Wittener Zentrum für Elektropathologie sucht nach einem neuen Forschungsansatz zur Erklärung
des Phänomens der Elektrosensibilität
Witten/Herdecke (alphagalileo) - Elektrosensibilität ("self-reported electromagnetic hypersensitivity")
ist ein noch immer ungelöstes medizinisches Problem. Betroffene Menschen schreiben zahlreiche Symptome wie
Kribbelgefühle, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Reizbarkeit etc. dem Einfluss
elektrischer und magnetischer Felder im häuslichen Umfeld, am Arbeitsplatz oder anderswo zu. Nach wie vor
existiert jedoch kein verlässlicher medizinischer oder biologischer Indikator mit dem sich die Existenz dieser
subjektiv erlebten Befindlichkeitsstörung beweisen ließe, ebenso wenig ein Untersuchungsverfahren.
Wegen der Erfolglosigkeit bisheriger Ansätze suchten die Wittener Forscher nach einem neuen Verfahren und
nahmen dafür die Mikrozirkulation der Haut unter die Lupe. Mit einem Infrarotlaser registrierten sie die Feinströme
der roten Blutkörperchen in den Lederhautkapillaren des Daumens, einmal unter dem Einfluss eines zirkulär
polarisierten magnetischen Wechselfeldes und einmal ohne dieses. Die dabei gewählte magnetische Flussdichte
von 96 Mikrotesla lag knapp unter dem in Deutschland gültigen gesetzlichen Grenzwert von 100 Mikrotesla bei
der Frequenz 50 Hz. Der beschriebene Test wurde bei gesunden Versuchspersonen durchgeführt sowie bei Personen,
die davon überzeugt waren, unter Elektrosensibilität zu leiden. Anschließend wurden die Messergebnisse
verglichen. Das Ergebnis: Auch bei dieser Versuchsanordnung zeigte sich weder mit noch ohne Einfluss des Magnetfeldes
ein Unterschied in der Mikrozirkulation zwischen den subjektiv elektrosensiblen Menschen und den gesunden Kontrollpersonen.
Trotz dieses zunächst negativen Befundes ist Dr. Jörg Reißenweber nicht enttäuscht: "Die
Bedeutung dieses Ergebnisses ist im Hinblick auf die gegenwärtige gesellschaftspolitische Diskussion zur Technikfolgenabschätzung
nicht unerheblich, denn ein weiterer Mosaikstein zur Erforschung des Phänomens der Elektrosensibilität
wurde damit hinzugefügt. Wir sehen diese Ergebnisse als Ansporn, auf dem eingeschlagenen Weg weiter zu machen."
In Zusammenarbeit mit der WHO plant das Team des Zentrums für Elektropathologie nun neue Forschungsanstrengungen,
um einer Klärung des Phänomens einer subjektiv empfundenen Elektrosensibilität zumindest näher
zu kommen.
Für ihre jahrzehntelangen Forschungsanstrengungen auf diesem Feld unter Leitung von Prof. Eduard David wurden
die Wittener Elektropathologen nun auch belohnt. Sie sind Träger des diesjährigen Preises der Deutschen
Gesellschaft für Elektromagnetische Verträglichkeits-Technologie. Die Ehrung gilt einer wissenschaftlichen
Veröffentlichung, die im Rahmen einer Kooperation mit dem Physiologischen Institut I der Universität
Bonn entstanden ist. |