Schiele Landschaften  

erstellt am
09. 09. 04

Wien (leopold museum) - Das Wiener Leopold Museum zeigt vom 17. September 2004 bis 31. Januar 2005 rund 90 Landschafts- und Städtebilder des österreichischen Expressionisten Egon Schiele. Es ist die erste Ausstellung weltweit, die sich ausschließlich den Natur- und Häuserdarstellungen des Künstlers widmet. Als Kurator der Schau stellt sich Sammler und Museumsdirektor Rudolf Leopold der Herausforderung, diese bisher fast unbeachtet gebliebene Facette im Schaffen Egon Schieles zu beleuchten. Rudolf Leopold: "Die meisten kennen natürlich die erotischen Darstellungen und Akte von Egon Schiele. Doch nahezu die Hälfte seiner Gemälde sind Landschaften und Häuser. Wir zeigen Bilder aus Schieles besten Jahren, also aus der Zeit zwischen 1911 bis 1915. In dieser Zeit entwickelt Schiele seine Eigenständigkeit zu einem Höhepunkt." Internationale Museen sowie private Sammler tragen bedeutende Werke zu dieser Präsentation bei. Herausragende Gemälde sind Versinkende Sonne, 1913, Häuserbogen II, 1915 (beide im Besitz des Leopold Museums) und Vier Bäume, 1917 (Österreichische Galerie Belvedere). Gegenwärtig erzielen gerade Werke Egon Schieles bei internationalen Auktionen Sensationspreise.

Rund 35 Leihgeber aus der Schweiz, Deutschland, Spanien und Österreich, darunter zahlreiche Leihgaben aus ansonsten nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Privatkollektionen ermöglichen die Schau. 20 Gemälde sowie 15 Originalgraphiken stammen aus dem Bestand des Leopold Museums selbst. Zudem werden den Arbeiten Schieles rund 20 Gemälde anderer bedeutender Künstler gegenübergestellt - darunter Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff oder Lyonel Feininger.

Die Ausstellung begleitet ein ca. 200 Seiten umfassender Katalog mit Texten von Rudolf Leopold (Prestel, München, deutsch/englisch). Darin werden den Werken Schieles zeitgenössische Fotografien der dargestellten Motive gegenübergestellt, in einigen Fällen lassen sich sogar Foto, Skizze und Werk vergleichen. Ein eigens für die Ausstellung produzierter Film ermöglicht vertiefende Einblicke in die Welt des Künstlers.
Zur Ausstellung

Landschaften gehörten bereits zu den ersten Motiven Egon Schieles. Schon als Kind zeichnet er die Häuserlandschaft von Klosterneuburg vom Fenster seiner Schule aus. 1906 beginnt er sein Studium beim Porträt- und Historienmaler Professor Griepenkerl an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Es entstehen kleinformatige Bilder, zunächst orientiert an impressionistischen Vorbildern. 1907 sucht Schiele die Bekanntschaft Gustav Klimts, eine Zeit lang sein künstlerisches Vorbild. 1909 tritt Schiele aus der Akademie aus und gründet gemeinsam mit Anton Faistauer, Rudolf Kalvach, Franz Wiegele, Albert Paris Gütersloh und Hans Böhler die Neukunstgruppe.
Bereits 1910 findet Schiele zu seiner künstlerischen Selbständigkeit. Die Farbe gewinnt an Eigenständigkeit, die Darstellung wird "Ausdruckskunst" - Expressionismus im eigentlichen Sinne: Die Gemälde werden zu Verkörperungen von Seelenzuständen, der Künstler macht »sein Leiden zum Leiden der Allgemeinheit...« (Rudolf Leopold, Egon Schiele, S. 76.)

1911 gewinnt das Malerische, Visionäre an Bedeutung (Tote Stadt III, 1911, Rabenlandschaft, 1911). Mit seiner Lebensgefährtin Wally Neuzil übersiedelt Schiele in die südböhmische Kleinstadt Krumau (heute: Ceský Krumlov). Ihre "wilde Ehe" und die Tatsache, dass Schiele auch sehr junge Krumauer Mädchen zu Aktstudien heranzieht, stößt auf Widerstand. In der Folge zieht Schiele mit Wally ins niederösterreichische Neulengbach; in einem wahren Schaffensrausch entstehen zahlreiche bedeutende Gemälde, darunter wichtige Landschaften wie Kahle Bäume, Tote Stadt VI, Kalvarienberg oder Herbstbaum in bewegter Luft. Im Herbst 1912 bezieht Schiele ein neues Atelier in Wien und arbeitet bei der Familie Lederer in Györ (Die Brücke, 1913). 1913 entstehen Die kleine Stadt II und Versinkende Sonne sowie Bilder der Kleinstadt Stein an der Donau.

1914/15 malt Schiele - erneut in Krumau - die großen Häuserbilder. Das Besondere dieser Natur-, Landschafts- und Städtebilder liegt in der Überwindung der topographischen Reportage durch die Verbindung von formaler Gestaltung und symbolischem Gehalt. Häuser werden zu Gesichtern, Landschaften zu Stimmungen der Seele. Gleichzeitig werden die architektonischen und landschaftlichen Motive in ihre geometrischen Grundformen zerlegt. Das Motiv der zum Trocknen aufgehängten Wäsche (Hauswand am Fluss, 1915) bleibt einziges Indiz des Menschen in den sonst unbelebten Naturausschnitten.

1916 kommt es zu weiteren stilistischen Veränderungen. Die Farben werden nun schwächer (Zerfallende Mühle (Bergmühle), 1916), die Zeichnung manierierter, eine formale Beruhigung tritt ein. Eine stärkere Körperlichkeit prägt die Bilder, einzelne Motive werden neu interpretiert (vgl. Häuserbogen, Haus am Fluss). In den darauffolgenden Jahren - den beiden letzten seines Lebens - entstehen hauptsächlich Porträts. Eines der letzten Landschaftsbilder ist Schieles Vier Bäume aus dem Jahr 1917.
     
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