Pensionsharmonisierung  

erstellt am
08. 09. 04

 Schüssel: Pensionsharmonisierung ist Meilenstein der Sozialpolitik
Wien (bpd) - Bundeskanzler Schüssel stellte am Dienstag (07. 09.) im Pressefoyer gemeinsam mit Vizekanzler Hubert Gorbach, den Bundesministern Martin Bartenstein und Herbert Haupt, sowie Staatssekretärin Ursula Haubner den Begutachtungsentwurf für die Pensionsharmonisierung vor. Dieser wird heute ausgesendet und soll mit 1.1.2005 in Kraft treten. Schüssel. "Damit sind wir das erste und einzige Land in der Europäischen Union, das eine tatsächliche Gleichstellung aller Pensionssysteme haben wird. Es hat sich gelohnt, alle Anstrengungen zu unternehmen, um diesen Meilenstein in der Sozialpolitik sozial gerecht und vorsichtig so zu setzen, dass wirklich auch die kommenden Generationen eine echte Perspektive haben. Die Pensionsharmonisierung ist eines der komplexesten und schwierigsten Projekte, die es überhaupt in dieser Legislaturperiode gibt." Bundeskanzler Schüssel dankte ausdrücklich den Arbeitnehmervertretern, Experten und Klubobleuten für deren konstruktive Mitarbeit bei den mehrmonatigen Verhandlungen.

Mit der Harmonisierung wird erstmals ein einheitliches System für die nächsten Jahrzehnte geschaffen, das alle unter 50jährigen in ein neues gemeinsames Pensionssystem einbezieht und die Pensionen für die heute jungen Menschen sicherstellt.

Alle, die 45 Jahre im Erwerbsleben stehen und 65 Jahre alt sind, werden 80% ihres Durchschnittseinkommens als Pension erhalten. Mit dieser Formel ist sichergestellt, dass das Pensionssystem nachhaltig finanziert werden kann und so sowohl den aktiven Arbeitnehmern und auch den Pensionisten einen hohen Lebensstandard sichert.

Es geht um gerechte Lösungen, die alle Berufsgruppen einbeziehen (Beamte, Bauern, Politiker, Selbständige, Arbeiter und Angestellte). Deshalb sind sowohl die besonderen Bedingungen der Arbeitswelt und jene von Frauen berücksichtigt.

In den vergangenen Tagen wurde der Juli-Vorschlag für die Begutachtung präzisiert, und zwar in folgenden Bereichen:

1.) bei Personen, die schon lange versichert sind:
um möglichst große Rechtssicherheit zu bieten, gilt das neue harmonisierte Modell für alle unter 50Jährigen. Damit ist der Vertrauensschutz voll gewährleistet. Der Judikatur des VfGH wird Rechnung getragen.

2.) bei Personen mit langen Erwerbskarrieren:
Frauen mit 40 Beitragsjahren und Männer mit 45 Beitragsjahren können bis 2010 mit 55 bzw. 60 Jahren in Pension gehen. Kindererziehungszeiten werden bis zu 60 Monate, Präsenz- und Zivildienstzeiten bis zu 30 Monate angerechnet.

Mit der Pensionsreform 2003 wurde eine Deckelung der maximalen Verluste von 10 % eingeführt. Dieser Deckel wird auf 5 % gesenkt, daher wirken sich bis 2010 die Abschläge aus dem früheren Pensionsantritt für Langzeitversicherte nicht aus. Als zusätzliche Absicherung werden bis 2007 für diese Gruppe die Abschläge aus der Frühpension ausgesetzt.

3.) bei Personen die über einen erheblichen Teil ihres Berufslebens Schwerarbeit verrichtet haben: für Schwerstarbeit gilt ein besonders begünstigter Abschlag von 2,1 % (statt 4,2% für andere), der bei 40 Jahren auf 0,85% sinkt. D.h. er sinkt pro Jahr um 0,05%. Dadurch wird lange Schwerarbeit besser berücksichtigt.

 

 Bures: Vollkommenes ÖVP-Durcheinander in Sachen Harmonisierung
Wien (sk) - "Trotz der ungeheuer sensiblen Problematik, die tief in die Lebensplanung der Menschein eingreift, schafft es die ÖVP, im Tagesrhythmus in Sachen Pensionsharmonisierung mit immer neuen Interpretationen die Österreicherinnen und Österreicher zu verwirren", kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures die jüngsten Aussagen von ÖVP-Sozialsprecher Tancsits zu diesem Thema. "Schön langsam könnte man hinter dem Verwirrspiel der ÖVP übles System vermuten", so Bures am Dienstag (07. 09.) gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.

