Sondersitzung des Nationalrats zum Thema Telekom-Verkauf  

erstellt am
02. 09. 04

Dringliche Anfrage der SPÖ an den Finanzminister
Wien (pk) - Auf Grund eines Antrages der SozialdemokratInnen trat am Dienstag (31. 08.) der Nationalrat zu einer Sondersitzung zusammen. Thema der Debatte ist eine Dringliche Anfrage der SPÖ-Abgeordneten Alfred Gusenbauer, Josef Cap, Christoph Matznetter und Johann Moser an Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit dem Titel "Desaster beim geplanten Verkauf der ÖIAG-Anteile an der Telekom Austria" (2087/J).Nachdem die Anfrage um 11 Uhr eingebracht worden war, unterbrach Nationalratspräsident Andreas Khol gemäß der Geschäftsordnung die Sitzung bis 14 Uhr.

Der von den SPÖ-Abgeordneten Dr. Josef Cap und Dr. Günther Kräuter eingebrachte Antrag, einen Untersuchungsausschuss "zur Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, des Bundeskanzlers sowie sämtlicher befasster Dienststellen und der ÖIAG hinsichtlich der Vorbereitungshandlungen, der Vertragsverhandlungen und anderer Angelegenheiten im Zuge des geplanten Verkaufs von ÖIAG-Anteilen an der Telekom Austria" einzusetzen wurde am Ende der Dringlichen Anfrage ohne Debatte abgestimmt und blieb nach Ablehnung durch ÖVP und FPÖ in der Minderheit.

Eingeleitet wurde die Debatte vom Erstunterzeichner der Dringlichen Anfrage, Abgeordnetem Dr. GUSENBBAUER (S). Er begründete die Einberufung des Nationalrates damit, dass Licht ins Dunkel des geplanten Verkaufs der Telekom Austria, eines der bedeutendsten Unternehmen Österreichs, gebracht werden müsse und auch die Verantwortung des Finanzministers dabei zu beleuchten sei. Weiters sei es notwendig, über die Zukunft der wesentlichen österreichischen Infrastrukturunternehmen zu reden, denn hier gehe es um den Wirtschaftsstandort Österreich und um die Arbeitsplätze. Keineswegs seien derartige Fragen für "Sommerspiele Grassers" geeignet, sagte Gusenbauer.

Für den Erfolg im gegenwärtigen Standortwettbewerb sei eine leistungsfähige Infrastruktur ein wesentliches Element, meinte der SPÖ-Klubobmann. Die Entscheidung über österreichische Straßen, österreichische Schienen, die österreichische Post, die österreichische Energieversorgung und die österreichische Telekommunikation müsse in Österreich getroffen werden und sonst nirgends. Dies könne man am besten dadurch sicher stellen, indem man die öffentlichen Anteile an allen österreichischen Infrastrukturunternehmen in eine Infrastrukturgesellschaft zusammenfasse.

Gusenbauer wies auf die zahlreichen Unternehmen hin, die in den letzten Jahren sehr erfolgreich in Europa expandiert haben und unterstrich, dass die Devise "Kaufen" lauten sollte und nicht "Verkaufen". Es bestehe weder ein Interesse noch ein Grund dafür, erfolgreiche österreichische Unternehmen ans Ausland zu abzugeben. Die Absicht, die Telekom Austria zu verkaufen, sei völlig falsch gewesen, doppelt falsch sei es gewesen, sie an die swisscom verkaufen zu wollen. Denn wäre diese Transaktion erfolgt, würde die Schweizer Regierung über den österreichischen Standort entscheiden.

In diesem Zusammenhang vertrat Gusenbauer die Auffassung, dass die Geheimverhandlungen mit der swisscom unter voller Einbindung und Zustimmung des Finanzministers geführt worden seien. Dieser sei allen Analysen zufolge nicht einmal imstande gewesen, das Falsche richtig zu machen. Damit habe er Monate hindurch Unternehmen und MitarbeiterInnen verunsichert und den österreichischen Kapitalmarkt geschädigt. Darüber hinaus bestehe der Verdacht des Insiderhandels.

