WKÖ schlägt Jahresarbeitszeit-Konto auf Basis der 40-Stunden
Woche vor – 25.000 zusätzliche Arbeitsplätze erwartet
Wien (pwk) - Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist notwendig, damit die Unternehmen saisonale
Schwankungen besser ausgleichen können und Österreichs internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten
bleibt. Deshalb schlagen WKÖ-Präsident Christoph Leitl und Generalsekretärstellvertreter Reinhold
Mitterlehner vor, die tägliche Normalarbeitszeitgrenze von 8 auf 10 Stunden und die Höchstarbeitszeit
von 10 auf 12 Stunden unter grundsätzlicher Beibehaltung der 40-Stunden-Woche gesetzlich anzuheben. "Auf
Basis eines Jahresarbeitszeit-Kontos sollen sich Überstunden in der Hauptsaison mit kürzeren Arbeitszeiten
in auftragssschwächeren Monaten über ein Jahr auf den Wochendurchschnitt von 40 Stunden ausgleichen.
So kann die Arbeitszeit besser an Auftragsschwankungen angepasst, die Produktivität erhöht und die Lohnstückkosten
gesenkt werden. Dies verbessert die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und führt letztlich zu mehr Aufträgen
und damit Arbeitsplätzen", fasst Leitl die Grundidee zusammen. Gerechnet werde mit 25.000 mehr Arbeitsplätzen,
wovon rund 10.000 aus dem Stock der gegenwärtigen Arbeitslosen stammen. Dies würde das AMS um etwa 115
Mio Euro entlasten. Eine stärkere Kapazitätsauslastung würde dazu zu einer Wertschöpfungssteigerung
von 1 Mrd Euro und damit etwa 0,3 bis 0,4 Prozent mehr Wirtschaftswachstum bedeuten.
Da die Notwendigkeit flexiblerer Arbeitszeiten bei Betrieben ohne Betriebsrat und Kollektivvertrag zu einer Unzahl
von individuellen Modellen geführt hat, die sich zuweilen in einer gesetzlichen Grauzone befinden, gelte es
auch auf betrieblicher Ebene verbesserte Regelungskompetenz und Gestaltungsspielräume zu schaffen. "Drei
Viertel der Unternehmen haben keinen Betriebsrat, diese dürfen nicht von legalen Flexibilisierungsmöglichkeiten
ausgeschlossen werden! Das Arbeitszeitgesetz (AZG) soll für alle Unternehmen eine moderne Arbeitszeitgestaltung
unmittelbar auf Betriebsebene ermöglichen", fordert Leitl.
Mitterlehner betont, dass auch die EU-Arbeitszeitrichtlinie weit mehr Flexibilitätsspielräume zulasse
als das enge österreichische AZG ausschöpfe. So etwa bei der Grenze der wöchentlichen Höchstarbeitszeit.
Diese solle laut WKÖ in 26 Wochen (derzeit 12) des Kalenderjahres auf 60 Stunden angehoben werden. Die EU
schreibe vor, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit inklusive Überstunden 48 Stunden nicht überschreiten
darf. Und auch eine Verlegung des Beginns der Wochenendruhe am Samstag von 13 auf 18 Uhr würde positive Gestaltungsspielräume
bei Österreichs Betrieben bringen, ist Mitterlehner überzeugt. Der Anspruch auf eine wöchentliche
Ruhezeit von 36 Stunden würde dadurch nicht geschmälert und die Sonntags-Arbeitsruhe beibehalten.
Mit diesen Flexibilisierungs-Forderungen möchte die WKÖ insbesondere auf zwei aktuelle Trends reagieren:
Erstens könnte damit die Saisonbeschäftigung verlagert und möglicherweise zu einer Ganzjahresbeschäftigung
werden und zweitens den immer stärker werdenden Auftragsschwankungen durch kurzfristige Just-in-time-Aufträge
und -Lieferungen besser entsprochen werden. "Gerade durch zunehmende Konkurrenz aus den neuen EU-Mitgliedstaaten,
die mit flexibleren Arbeitszeiten, geringeren Steuern und Löhnen locken, ist es für unsere Betriebe notwendig,
systematischen Spielraum auf breiter Basis zu schaffen. Flexibilisierung und Entbürokratisierung im Arbeitszeitbereich
ist auch unsere praxistaugliche und konstruktive Antwort auf Diskussionen über Arbeitszeitverlängerung,
Sonntagsarbeit und Feiertagsstreichung", so die WKÖ-Spitze, die Verhandlungen zur Arbeitszeitflexibilisierung
mit der Gewerkschaft noch im September mit einem paritätisch besetzten Expertenteam ankündigt. |