Eurofighter-Gegengeschäfte  

erstellt am
20. 08. 04

Bartenstein: Der erste Meilenstein ist geschafft
Vertragserfordernis nach einem Jahr mit 1,662 Mrd. Euro übererfüllt - Gegengeschäfte sind "Eintrittsticket in die europäische Hochtechnologie"
Wien (bmaa) - "Nicht nur ist der erste Meilenstein unter Dach und Fach, sondern er wurde nach einem Jahr deutlich übererfüllt", erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein am Mittwoch (18. 08.) bei einer Pressekonferenz zur Abwicklung der Gegengeschäfte im Zuge des Eurofighter-Ankaufs. Das im Kaufvertrag definierte Ziel, dass Eurofighter innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Vertrages mit österreichischen Unternehmen ein Auftragsvolumen von einer Milliarde Euro vertraglich vereinbart, wurde nämlich nicht nur erreicht, sondern deutlich übertroffen. Bartenstein konnte sich dabei auf eine Bestätigung durch die externe Consultingfirma Ernst&Young stützen, nach der ein Volumen von 1,662 Milliarden Euro vertraglich fixiert ist. Zusammen mit bereits abgerechneten Aufträgen im Ausmaß von 122 Millionen Euro sind daher bereits Gegengeschäfte über 1,784 Milliarden Euro vereinbart.

Der Gegengeschäftsvertrag sieht vor, dass insgesamt ein Gegengeschäftsvolumen von vier Milliarden Euro - das sind 240% des Nettoanschaffungspreises für die Eurofighter - über 15 Jahre hindurch zu erbringen ist.

In den Offset-Geschäften mit Eurofighter sieht der Minister ein "Eintrittsticket in die europäische Hochtechnologie". Bisher liegt der Schwerpunkt der Aufträge naturgemäß im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik (70%) und im automotiven Bereich (20%). 10% verteilen sich auf andere Bereiche. Im Lauf der nächsten Jahre sollen Geschäfte auch verstärkt in anderen Wirtschaftsbereichen getätigt werden.

Aufträge unter dem Titel "Gegengeschäfte" werden von einem dafür eingerichteten Gremium aus Vertretern der Ministerien für Wirtschaft und Arbeit, für Landesverteidigung, für Finanzen und für Verkehr, Innovation und Technologie, von den Sozialpartnern und Wirtschaftsforschern nach ihrer sachlichen und zeitlichen Entsprechung, ihre Wertschöpfung und die Zusätzlichkeit überprüft, ehe sie als solche anerkannt werden. Der Antrag auf Anrechnung kann bis jeweils 31. Mai des Folgejahres beim BMWA eingereicht werden. Bisher wurden im Rahmen der ersten Abrechnung ("Report 2003") von 102 Firmen 259 Geschäftsfälle per 31.05.2004 zur Anrechnung eingereicht.

Der Vorstand des Unternehmens FACC aus Ried in Oberösterreich Walter Stephan nannte bei der Pressekonferenz die Entscheidung für den Eurofighter und die daraus resultierenden Gegengeschäfte "einen wichtigen Impuls", um nach der allgemeinen Krise in der Luftfahrtindustrie wieder neue Arbeitsplätze zu schaffen. Im Falle FACC seien bisher durch die Gegengeschäfte rund 150 neue Arbeitsplätze in Österreich geschaffen worden. Stephan betonte, gerade in der Zulieferindustrie für die großen Flugzeughersteller gebe es sehr starken Wettbewerb, auf dem viel mit Gegengeschäftsvereinbarungen operiert werde. Von den Airbus-Aufträgen für FACC profitiere durch Zulieferaufträge auch die mittelständische Wirtschaft, betonte der FACC-Vertreter.

Auch die Vertreter der Firmen Wild (Völkermarkt/Kärnten), Test-Fuchs (Groß-Siegharts/Niederösterreich) und Phion (Innsbruck/Tirol) bezeichneten bei der Pressekonferenz die Gegengeschäfte als unmittelbaren Impuls für neue Arbeitsplätze, aber auch als Anschub für eine Zertifizierung als Luftfahrt-Zulieferer oder als Unterstützung bei der Erschließung neuer Märkte. Hans Köstenbauer von Wild nannte die Geschäfte einen "Turbo" bei den Bemühungen, in die Luftfahrtindustrie einzusteigen. Laut Volker Fuchs von Test-Fuchs seien durch die Offset-Geschäfte in seinem Unternehmen im strukturschwachen Waldviertel rund 20 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Joachim Wolff von Phion erklärte, die Geschäfte würden die Tür zum deutschen Markt und in Richtung Pariser EADS-Hauptquartier öffnen.

Eine Übersicht über die geografische Streuung der Gegengeschäfts-Aufträge und eine Auflistung der Firmen ist auf der Website des Wirtschaftsministeriums in der Rubrik "Gegengeschäfte" zu finden.

 

 Kräuter: "Abenteuerliches Versteckspiel"
Bevölkerung wird für dumm verkauft - Kommission mit Ex-RH-Präsident Fiedler soll prüfen
Wien (sk) - "Aus der angekündigten Transparenz wurde ein abenteuerliches Versteckspiel und die versprochenen Gegengeschäfte sind großteils eine Mixtur aus Geschäften, die bereits vor der Typenentscheidung für die Eurofighter gefallen sind und Geschäften, die mit größter Wahrscheinlichkeit auch ohne Eurofighter-Anschaffung zustande gekommen wären", sagte SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter in Reaktion auf die Präsentation der sogenannten Gegengeschäfte durch Wirtschaftsminister Bartenstein.

