Wien (pk) - Am Mittwoch (07. 07.) nächstes setzte der Nationalrat erste
Schritte in Richtung Brenner-Basistunnel. Auf der Tagesordnung standen die Errichtungeiner "Vor-Gesellschaft"
für eine Europäische Gesellschaft zur Errichtung des Brenner-Basistunnels, ein Abkommenmit Italien für
Vorarbeiten zu diesem Vorhaben sowie ein Antrag, der flankierende Maßnahmen zu den Strukturänderungen
im Bereich der Eisenbahnen. Eine weitere Vorlageregelt die internationale Beförderung von gefährlichen
Gütern auf Binnenwasserstraßen.
Abgeordneter EDER (S) kündigte seitens der SPÖ die Zustimmung zu den vorliegenden wichtigen verkehrspolitischen
Materien an. Er geht davon aus, dass die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der ÖBB getroffenen Vereinbarungen
zum Dienst- und Personalrecht im Gesetzestext entsprechend festgelegt wurden. Heute, so Eder, sei nicht der Zeitpunkt,
sich prinzipiell mit dem äußerst kontroversiellen Thema ÖBB auseinanderzusetzen.
Abgeordnete Mag. HAKL (V) betonte, dass für den Brenner Basistunnel eine der ersten europäischen Aktiengesellschaften
gegründet werde. Als bemerkenswert bezeichnete sie die Beteiligung des Landes Tirol trotz Bundeskompetenz.
Wie wichtig das Projekt des Brenner Basistunnels sei, verdeutliche die starke Zunahme des LKW-Verkehrs im Inntal
seit Ende der Ökopunkteregelung. Voraussetzung für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße
auf die Schiene sei eine funktionierende Infrastruktur, sagte Hakl und diesbezüglich würden von Bund
und Ländern begleitende Maßnahmen gesetzt. Dazu gehöre auch die Reform der ÖBB im Interesse
einer leistungsfähigen betrieblichen Struktur und die Maßnahmen zu einer weiteren Kostendämmung.
Dem von den Grünen angekündigten Entschließungsantrag könne sie nicht zustimmen, weil die
Maßnahmen des Aktionsplanes 2005 ohnehin von der Regierung in die Wege geleitet würden. Grundsätzlich
hofft Hakl auf eine vernünftige Wegekostenrichtlinie mit der Möglichkeit der Querfinanzierung.
Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) teilte die positive Bewertung ihrer Vorrednerin nicht, da ihrer Auffassung nach
begleitende Maßnahmen fehlten. Lichtenberger nannte in diesem Zusammenhang Maßnahmen im Bereich der
Kontrolle sowie zur Beschränkung des Straßenverkehrs. Wenn die Straße weiterhin billig bleibe,
werde der Tunnel nicht genützt werden, meinte sie. Bei der Finanzierung des Brenner Basistunnels sei man bei
weitem nicht so weit, wie man sein müsste. Die Mittel aus dem Road-Pricing und der Kontrolle seien keinesfalls
ausreichend. Mit der Rentabilitätsleistung liege man weit jenseits der Auslastung. Die Regierung baue hier
potemkinsche Dörfer. In diesem Zusammenhang brachte Lichtenberger einen Entschließungsantrag zur Realisierung
begleitender Maßnahmen ein. Für die Grünen ist auch die Neuregelung des Dienstrechts der ÖBB
nicht zufrieden stellend. Heftig kritisierte sie "die entgleiste Regelung der Postbusfrage". Zuerst ein
Monopol zu schaffen, dieses dann zu bekämpfen, um Freunde zu bedienen, sei absolut abzulehnen, hielt Lichtenberger
fest.
Abgeordneter WITTAUER (F) meinte in Richtung seiner Vorrednerin, es sei klar, dass man Maßnahmen brauche,
um den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Viele Konzepte seien umzusetzen, etwa das Verkehrsleitsystem.
Auch die Finanzierung stelle eine wichtige Frage dar. Ein internationales Abkommen mit Italien gewährleiste,
dass die Phase II umgesetzt wird. Es sei zwar richtig, dass 2012 oder 2015 der Brenner Basistunnel fertig sein
soll, aber es sei ein „bisschen keck“, zu fordern, dass jetzt alle Maßnahmen gesetzt werden, um den Verkehr
von der Straße auf die Schiene zu bringen. Aus Tiroler Sicht begrüßte Wittauer das Projekt und
wies darauf hin, dass erst unter einem freiheitlichen Verkehrsminister dieses Projekt vorangetrieben wurde.
Abgeordneter REHEIS (S) meinte, die Bevölkerung entlang der Transitrouten habe täglich immer mehr unter
der Menge der Lkw und der Last der Transporte zu leiden, werden doch der Mensch, die Natur und die Umwelt nach
wie vor nachhaltig geschädigt. Es ist aus seiner Sicht erfreulich, dass die Brenner Basistunnelgesellschaft
laut Zeitplan von Juli 2004 bis September 2005 mit entsprechenden Bohrungen zügig weiterarbeiten kann, sodass
der Tunnel mit einer Gesamtlänge von 64,3 km als längster Eisenbahntunnel der Welt und derzeit geschätzten
Kosten von 4,5 bis 5 Mrd. € wie geplant realisiert werden kann.
