Eine Bodenstation zur Satellitenbeobachtung in Wien, die mit dem Satelliten MOST (Microvariability
and Oscillations of Stars) "kommuniziert"
Wien (tu) - Die Leidenschaft für Sterne und den Amateurfunk hat Telekom-Experten der Technischen
Universität Wien auf den Plan gerufen. Als es nämlich darum ging, eine extrem günstige Bodenstation
zur Satellitenbeobachtung in Wien zu realisieren, die mit dem Satelliten MOST "spricht". Das Ziel der
3-jährigen MOST-Mission ist die Klärung des Mindestalters des Universums. Erkenntnis erwartet man sich
weiters darüber, ob auch andere Sonnen Planeten haben, die der Erde ähnlich sind, und den inneren Aufbau
von Sternen.
Die Bodenstation in Wien
Foto: TU WIen |
Es begann mit dem kanadischen Weltraumprojekt MOST - Microvariability and Oscillations of Stars. Gemessen werden
soll das "Vibrieren" von Sternen, um so Rückschlüsse über deren inneren Aufbau ziehen
zu können. Kennt man diesen, kann man daraus das Mindestalter des Universums eruieren. Gesucht wird bei der
Mission auch nach Exoplaneten, d.h. Planeten außerhalb unseres Sonnensystems.
Ausgangspunkt bei MOST waren zwei Bodenstationen in Kanada (Vancouver, Toronto). Man wollte jedoch auch auf der
anderen Seite der Weltkugel eine Bodenstation installieren. Der Grund: der Satellit ist auf der anderen Welthalbkugel
sichtbar, wenn er es in Kanada nicht mehr ist. Mit einer weiteren Station auf der gegenüberliegenden Seite
kann die Datenkapazität verdoppelt und die astronomischen Beobachtungen in derselben Größenordnung
erweitert werden. Je mehr Daten vorhanden sind, desto zuverlässigere Antworten können auf die zu beantwortenden
Fragen, unter anderem nach dem Mindestalter des Universums, gegeben werden.
Übers Amateurfunken an die richtigen Experten
Prof. Werner Weiss vom Institut für Astronomie der Universität Wien wurde kurz nach Projektbeginn
von den kanadischen Kollegen eingeladen, mitzuforschen. Er hat die Einladung gerne angenommen. In Wien sollte eine
Bodenstation und ein Datenzentrum zur Auswertung der gewonnenen Daten entstehen. Nachdem es am Know-how zum Aufbau
der erforderlichen Kommunikation mit dem MOST-Satelliten gefehlt hat, mussten Telekom-Experten her.
Werner Weiss hat sich der Qualitäten seiner Forscherkollegen Arpad Scholtz und Werner Keim, beide vom Institut
für Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik an der TU Wien, besonnen und sie ins Forschungsboot geholt.
Über die gemeinsame Leidenschaft zum Amateurfunk haben die Wissenschafter schließlich zusammengefunden.
Ausschlaggebend war natürlich in erster Linie der gute Ruf, den das Institut für Nachrichtentechnik und
Hochfrequenztechnik in Sachen Telekommunikation weltweit genießt. Mit dem TU-Know-how ist es gelungen, die
Kommunikation mit dem Satelliten zu ermöglichen. Ausgewertet werden die Daten unter anderem am Institut für
Astronomie an der Universität Wien.
Mit ASA-Finanzierung zur Wiener Bodenstation
"Die große Herausforderung der Bodenstation in Wien bestand im Bau einer zuverlässigen,
autonom arbeitenden und gleichzeitig kostengünstigen Erdefunkstelle in urbaner Umgebung", sind sich Werner
Keim und Arpad Scholtz einig. Die Anforderung war von Haus aus, dass sowohl die Installation, als auch Betrieb
und Wartung wenig kosten sollen. Der Wiener Beitrag zum Projekt MOST wurde von der Austrian Space Agency (ASA)
finanziert. Für die Hardware der Bodenstation standen rund Euro 50.000,- zur Verfügung.
Um einen lupenreinen Empfang der Daten vom Satelliten zu gewährleisten, ist eine sorgfältige Planung
der Station erforderlich. "Die Daten vom Satelliten MOST können störungsfrei und in ausgezeichneter
Qualität empfangen werden", beantwortet Werner Keim die Frage nach der Verwertbarkeit der Daten. Keim,
der seine Dissertation über die Bodenstation in Wien geschrieben hat, vereint für die Wien-Mission optimale
Eigenschaften: er ist mit Leib und Seele Telekom-Forscher, gibt sich aber auch mit der nötigen Leidenschaft
der mit dem Projekt verknüpften Astronomie hin.
Gleich zu Beginn der MOST-Mission erlebten die Forscher eine Überraschung: während Astronomen davon ausgegangen
sind, dass der erste durch MOST beobachtete Stern, Procyon, ähnlich pulsiert wie unsere Sonne, war nichts
dergleichen der Fall. Dieses Ergebnis wurde auch in "Nature" im Juli publiziert.
Sie kommuniziert, und kommuniziert, und kommuniziert … automatisch
Der 50 Kilogramm-Satellit MOST mit den Abmessungen eines kleinen Koffers fliegt in 830 km Höhe und
ist von Wien aus zwischen 6 und 8 Mal pro Tag sichtbar. Das hat nichts mit Zufallstreffern zu tun, sondern liegt
an den Gesetzen der Himmelsmechanik. Während der Satellit stur auf seiner vorgegebenen Bahn rotiert, dreht
sich die Erde - dadurch entsteht eine Verschiebung im Verhältnis zur Satelliten-Flugbahn.
Normalerweise baut man eine Bodenstation ins Grüne. Nachdem das aber einerseits sehr kostspielig, andererseits
im Wartungsfall sehr aufwändig ist, wurde die Bodenstation - eine Parabolantenne mit drei Metern Durchmesser
für den Empfang der Daten und eine Yagi-Antenne zum Senden der Daten - am Institut für Astronomie der
Universität Wien montiert. Nach knapp zwei Jahren Bauzeit wurde die Anlage in Betrieb genommen. Seit einem
Jahr funktioniert die Bodenstation einwandfrei, laufend werden wertvolle Daten empfangen. |