Matznetter:
"Österreich unter die Top 5 der Industrienationen bringen!"
Matznetter präsentiert Entwurf zum SPÖ-Wirtschaftsprogramm - "Gegenmodell
zum neoliberalen Kurs von Schüssel und Grasser"
Wien (sk) - "So profitiert Österreich" - unter diesem Titel präsentierte SPÖ-Finanz-
und Budgetsprecher Christoph Matznetter Montag (30. 08.) Vormittag in Wien den Entwurf zum neuen Wirtschafts-
und Finanzprogramm der SPÖ. Zwei zentrale Ziele werden darin formuliert: Österreich soll unter die Top
5 der Nationen der Welt kommen. Und: Alle Menschen sollen vom wirtschaftlichen Wohlstand und Reichtum des Landes
profitieren. Die SPÖ wolle "ein ganz klares Gegenmodell zur derzeitigen Politik von Schüssel und
Grasser entwickeln", unterstrich Matznetter und sprach von einem notwendigen "effektiven und wirklichen
Kurswechsel" in der Politik. Kernbereiche des Programms sind "faire Spielregeln" für den Wettbewerb,
Investitionen in die Infrastruktur, Ausbau des Sozial- und Wohlfahrtsstaates, ökologische Nachhaltigkeit,
der Staat als Kernaktionär bei Schlüsselunternehmen, die Stärkung von Klein- und Mittelbetrieben
und eine Absage an Lohn- und Steuerdumping.
Der Programmentwurf enthält den Begriff der "sozial-innovativen Wettbewerbwirtschaft", dessen Weg
die SPÖ gehen will. Voraussetzungen dafür sind laut Matznetter faire Spielregeln für den Wettbewerb,
eine funktionierende Infrastruktur, "Investitionen in die Ressource Mensch", also Aus- und Weiterbildung,
und der Ausbau des Sozial- und Wohlfahrtsstaates. Gerade letzteres entspreche nicht nur humanistischen Grundsätzen,
sondern die Daseinsvorsorge sei auch Teil einer funktionierenden Infrastruktur. "Der Ausbau des Sozialsystems
ist notwendig, weil man sich nicht mit den Standards des 19. und 20. Jahrhunderts begnügen kann, sondern sich
den aktuellen Entwicklungen stellen muss."
Weitere Voraussetzung einer Marktwirtschaft mit fairem Wettbewerb sei die ökologische Nachhaltigkeit und dass
der Staat in Schlüsselindustrien, Infrastruktur und Daseinsvorsorge Kernaktionär bleiben müssen.
Eine Re-Verstaatlichung wolle die SPÖ nicht, es müsse aber "für Notlagen" in der Volkswirtschaft
entsprechende Instrumente geben. Als positives Beispiel nannte er die Sanierungsarbeit der ehemaligen "Sanierungsholding"
GBI, die von der Regierung "mutwillig und aus politischen Gründen" beseitigt wurde; "mit solchen
Strukturen könnte man weiterarbeiten".
Als neuen wirtschaftspolitischen Schwerpunkt nannte Matznetter eine Politik zur Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe
(KMU). Er räumte ein, dass die SPÖ in der Vergangenheit unter Wirtschaft v.a. Banken, Versicherungen
und die Industrie verstanden habe; der Kleinunternehmer wurde oft als der "letzte Kapitalist" gesehen.
Heute müsse man sehen, dass vor allem Klein- und Mittelunternehmer Schutz benötigen, "in Zeiten,
wo Einkäufer darüber entscheiden, ob jemand liefern und damit überhaupt existieren darf".
In der Diskussion um Standortverlagerungen warnte Matznetter vor der "Dummheit, sich auf einen Diskontwettbewerb"
bei den Löhnen einzulassen. Dadurch sinken nur die Einkommen und damit die Inlandsfrage. Demgegenüber
stelle er das Ziel der Vollbeschäftigung. "Es kann keine funktionierende Volkswirtschaft geben, in der
nicht die Geißel der Arbeitslosigkeit bekämpft wird. Energisch wandte sich Matznetter auch gegen das
"Credo von Schüssel und Grasser, der Staat könne nichts machen". Dagegen spreche jede Empirie.
So sei Österreich beim pro Kopf-BIP zu Kaufkraftstandards von 1994/1995 bis heute vom zweiten auf den fünften
Platz unter den EU-15 gesunken. "Wir müssen den Menschen wieder die Möglichkeit bieten, kaufkraft-äquvalent
in einem Land zu leben, das sich unter den fünf besten der Welt befindet." Freilich dürfe eine Steigerung
der BIP-Daten und der Kaufkraft "nicht nur eine statistische Größe sein, "sondern muss auch
bei den Menschen ankommen".
