Österreich-Konvent debattiert Strukturfragen der Verfassung  

erstellt am
30. 08. 04

Wien (pk) - Mit den Berichten der Ausschüsse II (Legistische Strukturfragen) und X (Finanzverfassung) sowie mit personellen Änderungen an der Spitze der Ausschüsse VI (Verwaltungsreform) und VIII (Demokratische Kontrollen) befasste sich der Österreich-Konvent in seiner Plenarsitzung am Freitag (27. 08.). Zu Beginn der Sitzung gedachten die Mitglieder des Konvents in einer Trauerminute des verstorbenen Vorarlberger Landtagspräsidenten Manfred Dörler. Konventsvorsitzender Franz Fiedler betonte, Dörler sei nicht nur ein überzeugter Verfechter des Föderalismus, sondern auch ein überzeugter Parlamentarier gewesen, der die Notwendigkeit der Trennung zwischen Legislative und Exekutive gesehen habe. Darüber hinaus habe ihn ein hohes soziales Engagement ausgezeichnet. Dörler sei in jeder Beziehung ein Vorbild gewesen, sagte Fiedler, auch im Konvent. Er habe trotz vieler Diskussionen stets den Optimismus bewahrt, dass der Konvent zu einem erfolgreichen Ende geführt werden könne.

Im Rahmen der Tagesordnung wählten die Mitglieder des Konvents zunächst einstimmig zwei neue Ausschussvorsitzende. Johannes Abentung folgt im Ausschuss VI (Verwaltungsreform) Werner Wutscher, Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium, nach, der auf eigenen Wunsch aus dem Konvent ausgeschieden ist. Im Ausschuss VIII (Demokratische Kontrollen) löst Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Volksanwalt Peter Kostelka ab - dieser hatte auf Grund seines Aufrückens in das Präsidium des Konvents den Wunsch geäußert, den Ausschussvorsitz zurückzulegen.

KORINEK: NEUER STRUKTURVORSCHLAG NACH DURCHFORSTUNG VON RUND 1.300 VERFASSUNGSBESTIMMUNGEN
Die Debatte im Österreich-Konvent über den Bericht des Ausschusses II (Legistische Strukturfragen) wurde durch eine Wortmeldung des Ausschussvorsitzenden, VfGH-Präsident Karl Korinek, eingeleitet. Er dürfe einen erfolgreichen Bericht abgeben, unterstrich Korinek, es habe im Ausschuss große Übereinstimmung in inhaltlichen Fragen gegeben. Der Ausschuss II hat seiner Darstellung nach in insgesamt 15 Sitzungen sämtliche Verfassungsgesetze, Staatsverträge in Verfassungsrang und Verfassungsbestimmungen in Gesetzen, Staatsverträgen und 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern - insgesamt rund 1.300 - durchforstet und Vorschläge gemacht, was mit diesen zu geschehen hätte.

Als Ergebnis schlage der Ausschuss, so Korinek, das Konzept eines "relativen Inkorporationsgebots" vor. Demnach soll künftig die Verfassungsurkunde selbst der Kern der Verfassung sein. Daneben könne es allerdings als "Trabanten" noch einige wenige Verfassungsgesetze oder Staatsverträge in Verfassungsrang geben, wie beispielsweise das Adelsaufhebungsgesetz oder die Habsburgergesetze. Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen sollen hingegen nicht mehr möglich sein.

Ein Verfassungsbegleitgesetz soll Korinek zufolge den friktionsfreien Übergang auf die neue Verfassung sicherstellen. Geeinigt hat sich der Ausschuss II außerdem darauf, dass es weiterhin einfache Gesetze geben solle, die nur mit qualifizierter Mehrheit geändert werden dürfen, insbesondere Gesetze, die der Aufrechterhaltung demokratischer Spielregeln dienen. Als Beispiele dafür listete der VfGH-Präsident etwa das Unvereinbarkeitsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats auf.

Großes Lob für die Arbeit des Ausschusses II äußerte Konventsvorsitzender Franz Fiedler. Mit dem vorliegenden Ergebnis sei ein echter Durchbruch gelungen, betonte er, der nicht ohne weiteres zu erwarten gewesen wäre. Dies sei ein Ansporn für alle und zeige, dass mit entsprechendem Engagement Erfolge zu erzielen seien.