Er, Gusenbauer, halte es für gut und richtig, dass der Ausverkauf gestoppt worden sei, viel besser wäre man aber beraten gewesen, das Ganze von vornherein den ÖsterreicherInnen zu ersparen. Unter Zuhilfenahme von Zitaten aus negativen Kommentaren in den Medien meinte Gusenbauer, in dieser Frage habe die "Stunde der Dilettanten geschlagen", Grasser habe wirtschaftlich unverantwortlich agiert und dem Land allgemein schweren Schaden zugefügt.

Dazu kämen nun aktuelle Meldungen über die Übernahme der VA-Tech durch Siemens Deutschland. Einer solchen Filettierung der österreichischen Industrie und Gefährdung der Arbeitsplätze dürfe man nicht mehr zuschauen, betonte Gusenbauer und wies darauf hin, dass es dabei nicht nur um die Arbeitsplätze in der VA-Tech selbst, sondern auch in bedeutenden Zulieferbetrieben gehe. Er verlangte daher von Grasser eine Klarstellung, ob die ÖIAG einer Kapitalerhöhung zustimmen und ob sie gegen eine feindliche Übernahme kämpfen werde.

Abschließend zog Gusenbauer eine negative Bilanz über die bisherige Arbeit des Finanzministers und forderte diesen auf zurückzutreten.
   

In Beantwortung der Dringlichen Anfrage unterstrich Bundesminister Mag. GRASSER die von der Regierung durchgesetzte Entpolitisierung der ÖIAG und die vorgenommene klare Aufgabenteilung: Die Bundsregierung gebe lediglich einen Privatisierungsauftrag, dann entscheide die ÖIAG selbst. Dem Finanzminister kämen keine Einwirkungsrechte zu.

Zum Ablauf der Verhandlungen mit der swisscom stellte Grasser fest, dass diese erstmals im August 2002 an die ÖIAG herangetreten sei, die das Angebot jedoch abgelehnt habe. Ein weiteres Angebot der swisscom sei im Dezember 2002 an die ÖIAG ergangen, die wiederum negativ reagiert habe. Auch die Verhandlungen im Jänner 2004 seien gescheitert, da österreichische Interessen nicht ausreichend berücksichtigt worden wären. Am 28. April 2004 habe es dann Gespräche über eine Geschäftszusammenführung, also über eine Fusion, gegeben. Die ÖIAG habe dabei harte Bedingungen gestellt, um die österreichischen Interessen zu sichern. Die ÖIAG habe auch die Pflicht gehabt, sowohl den Börsegang als auch die Möglichkeit der Geschäftszusammenführung zu prüfen. Da nach der Entscheidung des Schweizer Verwaltungssenats die österreichischen Interessen nicht entsprechend durchsetzbar gewesen seien, sei die Transaktion nicht zustande gekommen, sagte Grasser.

Als Finanzminister sei er seiner Verantwortung nachgekommen und habe im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Transaktion begleitet. Den Bundeskanzler habe er Ende Juli, Anfang August grundsätzlich informiert, Detailinformationen seien dann am 10. August an den Bundeskanzler und den Vizekanzler ergangen und diese habe er dann auf dem Laufenden gehalten.

Er selbst sei über alle vier Angebote der Schweizer Seite von der ÖIAG informiert worden und habe selbst nie Verhandlungsgespräche geführt. Wie der Finanzminister weiters mitteilte, habe er an einem einzigen Gespräch mit der ÖIAG und den vier Vorständen der swisscom teilgenommen, um die Transaktionspartner kennen zu lernen, den Privatisierungsauftrag darzulegen und die österreichischen Interessen konsequent zu vertreten. Das Treffen mit dem Schweizer Finanzminister habe dem gegenseitigen Kennenlernen gedient, über die Transaktion sei offiziell nicht gesprochen worden. Absolut ausschließen könne er, Informationen über den geplanten Verkauf von Telekom Austria-Anteilen im familiären Kreis oder Freundeskreis weiter gegeben oder entsprechende Andeutungen gemacht zu haben.