Abgeordneter MIEDL (V) nützte seine Wortmeldung dazu, sich namens der ÖVP von einem Mitglied des Verkehrsausschusses,
von Abgeordneter Dr. Lichtenberger, offiziell zu verabschieden. Lichtenberger sei „eine besonders streitbare Frau“,
der es stets um die Sache gegangen sei. All das, was sie sich für Österreich vorgenommen habe, möge
ihr in Brüssel gelingen, meinte er.
Abgeordnete Dr. MOSER (G) hielt es für unbegreiflich, dass Sachargumente, Tatsachen mit einer Selbstverständlichkeit
von der Regierungsmehrheit vom Tisch gewischt werden und keine fach- und sachgerechte Verkehrspolitik betrieben
wird. Was alles könnte man im Sinne der ökosozialen Marktwirtschaft mit den 5 Mrd. € unternehmen?, fragte
die Rednerin und bemängelte zugleich, dass ein Tunnelloch für Verkehrstransfers, die oft gar nicht notwendig
sind, gebohrt werde.
Abgeordneter FAULAND (F) meinte, der Basistunnel sei sinnvoll, es handle sich um ein Projekt, das weit über
die regionalen Interessen hinausgehe und das im Rahmen der Osterweiterung wertvoll und zukunftsorientiert sei.
Fest steht für ihn, dass man sich auch über begleitende Maßnahmen wie Verkehrsleitsysteme Gedanken
wird machen müssen. Auch müsse man die Wirtschaft motivieren, den Transitverkehr von der Straße
auf die Schiene zu bringen.
Abgeordnete FLECKL (S) begrüßte die Vorlagen, denen die SPÖ zustimmen werde. Für das Land
Steiermark wünscht sie sich, dass es eine ebenso zügige Vorgangsweise bei der Realisierung des Semmering
Basistunnels gibt, sei doch sowohl aus verkehrs- wie auch aus wirtschaftspolitischer Sicht der Bau dieses Eisenbahntunnels
für die südlichen Bundesländer unverzichtbar. Das Projekt „Neue Südbahn“ müsse im Hinblick
auf die EU-Erweiterung als Teil des transeuropäischen Netzes realisiert werden, betonte sie und meinte, das
Land Niederösterreich bringe Scheinargumente vor, um den Bau dieses Tunnels zu verhindern.
Abgeordneter DI REGLER (V) wies darauf hin, dass heute zur Errichtung des Eisenbahntunnels Innsbruck – Franzensfeste
ein erster Schritt gesetzt werde. Die Aufgaben für die neuen Gesellschaft, zu deren Gründung der Verkehrsminister
ermächtigt wird, umfassen die Erstellung eines Einreichprojektes, die Erlangung von Genehmigungen und die
Vorlage eines Finanzierungskonzeptes. Mit den anderen zur Debatte stehenden Vorlagen sei eine gute Lösung
gefunden worden. Zum Antrag der Grünen machte der Redner darauf aufmerksam, dass sehr wohl Maßnahmen
gesetzt werden.
Abgeordneter HEINZL (S) bezeichnete den Brenner Basistunnel als ein wichtiges Element des Ausbau der Brennerachse,
um langfristig und nachhaltig auf einer zentralen europäischen Nord-Süd-Verbindung eine Verlagerung des
Verkehrs auf die Schiene bewirken zu können. Deshalb werden von ihm alle Anstrengungen begrüßt,
die eine Verwirklichung des Brenner Basistunnels zur Folge haben. Bei der Umsetzung dieses Vorhabens gehe es auch
um eine „Menge Geld“; die Kosten haben Italien und Österreich jeweils zur Hälfte zu tragen. Zuletzt habe
die Europäische Kommission in Aussicht gestellt, 20 % der Kosten zu tragen. Deshalb wäre es wichtig gewesen,
bereits vor Unterzeichnung des Abkommens eine verbindliche Zusage der EU-Förderungen zu bekommen, sagte er.
Staatssekretär Mag. KUKACKA zeigte sich zufrieden darüber, dass die Koalitionsparteien und die Sozialdemokraten
den Vorlagen zustimmen werden; das sei ein Schritt in Richtung einer gemeinsamen konsensualen Verkehrspolitik,
die notwendig ist, müssen doch auch nationale Interessen innerhalb eines größeren Europa durchgesetzt
werden. Der Brenner Basistunnel ist ein unverzichtbares Kernelement einer umweltbewussten Verkehrspolitik, betonte
der Staatssekretär. Deshalb verstehe er die Position der Grünen nicht. Der G-Antrag, mit dem er sich
näher befasst, verlange keine Ablehnung dieses Tunnels, sondern er müsse für Mensch und Umwelt spürbare
Verbesserungen bringen. Im Zusammenhang mit der rechtlichen Umsetzung der Dienstrechtsverhandlungen bei der Bahn
merkte Kukacka an, dass die SPÖ „ein bisschen über ihren Schatten gesprungen ist“ und zustimmen werde.