Bekanntlich haben sowohl Bildungsministerin Gehrer als auch ÖVP-Nationalratspräsident Khol ihre Zustimmung zum "45 Jahre sind genug"-Beschluss des ÖAAB damit begründet, dass hier "Arbeitsjahre" gemeint seien. Der Kanzler erklärte dann in der Vorwoche, es würde ohnehin nicht mehr zwischen Ersatz- und Beitragszeiten unterschieden und der ÖVP-Sozialsprecher wiederum meint im heutigen "Standard", dass auch Ersatzzeiten eingerechnet werden. "Das alles ist ein ebenso unglaubliches wie unwürdiges Schauspiel einer Regierungspartei", bemängelte Bures. "Wenn Schüssel seine Partei und die Regierung nicht mehr unter Kontrolle hat, dann soll er die Konsequenzen ziehen." Denn ein weiteres "Tarnen und Täuschen" seitens der ÖVP sei der österreichischen Bevölkerung nicht mehr zumutbar. "Alles, was Schüssel bislang im Bereich der Alterssicherung eingefallen ist, sind unfaire Pensionskürzungen und marktschreierische Etikettenschwindel. Ein wirklich modernes und einheitliches Pensionsrecht für alle ist von diesem Kanzler und seiner Regierung ohnehin nicht mehr zu erwarten", schloss die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin.

 

 Dolinschek: Regierung setzt Pensionsharmonisierung um
Wien (fpd) - Die heutige Kritik der Opposition im Zusammenhang mit der Pensionsharmonisierung gehe völlig ins Leere. "Die Sozialisten haben in dreißig Jahren Regierungsverantwortung weder Verbesserungen für Schwerarbeiter noch für Langzeitversicherte erreicht", so FPÖ-Sozialsprecher Sigisbert Dolinschek.

Das nicht locker lassen und hartnäckige Verhandeln der Freiheitlichen habe zu diesem guten Ergebnis geführt. Mit der heutigen Einigung zur Harmonisierung der Pensionssysteme schaffen die Regierungsparteien FPÖ und ÖVP erstmals ein einheitliches Pensionssystem für die nächsten Jahrzehnte, zeigte Dolinschek hocherfreut. "Es ist ein zukunftssicheres Modell, das alle unter 50 Jährigen in ein neues gemeinsames Pensionssystem einbezieht und die Pensionen für die heute Jugendlichen sicherstellt."

Um ein einheitliches Pensionssystem zu schaffen, war es notwendig, eine tiefgehende und sehr breite Diskussion zu führen. Die soziaverträglich gestaltete Umstellungsphase ermöglicht es Frauen mit 40 Beitragsjahren und Männern mit 45 Beitragsjahren bis 2010 mit 55 bzw. 60 Jahren in Pension zu gehen. Kindererziehungszeiten werden bis zu 60 Monate, Präsenz- und Zivildienstzeiten bis zu 30 Monate angerechnet. Durch die Halbierung des Verlustdeckels von 10 auf 5 Prozent wirken sich die Abschläge aus dem früheren Pensionsantritt nicht aus. Für Schwerarbeit wird pro Jahr in dieser Tätigkeit ein Anspruch auf drei Monate früheren Ruhestandsantritt geschaffen. "Nach 15 Schwerarbeitsjahren wird pro Jahr in dieser Tätigkeit ein Anspruch von drei Monaten früheren Ruhestands ermöglicht", so Dolinschek. Für 15 Jahre Schwerarbeit gilt ein besonders begünstigter Abschlag von 2,1 Prozent, der pro Jahr weiterer Schwerarbeit um 0,05 Prozent sinkt.

Ein einheitliches Pensionssystem für alle, Fairness zwischen den Berufsgruppen, Sicherheit für erworbene Ansprüche, Verbesserungen der Eigenpension für Frauen, Anerkennung besonderer Erschwernisse der Arbeitswelt sowie eine Verbesserung für Langzeitversicherte, fasste der freiheitliche Sozialsprecher die Eckpunkte des Begutachtungsentwurfes abschließend zusammen.

 

Pension ist für Öllinger ein Stückwerk
Wien (grüne) - Enttäuscht zeigt sich der Sozialsprecher der Grünen Karl Öllinger über die ersten bekannt gewordenen Details der Pensionsharmonisierung von ÖVP und FPÖ. Es handle sich um ein "Stückwerk". Als "fast schon absurd" wertete Öllinger gegenüber der APA die Schwerarbeiterregelung. "Da wird ein Modell präsentiert, und dann fehlt offensichtlich immer noch die Definition von Schwerarbeit."

Insgesamt meint Öllinger, dass sich die ÖVP wieder einmal gegen die FPÖ durchgesetzt haben dürfte. Er kritisierte ferner, dass nicht die Stichtagsregelung komme, sondern die Harmonisierung für unter 50-jährige. "Aber eigentlich haben wir nicht viel mehr erwartet."
     
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