Die Frage, warum die Telekom Austria-Aktie nicht aus dem Handel genommen worden ist, beantwortete Grasser mit der Feststellung, dass es dazu keine gesetzliche Verpflichtung gebe. Nun prüfe die Finanzmarktaufsicht im Detail, und er, Grasser, habe größtes Interesse daran, Transparenz in den Handel mit den Telekom-Aktien zu bringen und das Ergebnis zu veröffentlichen.

Zur Kritik der SPÖ an der Privatisierung bemerkte Grasser, dass die SPÖ mehr als zehn Unternehmen verkauft habe und die SPÖ Wien die größte österreichische Bank an ein ausländisches Unternehmen veräußert habe, wobei mehr als eine Milliarde € verloren gegangen seien. Es gehe nicht darum, meinte der Finanzminister, dass der Staat kaufe, sondern darum, private Unternehmen zu stärken. Dass dazumal 4,3 Mrd. € Steuergelder in der Verstaatlichten Industrie verloren gegangen seien, habe die SPÖ zu verantworten. Die ÖVP-FPÖ-Regierung habe die Schulden von 6,3 Mrd. auf 1,7 Mrd. € reduziert und die übernommenen Werte von 5 Mrd. € auf 5,5 Mrd. € erhöht.

Der Finanzminister konnte auch keine Wertvernichtung hinsichtlich der Telekom Austria-Aktie erkennen, zumal deren Wert am 1. Juni 2004 bei 11,16 € lag und heute, am 31. August, mit 11,61 € notiere. Seit dem Jahr 2000 habe die Aktie um 36 % zugelegt.

Abschließend ging der Minister auf die öffentliche Diskussion um die VA-Tech ein, die er als eine der "Industrieperlen" Österreichs bezeichnete und unterstrich, dass der Vorstand sein volles Vertrauen genieße. Zielsetzung sei es, alles zu tun, um eine österreichische Lösung zustande zu bringen und die Arbeitsplätze zu sichern. Eine Zerschlagung dürfe und werde es nicht geben.

Hinsichtlich seiner persönlichen Bilanz und jener der Bundesregierung verwies Grasser auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland und betonte, dass Österreich das doppelte Wachstum, das halbe Defizit und die niedrigste Arbeitslosigkeit in Europa vorweisen könne. Die SPÖ habe derzeit jedoch nur zwei Ziele, nämlich die Jagd auf Grasser und die Erhöhung der Steuern.

Abgeordneter DR. CAP (S) reagierte auf die Ausführungen des Finanzministers, dass dieser offensichtlich in einer eigenen und anderen Welt lebe. Sämtliche JournalistInnen und AnalytikerInnen innerhalb und außerhalb Österreichs hätten die Vorkommnisse negativ bewertet. Es sei wirtschaftlich absolut nicht einsichtig gewesen, was hier vor sich gegangen sei, und offensichtlich beabsichtige die Regierung einen Ausverkauf, um möglichst keine österreichische Infrastruktur mehr zu haben.

Cap hinterfragte auch kritisch, warum so viel Zeit vergangen ist, bevor die Öffentlichkeit informiert wurde. Der Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht sieht er skeptisch entgegen, da diese nur "zahnlose Kompetenzen" habe. Er forderte daher die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, um Licht ins "Grasser-Dunkel" und ins "Börse-Dunkel" zu bringen. Denn es gehe um das österreichische Vermögen und die soziale Sicherheit. Durch die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung werde man zum Gespött im In- und Ausland, sagte Cap.