Das sei ein gutes, wenngleich ein spätes Signal, aber es zeige, dass die Reform dauerhaft sein und von anderen
Regierungen nicht rückgängig gemacht werden wird, weil sie sinnvoll sowie politisch ausgewogen und finanziell
dringend notwendig ist.
Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) bezeichnete den Gesetzentwurf zum Brenner Basistunnel als einen Meilenstein und als
einen weiteren wichtigen Schritt, die Verkehrszuwächse in den Griff zu bekommen. Es wird von Österreich
viel Geld ausgegeben, um den Verkehr in Zukunft auf die Schiene zu verlagern. Mit dem heutigen Beschluss habe Österreich
große Teile seiner Verpflichtungen erfüllt.
Abgeordneter GAHR (V) meinte, durch die Gründung der Brenner Basistunnel AG werde ein Meilenstein gesetzt,
um europäische Verkehrswege und –ströme besser ordnen zu können. Der Brenner Basistunnel soll ein
weiterer Beitrag sein, den Verkehrsfluss und die Belastungen durch den Verkehr zurückzudrängen.
Abgeordneter KAINZ (V) sprach das neue Dienstrecht für die ÖBB an, das auf einer Einigung zwischen der
Gewerkschaft und dem Vorstand basiert. Diese Einigung nannte der Redner einen „verkehrspolitischen Meilenstein“.
Das neue Dienstrecht, dessen Neuerungen der Redner kurz erläuterte, trete mit Zustimmung aller Beteiligten
in Kraft, vermerkte er zufrieden.
Abgeordneter RÄDLER (V), der den Wahlkreis Niederösterreich Süd vertritt, sprach der Familie des
verstorbenen Bundespräsidenten sein Mitleid im Namen der Bevölkerung seiner Region aus. Dem neuen Bundespräsidenten
Heinz Fischer wünschte er alles Gute für sein neues und schweres Amt. Sodann ging er auf den konkreten
Tagesordnungspunkt ein, nämlich auf die Änderungen im Eisenbahnerdienstrechtsgesetz. Mit dieser Angleichung
an das ASVG-Recht könne für die Mitarbeiter der ÖBB eine verbesserte Rechtssicherheit gewährleistet
werden, betonte er.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage betreffend die Errichtung einer "Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft"
einstimmig angenommen. Auch der Staatsvertrag zwischen Österreich und Italien zur Verwirklichung eines Eisenbahntunnels
auf der Brennerachse wurde einstimmig genehmigt. Der G-Entschließungsantrag betreffend "unumgängliche
nötige Übergangs- und Begleitmaßnahmen zur beabsichtigten Errichtung eines Brenner-Basis-Tunnels"
verfiel der Ablehnung. Schließlich wurde noch der Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bundesbahngesetz,
das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das ASVG und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden mehrheitlich verabschiedet.
Beim europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern
auf Binnenwasserstraßen handle es sich um eine Konsensmaterie, berichtete Abgeordneter MARIZZI (S). Damit
würden Sicherheitslücken geschlossen, da eine Beförderung nur dann gestattet ist, wenn allen Vorschriften
entsprochen wird. Außerdem werde dadurch die Bedeutung der Binnenschifffahrt in Europa, vor allem auf der
Donau, gestärkt und den Umweltanliegen besser Rechnung getragen.
Mit dem heutigen Abkommen werde der letzte Baustein im gesamten internationalen Gefahrgutrecht gelegt, war Abgeordneter
DI Mag. REGLER (V) überzeugt. Österreich nahm - schon wie bisher - eine führende Rolle bei der Ausarbeitung
dieses Abkommens ein, insbesondere was die Schulung der Kontrolleure betrifft. Wichtig sei vor allem, dass die
Sicherheitsstandards in allen Ländern nun angeglichen werden, wodurch auch Wettbewerbsverzerrungen wegfallen.
Außerdem gibt es für besonders gefährliche Güter ein Beförderungsverbot, erläuterte
er.
Auch Abgeordneter WITTAUER (F) wies darauf hin, dass das vorliegende Abkommen zu einer verbesserten Sicherheit
und einer Aufwertung der Binnenschifffahrt beitrage. Ein solcher Vertrag war seiner Meinung nach schon längst
überfällig; er sei deshalb froh, dass er heute beschlossen werden kann.
Abgeordneter BÖHM (V) wertete es als positiv, dass das Übereinkommen zu einer Vereinheitlichung der Vorschriften
im Bereich des Transportes von gefährlichen Gütern beitrage, was insbesondere für die kleinen und
mittleren Unternehmen von Bedeutung sei.
Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) bezeichnete das vorliegende Abkommen als wichtigen Schritt in Richtung mehr Sicherheit.
Sodann schloss sie persönliche Worte aus Anlass ihres bevorstehenden Wechsels in das Europäische Parlament
an, in denen sie die Verkehrspolitik der letzten Jahre Revue passieren ließ und ihren Standpunkt hiezu darlegte. |