WIEDERIN: PROBLEMANALYSE EINFACHER ALS PROBLEMLÖSUNG
Universitätsprofessor Ewald Wiederin meinte, man sehe dem Bericht des Ausschusses II an, dass der Ausschuss harte Arbeit geleistet habe, diese sei aber auch ein Vergnügen gewesen. Jedenfalls habe man festgestellt, dass Problemanalyse weit einfacher als Problemlösung sei. Es habe sich als schwierig erwiesen, generelle abstrakte Lösungen zu finden, um externes Verfassungsrecht beseitigen zu können. Generell merkte Wiederin an, der Österreich-Konvent sei zwar als Neubauprojekt gestartet, bisher über weite Strecken aber als Umbauprojekt betrieben worden. Er glaube allerdings nicht, dass dies ein Schaden sei.
     
HOCHHAUSER: EIN WESENTLICHER TEIL DER ARBEIT NOCH ZU TUN
Anna-Maria Hochhauser, Generalsekretärin der Wirtschaftskammer, erklärte, seitens der Wirtschaft sei dem Ausschuss II zu den profunden Ergebnissen zu gratulieren. Es sei beeindruckend, wie der verfassungsrechtliche Wildwuchs durchforstet wurde. Bei aller Euphorie dürfe aber, so Hochhauser, nicht übersehen werden, dass ein wesentlicher Teil der Arbeit noch zu tun sei. Nun müssten die anderen Ausschüsse auf Basis der Ergebnisse des Ausschusses II konkrete Lösungen finden. Zum Bericht des Ausschusses X hielt Hochhauser fest, die vorgeschlagene Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung sei zu begrüßen, in vielen Bereichen sei aber noch keine Einigung erzielt worden.

POIER: GUTE GRUNDLAGE FÜR VERFASSUNGSBEREINIGUNG
Universitätsassistent Klaus Poier unterstrich, der Ausschuss II habe eine gute Grundlage für eine formale Verfassungsbereinigung geliefert. Im zuletzt gefundenen Konsens sind ihm zufolge viele Kompromisse enthalten. Ihm selbst wäre es beispielsweise lieber gewesen, "historische Trabanten" wie das Adelsaufhebungsgesetz oder das Verbotsgesetz als einfache Gesetze zu normieren und dafür klare Bestimmungen in der Verfassung selbst zu verankern.

Für die Zukunft sieht Poier zwei große Gefahren. Zum einen fürchtet er, dass das Verfassungsbegleitgesetz zu einem "Müllkübel" für weiterhin als notwendig erachtete Verfassungsbestimmungen werden könnte, zum anderen warnte er vor zu vielen neuen "Trabanten" zur eigentlichen Verfassungsurkunde. Der Gesetzgeber müsse sich hier selbst zurücknehmen, forderte er, gleichzeitig sieht er aber auch die Notwendigkeit, dass der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber künftig einen breiteren politischen Ermessensspielraum einräume als bisher.

SCHNIZER:
GRUNDLAGE FÜR GRAVIERENDE VERFASSUNGSBEREINIGUNG

Johannes Schnizer merkte gegenüber seinem Vorredner an, dass auch eine neue Verfassung nicht geschichtslos sein soll. Als Beispiele nannte er das Adelsaufhebungsgesetz und das Verbotsgesetz, die symbolhaft für den Übergang zwischen zwei Epochen stehen. Er trete daher vehement dafür ein, dass diese Verfassungsbestandteile in ihrem historischen Wortlaut erhalten werden. Es scheine auch außer Streit zu stehen, dass für eine neue Verfassung drei Elemente wesentlich sind: ein Grundrechtskatalog, eine Kompetenzverteilung und eine Finanzverfassung. Schnizer ist überzeugt davon, dass mit dem Bericht des Ausschusses 2 die Grundlage für eine ganz gravierende Verfassungsbereinigung geschaffen wurde. Dies würde aber bedeuten, dass rund zwei Drittel entfallen würden, erläuterte er. Wichtig wäre es auch, dass auf eine pragmatische und detaillierte legistische Umsetzung Wert gelegt wird.