Abschließend sprach Cap die Homepage Grassers an und bezeichnete die Tatsache, dass der Finanzminister nun ein Finanzstrafverfahren am Hals habe, als einen "unfassbaren Skandal". Der österreichische Steuerzahler habe den Eindruck, dass mit zweierlei Maß gemessen werde.

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) leitete seine scharfe Replik auf die Ausführungen der sozialdemokratischen Redner Gusenbauer und Cap mit der Bemerkung ein, es bedürfe "keiner Sondersitzung, um Zeitungslektüre zu betreiben". In der Sache stelle sich heraus, so Molterer weiter, dass "der SPÖ jede Kompetenz zur Kritik der Privatisierungspolitik der Bundesregierung fehle. Die Qualität ihrer Urteile in der Wirtschaftspolitik entspricht dem Verständnis iranischer Mullahs für Anliegen des Feminismus".

Molterer erinnerte Gusenbauer an das Desaster des SP-Verstaatlichtenpolitik und an die 4.300 Mill. € Steuergelder, die unter SP-Verantwortung in die ÖIAG-Betriebe geflossen seien, wo zugleich 55.000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Außerdem messe die SPÖ in der Privatisierungspolitik mit zweierlei Maß. Sie selbst habe in den neunziger Jahren zahlreiche Staatsbetriebe privatisiert. "Die SPÖ hält Privatisierungen nur dann für gut, wenn der Eigentümer danach Androsch heißt", sagte Molterer.

Die Bundesregierung hingegen hat die Schulden der ÖIAG von 6 Mrd. € auf 1,7 Mrd. € gesenkt, lobte Molterer. Die Betriebe machen Gewinne und können die Schulden nun selbst bedienen. Die VOEST verzeichne den höchsten Beschäftigungsstand, hohe Investitionen und das beste Quartalsergebnis ihrer Geschichte.

Schließlich unterzog der VP-Klubobmann das kürzlich vorgelegte Wirtschaftskonzept der SPÖ einer grundsätzlichen Kritik, wobei er sich auf die vorgeschlagenen Steuererhöhungen und die Anhebung von Krankenversicherungsbeiträgen konzentrierte. "Das ist nicht unsere Politik!", betonte Molterer und sagte in Anspielung auf die Aussage Matznetters, er sei stolz ein "Dinosaurier" zu sein: "Das Ziel der SPÖ heißt Altsteinzeit, unser Gegenmodell ist die Zukunft."
   

Abgeordneter SCHEIBNER (F) zeigte sich enttäuscht darüber, dass die SPÖ die diesjährige sommerliche Sondersitzung nicht dazu benütze, über die größte Steuersenkung der Zweiten Republik, die führende Position Österreichs in der Arbeitsmarktpolitik oder über die Pensionsharmonisierung zu diskutieren. Scheibner sprach die Vermutung aus, die "Spindoktoren" der SPÖ hätten Gusenbauer davor gewarnt, Themen zu wählen, bei denen die Erfolge der Bundesregierung allzu deutlich werden. Scharfe Kritik übte der FPÖ-Klubobmann daran, dass die SPÖ die Sozialpartner bei der Pensionsharmonisierung zurückgepfiffen hätten und unterstrich das Eintreten der Freiheitlichen dafür, dass schwer arbeitende Menschen ohne Abschläge in den Ruhestand gehen können.

In der Wirtschaftpolitik bekannte sich Scheibner zum Grundsatz, dass florierende Betriebe, nicht aber der Staat Arbeitsplätze sichern. Auch Scheibner wies die Vorschläge der SPÖ für höhere Steuern zurück und erinnerte daran, dass die Steuerreform den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen Steuerentlastungen bringe. Die FPÖ werde all jene schützen, die von den vorgeschlagenen Steuererhöhungen der SPÖ betroffen wären: Menschen die durch ihre Arbeit Eigentum geschaffen haben und es an ihre Kinder vererben wollen.