Dass der Minister die Öffentlichkeit über die Höhe der einzelnen Geschäfte im Unklaren lässt und eine genaue Auflistung der angeblich profitierenden Firmen und der ihnen angeblich zugekommenen Auftragsvolumina kurzerhand zur journalistischen Aufgabe erklärt, ist für Kräuter "der Gipfel der Frechheit". "Seit heute steht fest: das Unternehmen Eurofighter-Gegengeschäfte ist ein großer Schwindel", sagte Kräuter am Mittwoch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst, "die Öffentlichkeit wird für dumm verkauft".

Der größte Brocken der angeblichen Gegengeschäfte, der Auftrag an den oberösterreichischen Flugzeugteile-Zulieferer FACC in der Höhe von 730 Millionen Euro "hat mit einem Gegengeschäft äußerst wenig zu tun", sagte Kräuter. So ist der Auftrag für die Ausstattung der Kabinen des Airbus 380 einige Wochen vor der Typenentscheidung für den Eurofighter fixiert worden, zum anderen hätte FACC mit größter Wahrscheinlichkeit das Geschäft auch ohne Eurofighter-Anschaffung bekommen. Kräuter beruft sich dabei auf Airbus-Manager Peter Klöpfer, der erklärt hatte, es wäre nicht richtig, den Auftrag "als sehr konkretes Gegengeschäft darzustellen". Immerhin sei FACC schon seit gut zwei Jahren in die Entwicklung eingebunden.

Der SPÖ-Rechnungshofsprecher verwies auch auf die erbärmlichen Versuche von Minister Bartenstein, das angekündigte Volumen an Gegengeschäften zu erreichen: "Bartenstein schreckt nicht davor zurück, mit dem Geld der Steuerzahler seine Gegengeschäfte-Bilanz aufzubessern", verwies Kräuter darauf, dass Bartenstein am 17. Juli in Graz dem privaten Milliardärsprojekt "Red-bull-Motorsport-Zentrum" in Spielberg Bundesmittel offeriert hat, um eine EADS-Projektbeteiligung zur späteren Anrechnung als Kompensationsgeschäft zu erreichen.

Dass die Gegengeschäfte bei der Typenentscheidung keine Rolle gespielt haben, habe auch der Rechnungshofbericht zur Typenentscheidung unmissverständlich festgehalten: "Inwieweit das Ergebnis der Bewertung der Gegengeschäfte durch das BMWA bei der Typenentscheidung maßgeblich war, konnte vom Rechnungshof nicht nachvollzogen werden", heißt es darin.

Kräuter fordert die Einrichtung einer unabhängigen Kommission unter dem Vorsitz von Ex-Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler zur genauen Untersuchung der vom Ministerium angerechneten Gegengeschäfte. Dass er den ehemaligen Rechnungshofpräsidenten und nicht den amtierenden Josef Moser zum Vorsitzenden dieser Kommission will, begründet Kräuter so: Moser habe sich einerseits noch nicht das Vertrauen der Bevölkerung erarbeiten können und sei andererseits zum Zeitpunkt der Typenentscheidung für den Eurofighter FPÖ-Klubdirektor gewesen und wäre damit in dieser Frage wohl befangen.

 

 Bartenstein verhöhnt Steuerzahlerinnen bei Eurofighter-Gegengeschäften
Kogler: Nirgendwo wird so viel gelogen wie bei Grabreden und Gegengeschäften
Wien (grüne) - Auf die heutige Sommerlochshow von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein passt kein besseres Zitat als folgendes: Es sei bekannt, dass nirgendwo so viel gelogen werde wie bei Grabreden und Gegengeschäften. Das bekannte Aloysius Rauen, Chef der EADS-Militärflugzeugsparte in Wien am 17. Juli 2002. "Das ist wohl das einzig Wahre in diesem Zusammenhang. Und: Rauen muss es ja wohl wissen", so Werner Kogler, Vorsitzender des Rechnungshofausschusses und Budgetsprecher der Grünen.

"Die heutige Vorstellung der angeblich vereinbarten Gegengeschäfte entbehrt jeder Glaubwürdigkeit, weil alle zweckdienlichen Anhaltspunkte mit voller Absicht verschleiert werden", so Kogler. So sei nicht nachvollziehbar, wie die Mindestkriterien für die Anrechenbarkeit von Gegengeschäften, nämlich die sachliche und zeitliche Entsprechung, die Wertschöpfung und vor allem die Zusätzlichkeit der Geschäftsvolumina, eingehalten werden.

"Mit dieser Vorgangsweise werden Minister Bartenstein, das sogenannte 'Gremium zur Anerkennung von Gegengeschäften' und die externen Berater von Ernst & Young Stammkundschaft im Rechungshofausschuss werden", prophezeit Kogler. "Es ist eine unerträgliche Verhöhnung der SteuerzahlerInnen, wenn Gegengeschäfte als Begründung für den völlig überteuerten und sinnlosen Kauf von Eurofighter-Kampfflugzeugen angeführt werden und bei der Abwicklung dieser angeblichen Gegengeschäfte jegliche Transparenzgelöbnisse zynisch über Bord geworfen werden", so Kogler.
 
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