KHOL: ÜBERSICHTLICHERE VERFASSUNG KANN GELINGEN
Der zur Diskussion stehende Ausschussbericht beweise, dass es - allen Unkenrufen zum Trotz - gelingen kann, die Verfassung übersichtlicher zu gestalten, konstatierte Nationalratspräsident Andreas Khol. Denn der primäre Kritikpunkt war immer, dass Österreich keine "Verfassung als Urkunde" hat und dass es zudem tausend Verfassungsnebengesetze gibt. Auch die verfassungsrechtliche Regelung z.B. von Taxikonzessionen werde durch das relative Inkorporationsgebot der Vergangenheit angehören. Vom Ausschuss wurde ein Vorschlag für ein "Inhaltsverzeichnis" vorgelegt und die nächste Aufgabe wird es sein, zu beurteilen, ob diese Inhalte in der Verfassung drinnen stehen sollen und wie sie ausgefüllt werden können. Was die Verfassungstrabanten betrifft, so sei er froh darüber, dass diese "Figur des Zweidrittelgesetzes zur erhöhten Bestandskraft ohne Verfassungsrang" ausgebaut wurde. Khol stimmte mit Schnizer darin überein, dass das Adelsgesetz und das Verbotsgesetz, die wichtige Marksteine darstellen, unverändert dem Verfassungsbestand angehören sollen. Außerdem vertrat er die Auffassung, das das Verbot der nationalsozialistischen Wiederbetätigung in die Verfassungsurkunde aufgenommen werden soll.

SCHEIBNER: IN ZUKUNFT WILDWUCHS VERHINDERN
Herbert Scheibner zeigte sich beeindruckt von der Arbeitsleistung des Ausschusses, in dem über jede einzelne der etwa 1.300 Verfassungsbestimmungen diskutiert wurde. Man könnte viele Beispiele für unsinnige Verfassungsbestimmungen aufzeigen, führte Scheibner weiter aus, und nun gehe es aber um die Fragen, wie damit umgegangen wird und wie ein solcher "Wildwuchs" in Zukunft verhindert werden könne. Ein schön saniertes Althaus ist von der Wohnqualität meistens viel besser als ein verpfuschter Neubau und das sollte auch für Verfassungen gelten, schloss er.

GLAWISCHNIG:
WEG ZUM DURCHBRUCH DA, ABER NOCH NICHT DURCHBRUCH
Nach Auffassung von Eva Glawischnig sei nun der Weg zum Durchbruch vorgezeigt worden, aber nicht der Durchbruch an sich. Um wirklich eine übersichtliche Verfassung gestalten zu können, müssen die fundamentalen Strukturprobleme in Angriff genommen werden. Als Beispiele führte die Rednerin die Weisungsgebundenheit der Verwaltung, das vorgegebene Zusammenwirken von Bundes- und Landesverwaltung, die Kompetenzverteilung, die Amtshilferegelung sowie den Vollzugsvorbehalt des Staates an. Sodann ging sie noch auf einige Detailprobleme "aus grüner Sicht" ein, etwa die Möglichkeit, Hoheitsrechte an zwischenstaatliche Organisationen abzutreten.
     
VÖGERLE: NOCH KEIN KONSENS, ABER KONSENSFÄHIGE SONDIERUNG
Bernd Vögerle, der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses 10, präsentierte den Endbericht zum Thema Reform der Finanzverfassung. Eingangs wies er noch darauf hin, dass zu Beginn der Beratungen die Fragen des Finanzausgleichs im engeren Sinn ausdrücklich ausgeklammert wurden. Der Bericht gliedere sich in sechs Kapitel und beinhalte u.a. die Punkte Abgabenwesen, Kostentragung, Transfers, Haushaltsrecht, Transparenz und Finanzstatistik. Zusammenfassend stellte Vögerle fest, dass bisher zwar noch kein expliziter Konsens gefunden wurde, aber es konnte eine "konsensfähige Sondierung der Standpunkte" festgestellt werden.