Beim Thema Telekom erinnerte Scheibner die SPÖ, dass sie selbst bei den Koalitionsverhandlungen im Jahr 2000 eine Privatisierung bis zu 100 % verlangt habe. "Dieses Unternehmen muss europafit gemacht werden und braucht daher einen strategischen Partner", sagte Scheibner. Die Sondersitzung sei insofern erfolgreich, als sie es möglich mache, "den Unterschied zwischen verantwortungsvoller Regierungspolitik und SP-Panikmache aufzuzeigen".

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) warf VP-Klubobmann Molterer vor, er wisse deshalb so gut, was vor 2000 alles schief gegangen sei, weil er damals Minister und mitverantwortlich für alle Entscheidungen gewesen sei. Die Wende in der Wirtschafts- und Privatisierungspolitik von rot-schwarz zu schwarz-blau charakterisierte Kogler als "Wende von Parteipolitik zu Nepotismus und Postenschacher", wobei er als Beispiel den ÖIAG-Aufsichtsrat nannte, in dem mit Siegfried Wolf ein Mann sitze, der aus einem Unternehmen komme, das massive Interessen an ÖIAG-Betrieben habe. Bei den ÖBB prangerte Kogler den Postenschacher an, der ärger denn je sei - "das Unternehmen entwickelt sich zu einem Übernahmekandidaten", warnte der Abgeordnete.

Die Privatisierungspolitik, die von der Bundesregierung zu einem "quasireligiösen Dogma" gemacht wurde, werde von einer "Kurie von Abverkaufsajatollahs" betrieben, sagte Kogler. In die Betriebe solle nicht hinein regiert, aber doch beachtet werden, dass es sich, zumal bei der Telekom, um einen Bereich handle, in dem öffentliche Interessen berücksichtigt werden müssen. Einen strategischen Partner hereinzunehmen, könne nützlich sein, räumte Kogler ein. Dies setze aber eine Änderung des ÖIAG-Gesetzes voraus, in dem bislang nur von Privatisierungsaufträgen die Rede sei. In jedem Fall verlangen die Grünen österreichische Industrie-, Wirtschafts- und Standortinteressen zu wahren. Der von der SPÖ zur Frage Insiderhandel verlangte Untersuchungsausschuss sei gerechtfertigt, schloss Kogler und forderte den Bundeskanzler zu einer Stellungnahme auf.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL verteidigt einleitend die Personalpolitik der Bundesregierung in der ÖIAG. Es gebe auch Generaldirektoren in Betrieben mit ÖIAG-Beteiligung, die der SPÖ nahe stehen, erinnerte Schüssel. Die Zeit in der die Politik in die Betriebe hinein regiert habe, sei vorbei. "Wir erwarten, dass Manager schwarze Zahlen schreiben, auch wenn sie eine rote Gesinnung haben". Und der Erfolg gebe der Regierung recht. Die ÖIAG hat eine ausgezeichnete Performance und ihre Schulden wurden seit 2000 trotz hoher Investitionen um 4,5 Mrd. € reduziert. Beim Thema VOEST erinnerte der Bundeskanzler daran, dass der Minerva-Plan auch ihn gestört habe. Über die jüngsten Erfolge der voest zeigte er sich sehr befriedigt und merkte an, er sei dafür, bei einer Kapitalerhöhung seitens der ÖIAG mitzuziehen.

Die Kombination der Telekomunternehmen zweier mittlerer Länder hätte er für ein sehr interessantes Projekt gefunden. Die ÖIAG musste die diesbezüglichen Gespräche mit der Schweiz führen, weil sie eine derartige Chance nicht hätte ignorieren dürfen. Empört zeigt sich der Bundeskanzler über die Unterstellungen von SP-Klubobmann Cap, Verantwortungsträger oder Regierungsmitglieder hätten Insiderhandel betrieben.

