Junge Schauspieler entdecken "Zeitschneisen" am Dreiländereck  

erstellt am
26. 07. 04

Andreas Dittlmann von der United Scene Group D-CZ-A organisiert dreiwöchige Theaterakademie
Breitenberg (usg) - Kultur und Natur, wildes Land und Zivilisation, Theater und ein kleines Dorf am Dreiländereck - diese scheinbaren Gegensätze waren eine Herausforderung für die Teilnehmer der ersten, internationalen Theaterakademie im wild:land. Der Schärdinger Theaterpädagoge Andreas Keckeis hat es geschafft, eine Schneise zwischen Zeit, Gegensätze und Menschen verschiedener Kulturen zu schaffen. Die drei Wochen gemeinsamen Arbeitens in Breitenberg haben gezeigt, dass sich Theater und ländliches Leben keineswegs ausschließen. Ganz im Gegenteil: Die Zeitwahrnehmung ist eine ganz andere als in der Stadt. Gerade die Begegnung mit Menschen aus anderen Ländern braucht dies. Für die Teilnehmer aus Tschechien, Österreich und Deutschland entstanden dadurch ganz neue Zugänge zu einer gemeinsamen Heimat und zu sich selbst.

Nach einem grenzenlosen Musikprojekt im Freilichtmuseum Finsterau hat nun die USG e.V. Niederbayern (United Scene Group) junge Schauspieler/innen ins neue Atelier wild:land nach Breitenberg eingeladen. Gemeinsame Identität der Nachbarstaaten Deutschland und Tschechien soll theatralisch umgesetzt werden. Initiator Andreas Dittlmann stellt die Idee vor: "Die Grenzen hier in der Region waren nicht immer vorhanden. Meine Idee war, eine Art ZeitSchneise herzustellen. Also eine direkte Verbindung zwischen der Zeit vor dem eisernen Vorhang und heute. Die dabei entstehenden Emotionen fangen die Teilnehmer auf und erarbeiten Forum- und Improvisationstheater-Szenen.

Andreas Keckeis lernte bei Augusto Boal in Brasilien das theaterpädagogische Arbeiten mit Unterdrückten kennen: "Es steht für Boal außer Frage, daß es auch in Europa Unterdrückung gibt. Die Ursachen und Strukturen von Unterdrückung liegen allerdings vielmehr im Inneren der Menschen. Mein Ziel der grenzenlosen Theaterakademie in Breitenberg ist daher für mich, diese inneren Grenzen zu suchen und abzubauen. Von dieser idyllischen Landschaft geht so viel Energie aus. Irgendwie ist es unglaublich, aber die Gruppe ist nicht mehr zu halten. Gestern wurde bis 2 Uhr Nachts gespielt.", erzählt der freie Regisseur leidenschaftlich. Unterstützung bekommt er durch Gastreferenten aus den verschiedenen Theatersparten: Irena Hinterleitner, die Mitbegründerin des schwarzen Theaters in Prag, Bohus Rawik, Regisseur aus Untergriesbach und Isabelle Logelin-Roider vom Café de Danse aus Passau.

"Ich liebe die Atmosphäre und die Freundlichkeit der Besucher hier in Breitenberg", schwärmt Iriska Tinková die aus Tschechien kommt in exzellentem Deutsch. Zusammen mit Kuba Sebesta ist sie bereits zum zweiten Mal Teilnehmerin bei einem Projekt der USG. "Wir haben hier schon Freunde gefunden und wir besuchen uns auch privat von Zeit zu Zeit - das ist schön", sagt die begeisterte Fotokünstlerin, die zusammen mit Wolf Rietzler vom BSM-PARTY.DE-Projekt die Dokumentation des Workshops übernommen hat. Nur so - im direkten Kontakt zwischen Menschen kann man etwas zur Völkerverständigung und gegen Klischees tun, meinen auch Arusyak Siras Kloyan die aus Armenien kommt und Alexander Blinov aus Russland.

Für sie gibt es keine wirklichen Grenzen zwischen den alten und neuen EU-Staaten, weil sie über die Geschichte hier nicht so viel wissen. Für die Gruppe ist diese Sichtperspektive neu. Die kulturellen Unterschiede sind aus dieser Perspektive betrachtet natürlich größer als die zwischen Deutschen und Tschechen. Eine gemeinsame euroäische Identität beginnt zu entstehen.

"Forumtheater ist uns aus unserer Theaterarbeit in Tschechien ein Begriff", findet Veronika Bendová, die in Brünn Theaterpädagogik studiert. "Es wäre wunderbar, wenn wir auch einmal in Tschechien miteinander eine Produktion machen könnten", ihre warmen braunen Augen strahlen. Eine erste Fortsetzung des Projekts in Tschechien ist auch schon geplant: Nächste Woche fährt die Gruppe auf Einladung der tschechischen Regierung nach Prag um an Projektideen für die Zukunft zu arbeiten.

Die Theaterakademie wird gefördert durch den Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, die EU-Gemeinschaftsinitiative Interreg III A (EFRE), der Kulturstiftung des Bezirks Niederbayern und dem Atelier wild:land e.V.

Informationen: http://www.bsmparty.de/
     
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