Menschen müssen wieder das Gefühl haben, dass es ihnen und ihren Kindern in zehn Jahren besser
geht
Matznetter forderte auch eine Verbreiterung der Steuereinnahmen und eine Anpassung des Steuersystems an
den europäischen Durchschnitt. Dies sei ein Teil der Antwort auf die Frage: "Wie wollt ihr das bezahlen?",
der man sich stellen müsse, so Matznetter, der für das augenblickliche Steuerdumping zwischen den einzelnen
Staaten kritische Worte fand.
Das Diktat der "leeren Kassen" sei eine politische Entscheidung, so Matznetter, die unter dem Schlachtruf
"Runter mit den Steuern" nur das Ziel habe, die Blutzufuhr zu den Sozialleistungen abzuschneiden. "Den
Geldhahn drehe ich ab, in dem ich ständig fordere: Steuern runter, runter, runter. Die Wirkung davon ist,
dass die Steuereinkünfte ausbleiben, dadurch steigen die Schulden, gespart wird bei den Transferleistungen,
die wegfallen um die nächste Steuersenkung zu ermöglichen", führte Matznetter aus. Dies sei
aber nicht der Ansatz der SPÖ, denn alle sollen einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen
Leistungen leisten.
"Alle sollen am Wohlstand partizipieren. Das ist für uns eine Kernfrage der Demokratie, von der wir auch
nicht abrücken werden", sagte Matznetter. Dies habe zur Folge, dass alle einen gleichwertigen, angemessenen
Beitrag zu leisten haben. Um den Faktor Arbeit zu entlasten und so Kaufkraft zu schaffen, sei eine Verbreiterung
der Steuereinnahmen notwendig. "Unselbstständige und selbstständige Arbeit wird mit der SPÖ
geringer besteuert. Arbeit und Leistung soll sich lohnen. Das können wir uns nur leisten, wenn Einkommen und
Vermögenszuwächse im unproduktiven Bereich 'europäisch' besteuert werden", so Matznetter angesichts
der Tatsache, dass Österreich im europäischen Vergleich bei der Arbeitsbesteuerung über dem Durchschnitt
bei der Besteuerung von Kapital aber sehr niedrig liege. So würden auch wirtschaftliche Leistungsträger
gefördert und Betriebe, die mit hohem Einsatz in Österreich tätig seien, entlastet.
Nicht profitieren würden Bereiche, die sich Steueroasen geschaffen hätten und heute wenig oder gar nichts
zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen würden. Mit einem Bekenntnis zum Sozial- und Wohlfahrtsstaat sei
es eben nicht möglich, jährlich die Steuern um zwei Prozent zu senken. "Wer ein 'Best of the Best'
zum Beispiel im Bereich der Bildung will, der muss für ein gutes, öffentliches Schulsystem eintreten,
denn nur dort ist es möglich, eine solche Sortierung zu haben und nicht über Kriterien, wie beispielsweise
das Einkommen der Eltern", so Matznetter. Die Frage sei, ob die Menschen bereit seien dafür zu zahlen.
"Ja, denn sie sind weit gescheiter als manche Politiker glauben", so die Antwort Matznetters, dass die
SPÖ mit einem solchen ehrlichen Angebot vor die Wähler treten könne. "Die Menschen verstehen,
dass es unser Staat, unser Österreich ist."
Angesichts des Vorwurfes der "roten Schuldenmacher", hielt Matznetter fest, dass beispielsweise in den
USA die höchsten Defizite unter den Regierungen Reagans und George W. Bushs eingetreten seien - ausgewiesener
Vertreter eines konservativen Kurses. In Österreich habe sich gezeigt "je mehr ÖVP, desto mehr Defizit".
Matznetter führte aus, dass es kein Dogma sein könne, in zehn Jahren im Plus oder Minus zu sein, vielmehr
müsse man sich hier der Konjunktur anpassen. "Eine nachhaltige Finanzierung ist aber nur über Steuern
möglich", so die Feststellung des SPÖ-Budgetsprechers.
"Dieses Programm ist eine klare Abkehr vom Neoliberalismus und stellt einen kompletten Kurswechsel in Österreich
dar", so Matznetter, der sich wünschte, dass das Programm dazu führe, dass Österreich in der
Welt wieder gelobt werde und dass die Menschen wieder das Gefühl hätten, dass es ihnen, ihren Kindern
und ihren Kindeskindern besser gehe. "Heute haben sie die Sorge, dass es ihnen schlechter geht und ihren Kindern
und Kindeskindern noch schlechter", kritisierte Matznetter. Abschließend hielt Matznetter fest: "Das
ist ein Kampf um die Herzen der Menschen. Mit dem Wirtschaftsprogramm wollen wir einen kleinen Beitrag dazu leisten,
dass der Wahlsieger der nächsten Wahlen SPÖ und Alfred Gusenbauer heißt." |