Durch eine legistische Bereinigung und Vereinfachung des Finanzverfassungsgesetzes 1948 sollen unsystematische Detailbestimmungen durch allgemein gültige Regelungen ersetzt werden. Die Kompetenzverteilung auf dem Gebiet des Abgabenwesens und die Regelung der finanziellen Grundlagen der Gebietskörperschaften werden als elementare Bestandteile der Bundesverfassung angesehen, die in einer systematisch einfachen Form und in einem eigenen Abschnitt in die Verfassungsurkunde aufgenommen werden und nicht wie bisher als eigenes Gesetz bestehen bleiben sollen. Im besonderen widmete sich der Ausschuss der Frage, ob und welche Ziele für die finanziellen Beziehungen der Gebietskörperschaften und die Verteilung der Mittel vorgegeben werden sollen, wobei insgesamt sieben Vorschläge für Staatsziele eingebracht wurden. Sodann ging er detailliert auf die Positionen der einzelnen Vertreter in dieser Frage ein. In vielen Bereichen wurde noch kein Konsens erreicht, führte Vögerle weiter aus, aber Einigkeit bestehe etwa darin, dass sich Bund, Länder und Gemeinden zu einer koordinierten Finanzpolitik als Mittel zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verständigen. Der Ausschuss schlug auch einvernehmlich vor, die Mittelaufteilung über Transfers zurückzudrängen, um die bestehende Vielzahl der Zahlungsströme überschaubarer zu gestalten.

Abschließend stellte Vögerle fest, dass der Bericht lediglich als Zwischenbericht angesehen werden könne. Bei der weiteren Arbeit werden folgende Schwerpunkte im Mittelpunkt stehen: Einigung über die Inhalte und Textierung der Staatsziele ausgeglichener Haushalt und gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, Textierung des Grundsatzes der Parität und des Verhandlungsgebotes, Gestaltung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleichs, des Stabilitätspaktes und des Konsultationsmechanismus, Neugestaltung des Haushaltswesens sowie Grundsätze für Transfers.

FINZ: BEKENNTNIS ZUM STAATSZIEL AUSGEGLICHENER HAUSHALT
Staatssekretär Alfred Finz bekannte sich zu einer schlanken Verfassung, nur die wichtigsten und grundlegenden Dinge sollten in der Verfassung geregelt werden. Als Vertreter des Finanzministeriums bekannte er sich auch zur Aufnahme eines Staatsziels, des Prinzips des ausgeglichenen Haushaltes, habe man in Europa doch einen europäischen Stabilitätspakt mitzuvertreten, und um diesen erreichen zu können, sei die Erzielung eines österreichischen Stabilitätspaktes notwendig. Inhaltlich gesehen sei ein ausgeglichener Haushalt überhaupt nichts Neues. Das Finanzministerium bekenne sich zudem, betonte Finz angesichts der laufenden Finanzausgleichsverhandlungen, zum Konsensprinzip bei der Erstellung, bei der Beteiligung aller öffentlichen Haushalte, Bund, Länder, Gemeinden; allerdings müsse es Regeln geben, sollte dieser Konsens nicht zustande kommen. Auch trete das Ressort dafür ein, dass auf einfachgesetzlicher Ebene bestimmte Schuldenbremsen für alle öffentlichen Haushalte bestehen sollten.

WEHSELY:
MASSIVE GRÜNDE GEGEN STAATSZIEL AUSGEGLICHENER HAUSHALT
Die Wiener Stadträtin Sonja Wehsely kam auf die Absicht zu sprechen, den ausgeglichenen Haushalt zu einer Verfassungsbestimmung zu machen. Ihrer Ansicht nach sprechen sowohl ökonomische als auch juristische Gründe massiv dagegen. Ökonomisch spreche dagegen, dass weder Keynes noch ein anderer Ökonom in der Lage ist, zu sagen, wann ein Konjunkturzyklus anfängt bzw. aufhört; juristisch sei die Vorgangsweise bedenklich, würde das doch praktisch bedeuten, dass der Verfassungsgerichtshof ex post darüber erkennen muss, ob ein Gesetz mit finanziellen Auswirkungen verfassungswidrig ist, weil man drauf kommt, dass der Konjunkturzyklus schon zu Ende ist. Für Wehsely ist diese Frage noch nicht zu Ende gedacht. Die Fixierung ausschließlich auf den ausgeglichenen Haushalt ist ihr zudem viel zu eng. Ihrer Meinung nach habe ein bedarfsgerechter Finanzausgleich zu bedeuten, dass jede Gebietskörperschaft für die Erfüllung ihrer Aufgaben die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt bekommt. Daher sollte, um die finanzielle Ausstattung der Körperschaften zu sichern und die Leistungen der Daseinsvorsorge langfristig abzusichern, ein fixer Ertragsanteil des Steueraufkommens auch den Ländern und Gemeinden zugewiesen werden.
     
