf, dass die Fenster des Kunsthistorischen Museums mit zwei zusätzlichen Jalousien abgesichert
seien. Warum der zuständige Sicherheitsmann nicht auf das Anschlagen des Bewegungsmelders reagiert habe, ist
für ihn nicht erklärbar.
In der Sicherheitszentrale seien in der Nacht drei Personen anwesend, schilderte Seipel eine der allgemeinen Sicherheitsvorkehrungen.
Der Saliera-Diebstahl sei in der 113-jährigen Geschichte des Museums auch "der erste und hoffentlich
letzte Diebstahl" gewesen.
Zum Thema Versicherung erklärte Seipel, mit der Übernahme des Sammlungsgutes sei für ihn persönlich
das Prinzip der Nichtversicherung von Bundeseigentum obsolet gewesen. Deshalb habe das Kunsthistorische Museum
eine umfassende Versicherung abgeschlossen. Mittlerweile sei man aber der Empfehlung von Rechnungshofpräsident
Fiedler gefolgt und habe die Versicherung gekündigt. Die Sache sei allerdings zweischneidig, sagte Seipel,
durch die Kündigung sei ein vor zwei Monaten entstandener Wasserschaden, von dem Bundesgut betroffen gewesen
sei, nicht durch die Versicherung gedeckt.
In Bezug auf den Rechnungshof-Rohbericht hielt Seipel fest, das Museum habe weder Kopien noch Teile des Berichts
weitergegeben, allerdings habe man zwei Journalisten Einsicht in den Bericht gewährt, um zu aufgetauchten
Vorwürfen Stellung zu beziehen. Die Stellungnahme des Kunsthistorischen Museums zum Rohbericht ist laut Seipel
fast fertig und wird noch vor der gesetzlichen Frist dem Rechnungshof übermittelt. Generell meinte Seipel,
der Rechnungshof habe offenbar den Arbeitsaufwand überschätzt, den das Kunsthistorische Museum im Zusammenhang
mit der Prüfung hatte. Die von Abgeordneter Glawischnig angesprochene Sphinx wurde seiner Auskunft nach mit
den jeweiligen Ratenzahlungen in den Rechnungsabschlüssen bilanziert.
Am Beginn der Sitzung war Abgeordneter Peter Sonnberger (V) zu einem der SchriftführerInnen des Kulturausschusses
gewählt worden. |