Verwundert zeigte sich der Regierungschef dann über das SP-Wirtschaftskonzept, das auf eine Erhöhung der Abgabenquote und eine weitere Belastung des Faktors Arbeit hinauslaufe, obwohl die SPÖ noch vor kurzem über eine zu hohe Abgabenquote geklagt habe. Die Bundesregierung bemühe sich demgegenüber darum, mit einem attraktiven Gruppenbesteuerungsmodell internationale Investoren nach Österreich zu holen. "Finanzminister Grasser macht eine richtige Politik. Es hat meine volle Unterstützung", schloss Bundeskanzler Schüssel.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) wies "Falschmeldungen über Steuererhöhungspläne der SPÖ" entschieden zurück. "Wir haben nie Steuererhöhungen verlangt", stellte der Redner klar. Die Vorgänge beim Platzen des ÖIAG-swisscom-Deals machen eine Tätigwerden der Finanzmarktaufsicht notwendig und erfordert überdies die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, sagte der Abgeordnete, der zudem einen Misstrauensantrag seiner Fraktion gegen Finanzminister Grasser vorlegte, und ihn mit dem Schaden begründete, der für den Finanzplatz Österreich, die ÖIAG und die Telecom Austria, eines der führenden Unternehmen des Landes, eingetreten sei.
   

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) zeigte sich dankbar für die Einberufung der Sondersitzung, weil die Debatte den Bürgern zeige, welche wirtschaftpolitischen Optionen sie haben. Der SPÖ attestierte Stummvoll ironisch großen Mut, weil sie einen so starken und erfolgreichen Minister wie Karl Heinz Grasser aushebeln möchte. Auch Stummvoll wies auf die Erfolge in der ÖIAG-Politik seit 2000 hin und erinnerte daran, dass es gelungen sei, aus den defizitären Subventionsbetrieben, die die Bundesregierung von der SPÖ übernommen habe, gewinnorientierte, börsennotierte Unternehmen zu machen. Den Unterschied zwischen ÖVP- und SPÖ-Wirtschafts- und Finanzpolitik brachte Stummvoll auf den Punkt, indem er sagte: "Die SPÖ will die Budgetsanierung einnahmenseitig betreiben, die ÖVP hingegen senkt Steuern und saniert das Budget ausgabenseitig. Der Finanzminister wird die heutige Sitzung sehr erfolgreich überstehen", prophezeite Stummvoll.

Abgeordneter Dr. BÖHMDORFER (F) gab ein Zwischenresümee der Debatte, in dem er kritisch feststellte, die SPÖ-Redner hätten aus Zeitungen vorgelesen, aber keinerlei Ideen vorgetragen, während der Finanzminister sehr sachlich geantwortet und deutlich gemacht habe, dass die österreichischen Interessen bei der Privatisierungspolitik gewahrt werden. Weiters habe sich laut Böhmdorfer herausgestellt, dass die SPÖ in der Wirtschaftpolitik keine Ruhmestaten zu verzeichnen habe, Abgeordnetem Cap habe vielmehr der österreichischen Reputation geschadet. Außerdem wies Böhmdorfer Caps Ausführungen zum Thema Grasser-Homepage als sachlich falsch zurück.