PRAMMER: GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT MUSS BEACHTET WERDEN
Barbara Prammer befasste sich mit dem Thema Gender Budgeting, wies darauf hin, wie wichtig es sei, in jedem Ausschuss die Frage der Geschlechtergerechtigkeit zu hinterfragen; das gelte auch für die Finanzverfassung. Gender Budgeting sei nichts Neues und werde in einigen Gebietskörperschaften probiert. Auch eine Arbeitsgruppe im Finanzministerium befasse sich mit dem Thema. Außerdem habe der Europarat den Begriff „Gender Budgeting“ näher definiert. Besonders wichtig ist für sie, im Rahmen des Ausgleichs zwischen den Gebietskörperschaften die Frage der Geschlechtertauglichkeit zu berücksichtigen.

PRIOR: STEUERHOHEIT SOLL BUNDESSACHE BLEIBEN
Walter Prior forderte eine entsprechende finanzielle Ausstattung der Gebietskörperschaften ein und glaubt, dass eine zukunftsweisende Finanzverfassung und damit auch die Arbeit des Ausschusses X eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Neugestaltung der österreichischen Bundesverfassung bekommt. Der Bereich der Steuerhoheit sollte seiner Ansicht nach nicht an die Länder übertragen werden. Im Rahmen seiner Begründung verwies er auf die Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes Österreich und auf den Widerspruch zu den Überlegungen zur Steuerharmonisierung der EU. Um eine Parität bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich und bei steuerpolitischen Maßnahmen zu sichern, sollte ein spezielles Verhandlungsgremium, bestehend aus Vertretern der Bundesregierung, des Nationalrats, des Bundesrats, der Länder und Gemeinden eingerichtet werden, um ein absolutes Einspruchsrecht gegen Beschlüsse des Nationalrats zum Finanzausgleichsgesetz und zu Steuergesetzen, die zu Einnahmenausfällen bei Ländern und Gemeinden führen, zu ermöglichen.

PRAMBÖCK: FINANZAUSGLEICHSPAKTUM IM VERFASSUNGSRANG
Laut Erich Pramböck sollte eine neue Finanzverfassung einen Rahmen schaffen, der sicherstellt, dass die Gebietskörperschaften in der Lage sind, auch in einem größeren Europa einen Beitrag zur Lebensqualität der Bevölkerung und auch zur Entwicklung der örtlichen Wirtschaft zu leisten. Deutliche Auffassungsunterschiede gebe es nicht nur zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, sondern häufig zwischen jenen, die sich eher einen zentralstaatlichen Ansatz wünschen, und jenen, die glauben, dass die Zukunft Österreichs eher in einem neu strukturierten weiterentwickelten föderalen Ansatz zu sehen ist. Fest stehe, dass die Städte und Gemeinden sehr viele Aufgaben übernommen haben, ohne dass die finanzielle Ausstattung auch stattgefunden habe. Das gelte auch für die Länder. Den wesentlichen Grund sieht der Redner in der Kompetenzkompetenz des Bundes.

Pramböck trat darüber hinaus für ein zwingendes Finanzausgleichspaktum mit einer besonderen Rechtsqualität, nämlich auf der Stufe eines Verfassungsgesetzes, ein. Vorzusehen seien auch u.a. Änderungen des Finanzausgleichs aufgrund zwingender Verhandlungen, also die Einführung einer echten Verhandlungspflicht.

PÜHRINGER:
STABILITÄTSPAKT FÜR BESTIMMTE ZEITRÄUME FLEXIBLER

Josef Pühringer bekannte sich zum Prinzip der ausgeglichenen Haushalte, weil es eine Verantwortung gegenüber künftigen Generationen gibt. Das bisherige Prinzip, einen Stabilitätspakt für bestimmte Zeiträume abzuschließen, sei in seiner Handhabung flexibler als eine starre Verfassungsbestimmung. Bei den Sanktionen sind die Länder und Gemeinden skeptisch, weil Länder und Gemeinden im weitaus größeren Ausmaß die Stabilitätsziele freiwillig erfüllen. Hinsichtlich der Budgethoheit der einzelnen Gebietskörperschaften, in die möglichst wenig eingegriffen werden soll, meinte er, es gehe hierbei um eine Frage der Selbstachtung einer Gebietskörperschaft. Zu den Finanzausgleichsverhandlungen sagte der Landeshauptmann, diese seien immer einvernehmlich zustande kommen; warum sollte dann diese Einstimmigkeit nicht verankert werden?, fragte er. Dem Bundesrat sollte man als echter Länderkammer die Kompetenzen geben, die er braucht, damit er an wichtigen Fragen wie der Steuerfindung kompetent mitwirken kann.


