Innsbruck (rms) - Seit 5. Juli ist der Kalvarienberg in Arzl auch Schauplatz von Ausgrabungen. Unter der
Leitung von Dr. Dietrich Feil vom Institut für Klassische Provincialrömische Archäologie der Universität
Innsbruck wird im Auftrag des Bundesdenkmalamtes in Zusammenarbeit mit "ArchaeoTirol" und finanziert
von der Stadt Innsbruck im nordwestlichen Teil des Hügels in angemessenem Abstand zu den erosionsgefährdeten
Hangkantenbereichen das Leben um gut 2000 Jahre zurück gedreht.
Loaklaugenschein am Klavarienberg: Vizebürger- meister DI Eugen Sprenger mit Dr. Dietrich
Feil
Fotos: Wolfgang Weger |
Im Zuge der Grabungen wurden ca. 120 Quadratmeter geöffnet, und es kamen bemerkenswerte Funde zu Tage: Große
Mengen prähistorischer (auch dekorierte) Keramikteile, römische Münzen, römische Gewandnadeln
("Fibeln") und verschiedene Eisenfunde wie Schlüssel, Messer, Pfeilspitzen, Fragmente von Terra
Sigillata (gehobenes römisches Tafelgeschirr), Fragmente spätantiker Specksteingefäße und
frühmittelalterlicher Reitersporne.
Bei einem Lokalaugenschein gemeinsam mit Mag. Roland Kubanda vom Stadtarchiv/Stadtmuseum zeigte sich Vizebürgermeister
DI Eugen Sprenger beeindruckt von der Fülle der Funde und auch von den gewonnenen Erkenntnissen, über
die Dr. Feil zu berichten wusste. Vor allem darf mittlerweile mit Sicherheit behauptet werden: Der Kalvarienberg
gehört zu den wichtigsten frühen Plätzen im Innsbrucker Bereich.
Eindeutig kann auch gesagt werden, dass der Hügel, ca. 100 m über Talniveau gelegen und mit seiner talüberblickenden
Lage, im gesamten oberen Bereich für verschiedene Bebauungen genutzt und entsprechend gestaltet wurde. Zugleich
war er der einzige Punkt, von wo aus die Wegverbindung von Innsbruck in östlicher Richtung auch südseitig
kontrollierbar war.
Der heutige Eindruck des naturbelassenen grünen Hügels ist irreführend und wohl erst Folge der Anlage
des barocken Kalvarienberges in den Jahren 1664/65. Die ursprüngliche Annahme, der Hügel sei nur als
Kultstätte (Opferplatz) genutzt worden, scheint sich nicht zu erhärten. Man kann von länger andauernden,
vor allem auch römischen Siedlungen ausgehen.
Die zeitliche Nutzung kann durch älteste Funde aus der Bronzezeit ca. Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. und
danach anscheinend in ununterbrochener Folge bis in die Spätantike/Frühmittelalter eingegrenzt werden.
Keine sicheren Funde gibt es aus dem hohen Mittelalter bzw. aus der frühen Neuzeit. Jüngeres Material
dürfte mit der Kalvarienbergkirche zusammen hängen.
Auch die Frage nach der Herkunft des Ortsnamens darf somit als geklärt gelten:
Die alte Annahme, der Ortsname "Arzl" vom lateinischen "arcella = kleine Burg" war wortgeschichtlich
nahe liegend, doch war das Problem, dass eine entsprechende "Burg" nicht nachgewiesen war. Mittlerweilen
darf angenommen werden, dass die vorgeschichtlichen bzw. römischen Anlagen für die namensgebende "Burg"
durchaus ausreichend gewesen sein müssten.
Die Grabungen werden bis ca. 20. August weiter geführt. Die Grabungsschnitte werden nach der Dokumentation
verfüllt und wieder begrünt. Für den Spätherbst ist eine Ausstellung der Funde in gereinigtem,
aber unrestaurierten Zustand in Arzl geplant. Die Dokumentation und Publikation der Grabung sowie die dauerhafte
Ausstellung der Funde ist noch abzuklären.
Anlass für die Grabungen war, die Freilegung von Mauerresten und Steinlagen durch Baumaschinenbewegungen im
Zuge der Rodungen für die Südhangsanierung, was Heinz Müller von "ArchaeoTirol" beobachtet
hatte.
Bei Probegrabungen durch Heinz Müller/Dietrich Feil in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt/Landeskonservatorat
für Tirol (Mag. Johannes Pöll) und den Grundbesitzern wurde die Sinnhaftigkeit einer größeren
Ausgrabungsaktion fest gestellt. Nach der Finanzierungszusage durch Bürgermeisterin Hilde Zach wurde am 5.
Juli mit den regulären Grabungen begonnen. Verschiedene ältere Streufunde hat es schon früher gegeben,
aber Grabungen wurden bis jetzt noch nie durchgeführt. |