Abgeordnete SBURNY (G) machte darauf aufmerksam, dass beim gescheiterten ÖIAG-swisscom-Deal nie von Privatisierung die Rede sein konnte. Es hätte sich um eine Fusion gehandelt, was eine Änderung des ÖIAG-Gesetzes vorausgesetzt hätte. Den Finanzminister interessiere die Telekom in Wahrheit nicht, kritisierte Sburny und drängte darauf, die öffentlichen Interessen bei diesem großen Unternehmen zu wahren. Eine strategische Partnerschaft komme dabei für die Grünen durchaus in Frage. Es gehe grundsätzlich darum, flächendeckende Kommunikationsdienste zu günstigen Preisen aufrecht zu erhalten. In diesem Zusammenhang erinnerte Sburny daran, dass die Grünen im Österreich-Konvent vorgeschlagen haben, einen Ausschuss einzurichten, der es ermöglicht, staatsnahe Betriebe parlamentarisch zu kontrollieren.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) kam zunächst auf die voest alpine zu sprechen. Wenn die Sozialdemokratie dieses Unternehmen nicht im Jahr 1986, als es eine ganz große Stahlkrise gegeben hat, aufgefangen hätte, dann könnte man heute nicht auf eine großartige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Die Politik der derzeitigen Bundesregierung sei jedoch geprägt von einem Privatisierungsdilettantismus, wofür vor allem der Finanzminister und die Manager in der OIAG verantwortlich sind. Kritik übte Moser auch an der geplanten Geschäftszusammenführung von Telekom und swisscom, da die Schweizer die absolute Mehrheit gehalten hätten. Es sei seiner Meinung nach absolut inakzeptabel, wenn die Entscheidungen über die Zukunft der österreichischen Informations- und Telekommunikationswirtschaft im Ausland gefällt werden.

Sodann brachte er einen Entschließungsantrag betreffend Sicherung des öffentlichen Kerneigentums an den ÖIAG-Betrieben und Schaffung einer Infrastruktur-Holding ein.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) wies darauf hin, dass die ehemaligen ÖIAG-Betriebe wie etwa die voest alpine oder Böhler-Uddeholm sehr erfolgreich unterwegs sind. Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen sei er überzeugt davon, dass die Privatisierungen weiter fortgesetzt werden müssen. Die Mitarbeiter und die Manager, die ihren Job exzellent und selbständig erledigen, brauchten keine Ratschläge von Politikern, wie dies von der SPÖ gefordert wird. Noch heute sehe man, welch dramatische Auswirkungen die Verstaatlichtenpolitik auf die obersteirische Region gehabt hat, gab er zu bedenken.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) warf den Sozialdemokraten vor, ein populistisches Spiel zu betreiben. Die "tolle Wirtschaftspolitik" der SPÖ habe schon in der Vergangenheit nicht funktioniert, wenn man nur an den Konkurs des Konsum oder den Bank Austria-Skandal denke. Außerdem habe man den SP-Finanzministern 2.200 Mrd. S Schulden zu verdanken, was einer Zunahme der Schulden von 6 Mill. S pro Stunde entspricht. Mit diesem Geld könnte man die Telekom vergolden und die Pensionen verdoppeln.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) machte darauf aufmerksam, dass der Privatisierungscoup von Grasser in der Sache Telekom/swisscom in der Fachpresse desaströse Kritiken eingeheimst hat. Auf dem Spiel stehe eines der seriösesten österreichischen Unternehmen, das sich zu 42 % im Eigentum des Staates befinde. Es sei einfach unmöglich, die von Grasser vorgegebenen fünf Ziele - viel Ertrag fürs Budget, die Sicherung des Standortes, die Entwicklung des Unternehmens, die Bedienung der Börse sowie Sicherung der Beschäftigung - gleichzeitig zu erreichen. Es sei zudem ein großer Unterschied, ob in Österreich oder im Ausland darüber entschieden werde, ob z.B. in Zukunft das Breitbandinternet flächendeckend angeboten werden soll oder nicht.

Diese Diskussion beweise einmal mehr, wie "goldrichtig der Weg der österreichischen Bundesregierung" im Hinblick auf die Privatisierung staatlicher Unternehmen ist, konstatierte Staatssekretär Mag. MAINONI. Er verstehe auch nicht, warum die SPÖ einen Misstrauensantrag einbringe, wenn auch Gusenbauer der Meinung ist, es sei gut und richtig, den Verkauf der Telekom zu stoppen. Als die Bundesregierung im Jahr 2000 ihr Amt angetreten hat, belief sich der Wert der staatlichen Unternehmen auf 5 Mrd. €; inzwischen konnte ein Verkaufserlös von 4 Mrd. € erzielt werden, und der Wert des staatlichen Anteils ist auf 5,8 Mrd. € angewachsen. Die Schulden betrugen 6,29 Mrd. €, rief Mainoni in Erinnerung, in der Zwischenzeit konnten sie auf insgesamt 1,76 Mrd. € reduziert werden. Der eingeschlagene Weg, bei dem als primäre Ziele die Wertsteigerung der Unternehmen sowie die langfristige Absicherung von heimischen Arbeitsplätzen im Mittelpunkt stehen, sei daher völlig richtig.