MATZKA: FLUCHTGEFAHR AUS DEM PARLAMENTARISCH BESCHLOSSENEN BUDGET
Nach Meinung von Manfred Matzka gibt es bei der Budgeterstellung und beim Budgetvollzug die Tendenz, zu einer mittelfristigen Planung, zu Zielvorgaben über mehrere Jahre hinweg, zu mehr Flexibilität und zu Globalbudgetierungen zu kommen. Das ist aus seiner Sicht eine Tendenz, die die Aussagekraft des Budgets schwäche und dazu führen kann, dass die Positionen der Parlamente im Bereich der Budgeterstellung und des –vollzugs geschwächt werden. Die Tendenz zur Flucht aus dem parlamentarisch beschlossenen Budget bestehe auch bei den Ausgliederungen und bei der Auslagerung der Privatwirtschaftsverwaltung. Angesichts dieser Tendenz müsste man sich Gedanken darüber machen, welche neuen Möglichkeiten man den Parlamenten, dem Nationalrat, den Landtagen und den Gemeinderäten, in die Hand gibt, um ausgegliederte Bereiche und längerfristige Planungen effektiv kontrollieren und steuern zu können.

BUSSJÄGER: PRO UND KONTRA STEUERFÖDERALISMUS
Peter Bußjäger, Landtagsdirektor in Vorarlberg, gab zu bedenken, dass eine Zusammenführung von Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung, konsequent umgesetzt, bedeuten würde, den Ländern und Gemeinden die Disposition über einen beträchtlichen Teil der Massensteuern - Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer - zu geben. Wolle man einen solchen konsequenten Steuerföderalismus nicht - Bußjäger zufolge sprechen einige Argumente dagegen -, müsse man den Anteil jeder Gebietskörperschaft an der zur Verfügung stehenden Finanzmasse langfristig absichern. Den Ländern lediglich die Einhebung der Grundsteuer zu übertragen und das als wesentliche Stärkung des Föderalismus zu bezeichnen, ist nach Ansicht von Bußjäger nicht angebracht, ein solcher Schritt hätte seiner Meinung nach auch relativ wenig mit der Zusammenführung von Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung zu tun.


PETROVIC:
NEUE STAATSAUFGABEN NICHT AUS DEM AUGE VERLIEREN!

Landtagsabgeordnete Madeleine Petrovic (G) appellierte an die Mitglieder des Konvents, neuere Teile der österreichischen Rechtsordnung wie Gleichstellung oder Umweltschutz nicht stiefmütterlich zu behandeln, nur weil diese vielleicht nicht so klar formuliert seien wie Materien, die von Anfang an zu den Staatstätigkeiten gehörten. Bei einer Modernisierung des Rechtsgebildes dürfe man auch die neuen Staatsaufgaben nicht aus den Augen verlieren, bekräftigte sie, ebenso wenig dürften sie finanziell ins Hintertreffen geraten.

Als den Grünen zu einseitig qualifizierte Petrovic den Vorschlag, das Prinzip eines ausgeglichenen Haushalts in der Verfassung zu verankern. Ihrer Ansicht nach stellt das eine unnotwendige "Selbstfesselung" der Gebietskörperschaften dar. Stattdessen plädieren die Grünen ihr zufolge für eine Verankerung des Prinzips des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, bei dem die finanziellen Ziele mit Wirtschaftswachstum, Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben, Stabilität des Preisniveaus, Verteilungsgerechtigkeit, insbesondere zwischen den Geschlechtern, und Umweltschutz in Einklang zu bringen seien. Das Prinzip der nachhalten Entwicklung solle, so Petrovic, dem Haushaltsrecht aller Gebietskörperschaften zugrunde liegen. In der Finanzverfassung berücksichtigen will sie außerdem das Prinzip des "Gender Budgeting".

Die nächste Plenarsitzung des Österreich-Konvents ist laut langfristigem Sitzungsplan für 10. September anberaumt, allerdings steht noch nicht fest, ob der Termin auch wahrgenommen wird.
     
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