Neuherberg (alphagalileo) - Das GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit hat im Auftrag des
Bundesamts für Strahlenschutz eine gemeinsame Auswertung zweier epidemiologischer Studien zum Zusammenhang
zwischen Radon in Wohnhäusern und Lungenkrebs vorgenommen. Sie geben deutliche Hinweise auf einen Anstieg
des Lungenkrebsrisikos in Abhängigkeit von der Höhe der Radonkonzentration in Wohnungen.
Die unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Heinz-Erich Wichmann, dem Direktor des GSF-Instituts für Epidemiologie
in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität in Teilen West- und Ostdeutschlands in den Jahren 1990-1997
angefertigten zwei Studien bildeten die Grundlage für die nun vorliegende Analyse.
Insgesamt gingen 2963 Lungenkrebsfälle und eine Bevölkerungsstichprobe von 4232 nicht an Lungenkrebs
erkrankten Kontrollpersonen in die Analyse ein. In über 9000 Wohnungen, die von den Studienteilnehmern entweder
zum Zeitpunkt der Studie oder früher bewohnt worden waren, wurde die Höhe der Radonkonzentration gemessen.
Die mittlere Radonkonzentration liegt im Studiengebiet West bei 50 Bq/m3. Im Studiengebiet Ost, das Gebiete mit
bekanntermaßen höheren Radonkonzentrationen in den Bundesländern Thüringen und Sachsen umfasst,
beträgt die mittlere Radonkonzentration 75 Bq/m3. In der Risikoanalyse wurde die Radonkonzentration in den
letzten 5 - 35 Jahren untersucht und dabei das lebenslange Rauchverhalten, der bei weitem bedeutsamste Risikofaktor
für Lungenkrebs, sowie weitere Faktoren berücksichtigt.
Für die höchste Radonkategorie (140-3000 Bq/m3, Mittelwert 252 Bq/m3) ergibt sich ein im Vergleich zur
Referenzkategorie (0-50 Bq/m3, Mittelwert 38 Bq/m3) um 40% erhöhtes Lungenkrebsrisiko; dieser Schätzer
ist statistisch signifikant. Das Lungenkrebsrisiko steigt pro 100 Bq/m3 um 10% an, was einer Verdoppelung bei einer
Radonkonzentration von 1000 Bq/m3 entspricht; dieser Schätzer ist jedoch nur grenzwertig signifikant. Höhere
Schätzer für das relative Risiko werden beobachtet für den Subtyp des kleinzelligen Bronchialkarzinoms,
der mit einer besonders ungünstigen Prognose einhergeht. Radon führt sowohl bei Rauchern wie bei Nichtrauchern
zu einer Erhöhung des Lungenkrebsrisikos.
Radon ist ein natürliches radioaktives Edelgas, das im Erdboden beim Zerfall von Uran entsteht und durch undichte
Stellen in Fundament und Keller in Wohnhäuser eindringen kann. Es stellt die Hauptquelle der natürlichen
Radioaktivität dar, der die Allgemeinbevölkerung ausgesetzt ist. Aus Studien an Bergarbeitern, die unter
Tage sehr hohen Radonkonzentrationen ausgesetzt sein können, ist bekannt, dass Radon die Entstehung von Lungenkrebs
begünstigt.
Eine präzisere quantitative Abschätzung des Radon bedingten Lungenkrebsrisikos ist von den gemeinsamen
Auswertungen der nordamerikanischen und europäischen Radonstudien zu erwarten, die in naher Zukunft vorliegen
werden. Lungenkrebs ist die häufigste Krebstodesursache unter Männern in Deutschland; auch unter Frauen
treten in Folge des zunehmend verbreiteten Zigarettenrauchens immer mehr Erkrankungs- und Todesfälle durch
Lungenkrebs auf. Neben einer Eindämmung des Rauchens ist die Reduzierung der Radonkonzentrationen in Wohnhäusern
ein wichtiger Schritt zur Verringerung der Zahl der Lungenkrebserkrankungen in Deutschland. |