Wenn bei den Verkaufsverhandlungen rund um Telekom Austria alles mit rechten Dingen zugegangen ist, dann verstehe sie nicht, warum sich der Bundeskanzler weigert, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, fragte sich Abgeordnete BURES (S). Sie wolle nicht auf die vielen polemischen Wortmeldungen eingehen, sondern sie befasse sich lieber mit den Fakten, meinte die Rednerin. So sei nun einmal eine Tatsache, dass es derzeit in Österreich die höchste Steuern- und Abgabenquote sowie die höchste Arbeitslosenrate gibt. Außerdem kritisierte Bures die "Verschleuderung des Staatsvermögens" und führte in diesem Zusammenhang den Verkauf der Austria Tabakwerke und der Bundeswohnungen an.

Die SPÖ habe uns heute anscheinend dazu eingeladen, die Reste ihrer Wirtschaftskompetenz zu Grabe zu tragen, meinte einleitend Abgeordneter KOPF (V). Was die Diskussion um die Telekom angeht, so sollte es sich dabei nicht um einen Verkauf, sondern um eine strategisch interessante Form der Verschränkung von zwei Unternehmen, die zu einem gewissen Teil im Staatsbesitz sind, handeln. Die österreichischen Verhandler in der ÖIAG haben schließlich ein so gutes Ergebnis erzielt, dass die Schweizer dies in ihren Gremien nicht durchgebracht haben, zeigte Kopf auf. Massive Kritik übte Kopf am Wirtschaftsprogramm der SPÖ, das u.a. höhere Steuern auf Spar- und Mieterträge, höhere Sozialversicherungsbeiträge sowie die Einführung der Vermögenssteuer vorsieht. Mit diesem Programm bestrafe die SPÖ die Sparsamen und Tüchtigen und diskriminiere das Eigentum, bemängelte der Redner.

Es sei beschämend, welches Schauspiel eine ehemals staatstragende Partei heute biete, urteilte Abgeordneter DI HOFMANN (F). Gusenbauer, Cap, Bures und Co. polemisieren, skandalisieren, schüren Ängste und verunsichern die Österreicher. Dadurch werde auch der Wirtschaftsstandort Österreich massiv geschädigt, warf der Redner der Opposition vor. Es sei nicht richtig, dass die Bundesregierung das Familiensilber verscherble, betonte Hofmann, denn die Fakten sprechen eine andere Sprache.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) gab zu bedenken, dass es sich bei der Telekom um ein sehr wesentliches Infrastrukturunternehmen handelt, wo es etwa um Entscheidungen darüber geht, ob Zukunftstechnologien den Österreichern zur Verfügung stehen. Diskutieren sollte man auch über den genauen Ablauf der Verkaufsverhandlungen, zumal es eindeutige Indizien gebe, dass ein Insiderhandel stattgefunden hat.

Bei der Abstimmung wurde der SPÖ-Entschließungsantrag betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Finanzminister Grasser abgelehnt. Der S-Entschließungsantrag betreffend Sicherung des öffentlichen Kerneigentums an den ÖIAG-Betrieben fand ebenfalls keine Mehrheit. In der Minderheit blieb auch der S-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, des Bundeskanzlers sowie sämtlicher befasster Dienststellen und der ÖIAG hinsichtlich der Vorbereitung der Vertragsverhandlungen und anderer Angelegenheiten im Zuge des geplanten Verkaufes von ÖIAG-Anteilen an der Telekom Austria.
     
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