Brüssel (eu-int) - Die Europäische Kommission möchte dafür sorgen, dass Verbraucher
mehr Auswahl und ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis beim Kauf von „sichtbaren“ Autoersatzteilen wie Motorhauben,
Stoßstangen, Türen, Scheinwerfern, Heckschutzelementen, Windschutzscheiben und Kotflügeln erhalten.
Sie hat daher eine Änderung der Richtlinie 98/71 über den Schutz von Mustern und Modellen (Geschmacksmusterrichtlinie)
vorgeschlagen, die dazu führen würde, dass die Mitgliedstaaten den Geschmacksmusterschutz für Autoersatzteile
nicht mehr aufrechterhalten können. Damit würde der gesamte EU-Markt für sichtbare Ersatzteile,
der auf ca. 10 Milliarden € jährlich veranschlagt wird, für unabhängige Ersatzteilhersteller geöffnet,
d. h. für solche, die keine Verbindung zu den Fahrzeugherstellern haben. Nach Schätzungen der Kommission
sind die betreffenden Ersatzteile in Mitgliedstaaten, in denen sie dem Geschmacksmusterschutz unterliegen, 6 %-10%
teurer. Nicht sichtbare Elemente wie Motor- oder Getriebeteile sind von dem Vorschlag ebenso wenig betroffen wie
Teile von Neufahrzeugen.
Dazu Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein: „Unser Vorschlag ist ausgewogen, denn er trägt den Interessen
der Automobilhersteller, der Ersatzteilproduzenten, der Verbraucher und der Versicherer Rechnung. In manchen Mitgliedstaaten
können Sie Pkw-Außenteile nur vom Fahrzeughersteller beziehen. Das ist ungerechtfertigt und wettbewerbsfeindlich.
Der Käufer hat für die gesamte Lebensdauer seines Fahrzeugs Anspruch auf ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Unser Vorschlag wird dazu beitragen, dass er zu seinem Recht kommt. Der Vorschlag ergänzt die erfolgreichen
Maßnahmen der Kommission zur Öffnung des Kfz-Handels.“
Automobilhersteller und ihre Zulieferer haben eine beträchtliche Monopolmacht auf dem Markt für sichtbare
Ersatzteile, weil der Geschmacksmusterschutz ihnen in vielen Mitgliedstaaten ermöglicht, Dritten die Herstellung
dieser Teile zu verbieten. Sichtbare Ersatzteile lassen sich nur verkaufen, wenn sie genauso aussehen wie das Original.
Wenn diese Erscheinungsform aber nicht kopiert werden darf, bleibt unabhängigen Ersatzteilherstellern der
Markt verschlossen.
Die unterschiedlichen Vorschriften innerhalb der Union erweisen sich für die Unternehmen, insbesondere für
mittelständische Firmen, als sehr aufwändig. In vielen Mitgliedstaaten werden unabhängige Ersatzteilhersteller
nach wie vor vom Markt für sichtbare Ersatzteile ferngehalten. Sie kommen daher Schätzungen zufolge EU-weit
nur auf einen Marktanteil von 12% bis 15%. Darüber hinaus existieren noch immer Handelsschranken im Binnenmarkt:
Ersatzteilhersteller können ihre Erzeugnisse in einigen Mitgliedstaaten rechtmäßig verkaufen, in
anderen hingegen nicht.
Um das Problem aus der Welt zu schaffen, schlägt die Kommission vor, eine „Reparaturklausel“ in Richtlinie
98/71 aufzunehmen, die bewirkt, dass sichtbare Autoersatzteile für Reparaturzwecke und zur Wiederherstellung
des ursprünglichen Erscheinungsbilds des Fahrzeugs EU-weit auch von unabhängigen Herstellern gefertigt
und vertrieben werden dürfen.
Der Geschmacksmusterschutz bezieht sich nur auf die Erscheinungsform des Produkts. Sicherheit oder Qualität
von Ersatzteilen würden von dem Vorschlag also nicht berührt. Die Sicherheitsanforderungen sind in anderen
gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Vorschriften festgelegt. Sie setzen Mindeststandards für alle Ersatzteile
und müssen auch künftig von allen Produzenten eingehalten werden.
Im Übrigen lässt der Vorschlag das ausschließliche Recht der Automobilhersteller zur Nutzung von
Geschmacksmustern für die Produktion und den Verkauf von Neuwagen unangetastet. Das reicht aus, um ihre Investitionen
in das Design zu vergüten und einen starken Innovationsanreiz aufrechtzuerhalten, sprich: die Fahrzeughersteller
werden sich auch weiterhin um ein attraktives Design bemühen, einfach weil es eine wichtige Rolle bei der
Kaufentscheidung spielt. |