Maßnahmen, gesamtwirtschaftliche Wirkungen und Standorteffekte
Wien (wifo) - Die Steuerreform 2004/05 hat ein Gesamtvolumen von gut 3 Mrd. Euro. Sie senkt die Belastung
mit Lohn- und Einkommensteuer um knapp 2,2 Mrd. Euro und jene mit Körperschaftsteuer um 1,1 Mrd. Euro; das
Aufkommen an Verbrauchsteuern wird um etwa 230 Mio. Euro gesteigert. Gemäß einer Analyse der gesamtwirtschaftlichen
Auswirkungen der Steuerreform 2004/05 mit dem WIFO-Makromodell wird das reale BIP bis 2008 um knapp ½ Prozentpunkt
gesteigert. Aus den Modellsimulationen kann man zudem ableiten, dass die Steuersenkungen zu 11% bis 15% über
wachstumsinduzierte Steuereinnahmen selbstfinanziert werden. Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von
34% auf 25% dürfte den Standort Österreich attraktiver machen.
Die Steuerreform 2004/05 betrifft die Lohn- und Einkommensteuer (Entlastung von knapp 2,2 Mrd. Euro), die Körperschaftsteuer
(Entlastung von 1,1 Mrd. Euro) und einige spezielle Verbrauchsteuern (Belastung von etwa 230 Mio. Euro). Insgesamt
umfasst sie ein Volumen von gut 3 Mrd. Euro (1,2% des BIP). Die Reform des Einkommensteuertarifs bewirkt einen
systematischeren Tarifverlauf. Insgesamt erhöhen sich Progression und Aufkommenselastizität der Lohn-
und Einkommensteuer, die "kalte" Progression wird nur teilweise kompensiert. Die Eigenkapitalbegünstigung
für Einzelunternehmen stärkt die Innenfinanzierung, stellt aber keine Finanzierungsneutralität her.
Die Reform der Körperschaftsteuer sieht eine nur geringfügig gegenfinanzierte Senkung des Steuersatzes
von 34% auf 25% sowie die Einführung einer im internationalen Vergleich attraktiven Gruppenbesteuerung vor.
Die Steuerreform entlastet einerseits die privaten Haushalte, indem sie durch eine Lohn- und Einkommensteuersenkung
die verfügbaren Einkommen stärkt. Andererseits verringert die starke Herabsetzung des Körperschaftsteuersatzes
die Kapitalnutzungskosten und induziert damit zusätzliche Bruttoanlageinvestitionen. Dieser Impuls für
die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern verstärkt sich in der Folge durch Multiplikator- und
Akzeleratoreffekte. Die Ergebnisse sind in Übersicht 1 zusammengefasst.
Durch die Steuerreform ist ein positiver Effekt auf das reale BIP im Ausmaß von +0,3% im zweiten Jahr (2005)
und +0,4% im fünften Jahr (2008) zu erwarten. Die Erhöhung der Binnennachfrage steigert mittelfristig
die Beschäftigung um 4.300. Die Arbeitslosenquote sinkt um 0,1 Prozentpunkte (nach österreichischer Definition).
Die Steuerreform verringert die laufenden Einnahmen des Staates aus Steuern und sonstigen Abgaben um bis zu 3 Mrd.
Euro oder 2,5%. Diese Einbußen schlagen zunächst in vollem Ausmaß auf den Finanzierungssaldo durch:
Er steigt im Jahr 2005 kurzfristig um rund 0,7% des BIP; der Effekt erreicht 2006 seinen Höchstwert mit +1,2
Prozentpunkten und klingt dann leicht ab. Mittelfristig belastet die Steuerreform die öffentlichen Haushalte
mit knapp 1 Prozentpunkt. Der Selbstfinanzierungsgrad der Steuerreform, verstanden als die durch die Steuerreform
induzierten zusätzlichen Steuereinnahmen in Prozent der geschätzten Steuermindereinnahmen, wird auf 11%
bis 15% geschätzt.
Besonderen Stellenwert hat in der Reformstufe 2005 die Senkung des Körperschaftsteuer- satzes. Im Hinblick
auf die Intensivierung des Unternehmenssteuerwettbewerbs mit der EU-Erweiterung ist dieser Schritt wichtig zur
Sicherung der Attraktivität des Wirtschafts- standortes Österreichs. Die Erfahrungen zahlreicher internationaler
Studien zeigen eine beträchtliche Reagibilität von ausländischen Direktinvestitionen auf die Änderung
von Unternehmenssteuern. Die Senkung des Steuersatzes um 1 Prozentpunkt kann demnach eine Erhöhung der ausländischen
Direktinvestitionen um ½% bis über 3% bewirken. Die realen Bruttoanlageinvestitionen könnten in
Österreich aufgrund der Körperschaftsteuersenkung um etwa 2% bis 12% zunehmen. Diese möglichen Wirkungen
sind in den mit dem WIFO-Makromodell geschätzten makroökonomischen Effekten der Steuerreform noch nicht
enthalten.
Quelle: WIFO
Autorin: Margit Schratzenstaller |