Neuer Ansatz in der Behandlung von Multipler Sklerose  

erstellt am
19. 07. 04

Bisherige Verfahren haben Probleme mit Stabilität, Lagerung und Herstellung
Göttingen (pte) - Das Göttinger Biotechnologie-Unternehmen Selecore hat sich zum Ziel gesetzt, ein neues Medikament gegen Multiple Sklerose zu entwickeln. Der neue Wirkstoff soll zu der Substanzklasse der Mikroproteine gehören. Bisherige Verfahren konzentrierten sich auf eine Blockade des Moleküls VLA-4. Dieses ermöglicht es den durch die Irritation des Immunsystems fehlgeleiteten Abwehrzellen, vom Blut ins Nervengewebe zu gelangen, indem es die Wände der Blutgefäße durchdringt. Wirkstoffe, die VLA-4 hemmen, können das Fortschreiten der Multiplen Sklerose behindern und die Ausbrüche der schubweise auftretenden Krankheit abschwächen.

"Im Labor hergestellte Antikörper, die spezifisch gegen VLA-4 gerichtet sind, befinden sich in der fortgeschrittenen klinischen Erprobung. Sie haben aber eine Reihe von Nachteilen", erklärt Harald Kolmar, Sprecher von Selecore. "Sie sind instabil und schwierig zu lagern, können nicht in Tablettenform eingenommen werden und ihre Herstellung ist aufwändig und teuer." Daneben gibt es noch kleinere und stabilere Moleküle, doch ihnen fehlt die Spezifität. Sie hemmen neben VLA-4 auch andere Strukturen im Körper, was zu bedenklichen Nebenwirkungen führen kann.

Selecore hat sich auf einen anderen Ansatz konzentriert: eine Behandlung mit Mikroproteinen. Diese kleinen Eiweißstoffe enthalten rund 30 Aminosäure-Bausteine, wesentlich weniger als die meisten anderen Proteinmoleküle. Mittels chemischer und biotechnologischer Verfahren können sie so angepasst werden, dass sie gegen das VLA-4 wirken. Stabil und spezifisch zugleich, bringen sie die Vorteile von Antikörpern und kleinen chemischen Wirkstoffen unter einen Hut, ihre Herstellung ist außerdem recht preisgünstig. Die Forscher von Selecore wollen diese Alternative zu den gängigen Medikamenten gegen Multiple Sklerose in einigen Jahren auf den Markt bringen. Dieses Projekt erhält Förderungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Höhe von einer Mio. Euro.

Weltweit sind rund 2,5 Mio. Menschen Multiple Sklerose Patienten. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, einer Fehlsteuerung des Immunsystems, das plötzlich Zellen und Strukturen des eigenen Körpers angreift. Die körpereigene Abwehr mobilisiert ihre T-Zellen gegen die Myelinscheiden, die Isolier-Schicht, die die Nervenfasern umhüllt. Diese Immunzellen sind für den Abbau der Myelinscheiden verantwortlich. Als Folgeerscheinung tritt eine Reizleitung in den Nervenbahnen auf.
     
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