Verlage heizen die Auseinandersetzung mit Wiedereinführung der alten Rechtschreibung an
Berlin (pte) - Laut Verband für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege (VRS), hat
die neue Rechtschreibung bisher rund 25 Mrd. Euro gekostet. Die Diskussionen zwischen Schulbuchverlegern und dem
Kultusministerium über die Rechtschreibreform erreichen diesen Sommer einen weiteren Höhepunkt. Dem VdS
(Verband der Schulbuchverlage) Geschäftsführer Baer zufolge würden mit der Rücknahme der Reform
250 Mio. Euro an Kosten entstehen, und so soll die neue Rechtschreibung ab 1. August 2005 uneingeschränkt
gelten.
Während die Schulbuchverleger dem Kultusministerium mit einem Schadenersatzprozess drohen, falls die Reform
nicht zügig abgeschlossen wird, greifen Verlage wie Springer und Spiegel mittlerweile zur Selbstjustiz und
führen die alte Rechtschreibung auf eigene Faust wieder ein (pte berichtet: http://www.pte.at/pte.mc?pte=040806029
) Die Kultusministerkonferenz (KMK) sucht einen Ausweg mit dem "Rat für deutsche Rechtschreibung",
der die modifizierte Fassung der Rechtschreibreform der Zwischenstaatlichen Kommission überprüften soll.
DTV-Verleger Wolfgang Balk reagierte auf die Aussagen der VdS-Bildungsmedien mit einem deutlichen Angriff gegen
die Rechtschreibreform. "Statt untertänigst den Absurditäten der sogennanten Reformer sich sofort
treudeutsch zu unterwerfen, hätten gerade die Schulbuchverlage von Anfang an gegen die unausgegorenen Inhalte
der Reform protestieren können und müssen", meinte er in einem offenen Brief an das Branchenmagazin
Buchmarkt. Hätten die Schulbuchverlage die Ministerialbürokratie vor dem vorhersehbaren Chaos gewarnt,
dann wäre es nicht zur permanenten Katastrophe gekommen. Der Schulbuchmarkt profitiert von hohen Auflagen
und minimalen Buchhandelsrabatten von der Rechtschreibreform, so werden Auflagen oft für mehrere Jahre im
Voraus gedruckt um hohe Absätze zu garantieren.
Ende Juli forderte der saarländische Kultusminister Schreier (CDU) eine Revision des Beschlusses der KMK zur
Rechtschreibreform vom Juni diesen Jahres. Die Rechtschreibreform soll bei der nächsten Tagung im Oktober
die Reform wieder behandeln und den "Rat für die deutsche Rechtschreibung" einsetzen, der an die
Stelle der Zwischenstaatlichen Kommission treten soll, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die
selbst bereits im Jahr 2000 wieder auf alte Rechtschreibung umgestellt hat.
Die KMK hat auf ihrer 306. Plenarsitzung Anfang Juni 2004 den vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission
für deutsche Rechtschreibung sowie dem ergänzenden Bericht vom 18.05.2004 zugestimmt und sich für
einen "Rat für deutsche Rechtschreibung" ausgesprochen. Die im vierten sowie im ergänzenden
Bericht enthaltenen Änderungen sollen mit Ablauf der Übergangszeit zum 01.08.2005 in Kraft treten und
werden in das amtliche Regelwerk eingearbeitet. Mit der Bundesregierung sowie den zuständigen Stellen in Österreich,
der Schweiz und Liechtensteins soll eine abgestimmte Vorlage über die Aufgaben eines künftigen "Rates
für deutsche Rechtschreibung" vorgelegt werden. Er soll vor allem die Aufgaben der Zwischenstaatlichen
Kommission übernehmen. Über den Zwischenstand soll im Oktober berichtet und die Zusammensetzung des Rates
im Dezember 2004 beschlossen werden.
Auch Deutschlands Bundesländer sind sich über die Rechtschreibreform uneinig. Einerseits erscheint dem
nordrhein- westfälischen Schulminister Schäfer (SPD) eine Rücknahme der Rechtschreibreform unmöglich.
Ein Widerruf würde einen gewaltigen ökonomischen Schaden anrichten. Andererseits heißt es im Münchner
Merkur, dass die bayrischen Schulen gute Erfolge mit der Reform erzielt hätten. Laut Kultusministerin Monika
Hohlmeier (CSU) beinhalte die neue Rechtschreibung kein höheres Fehlerpotenzial als die alte Schreibweise. |