Linz (lk) - Im Rahmen der Anti-Atom-Offensive des Landes Oberösterreich und der NGOs wurden in den
letzten Jahren zahlreiche rechtliche Schritte gesetzt. Die meisten davon werden in Tschechien durchgeführt,
um alle sich bietenden rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen. Sie beziehen sich vorrangig auf die Parteistellung
in Verfahren, die Atomanlagen betreffen. Das tschechische Atomgesetz schränkt die Rechte der Bürger/innen
zugunsten der Betreiber/innen stark ein, für die gerichtliche Überprüfung von Genehmigungen fehlt
dann die aktive Legitimation. In einigen Fällen wurden bereits alle Instanzen in Tschechien durchlaufen und
entsprechende Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebracht. Die wichtigste
Beschwerde zielt gerade auf die Reform des undemokratischen Atomgesetzes ab.
Grenzüberschreitend reichte das Land Oberösterreich am 31. Juli 2001 eine Unterlassungsklage gegen den
Temelin-Betreiber CEZ ein. Dadurch soll das Unternehmen zur Beseitigung von bekannten Sicherheitsmängeln gerichtlich
gezwungen werden. "Diese Vorgangsweise stellt eine rechtliche Versicherung gegen das Scheitern des Melker-Prozesses
dar", erklärt Umwelt-Landesrat Rudi Anschober. "Leider sind im Rahmen des Melker-Prozesses bis heute
noch keine technischen Maßnahmen zur Behebung von lange bekannten gravierenden Sicherheitsmängeln gesetzt
worden. Die Bundesregierung konnte noch nicht einmal eine offizielle Stellungnahme zu den beiden seit Mai 2003
vorliegenden Expertenberichten durchsetzen".
Laut seiner jüngsten Mitteilung ruft der OGH den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung betreffend
der gerichtlichen Zuständigkeit an. "Nach Klärung dieser wichtigen Frage können die Fakten
zum Stand der Technik in Temelin endlich auf den Tisch gelegt werden," so der Umwelt-Landesrat.
"Diese Rechtsschritte sind neben der umfassenden Informationsarbeit in Tschechien ein wichtiger Teil der Anti-Atomkampagne
Oberösterreichs, um bis zur Neuformulierung des tschechischen Energiekonzeptes Ende 2005 eine Mehrheit in
Tschechien gegen Atomenergie zu erreichen," ist Anschober überzeugt.
"Umfragewerte der letzten Monate haben gezeigt, dass die Informationsarbeit von NGOs und Land durchaus erste
Früchte zeigt und sich die Kritik am Atomkurs in Tschechien deutlich erhöht hat. Die Zahl der AKW-Befürworter
in Tschechien ist im vergangenen Jahr von 56 auf 52% gesunken, in der direkten Umgebung Temelins haben die Atomgegner
mit 53% bereits die Mehrheit."
Darüberhinaus plant Oberösterreich einen raschen Termin bei der neuen Wettbewerbskommissarin Nellie Kroes,
um eine volle Anwendung der EU-Wettbewerbsrichtlinie auf Temelin und Exportstrom aus Temelin einzufordern. Dies
ist nun mit dem tschechischen EU-Beitritt möglich und wäre ein Schlüssel für ein Stoppen von
Temelin.
"Dieses Paket an Maßnahmen - die Stärkung und Unterstützung der Arbeit der Anti-Atom NGOs,
verstärkter politischer und rechtlicher Druck gegen den Temelinbetreiber CEZ, die Einschaltung der EU-Wettbewerbsbehörde
und Initiativen auf Europaebene für einen schrittweisen europäischen Atomausstieg - soll neben der Informationsarbeit
dazu beitragen auch in Tschechien eine raschere Wende in der öffentlichen Meinung gegen Atomenergie herbeizuführen,"
so Anschober abschließend. |