Witten/Herdecke (universität) - An der Fakultät für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde werden
statt Dinosauriern Kiefer- und Zahnstrukturen und ihre Krankheiten begreifbar Spielbergs Filme wie z.B. Jurrassic
Park haben ein Millionenpublikum begeistert, besonders wegen der realistischen und gelungenen Animationen der Dinosaurier.
Wie inzwischen in der Filmbranche üblich, erweckte Spielberg die Urweltgiganten über 3D-Computer- rekonstruktionen
zu neuem Leben – mit dem gleichen Verfahren, das man für die zahnmedizinische Forschung auch in der Fakultät
für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde der Universität Witten/Herdecke einsetzt - ein Novum. Verantwortlich
dafür ist Prof. Dr. Wolfgang H. Arnold, Lehrstuhlinhaber für Anatomie. Er hat die Methode der Computer
gestützten 3D-Rekonstruktion ursprünglich von einem Forschungsaufenthalt (Allgemeine Anatomie) mit nach
Deutschland gebracht und hier in den letzten Jahren perfektioniert.
Für eine feingewebliche Untersuchung werden normalerweise hauchdünne Gewebeschnitte mit eine Dicke von
5 µm (5 tausendstel mm) angefertigt und im Mikroskop betrachtet. Diese Schnitte liefern jedoch nur ein zweidimensionales
Bild der zu untersuchenden Strukturen. Um eine wirklich realistische Vorstellung unterschiedlicher Gewebestrukturen
oder gar Zellverbände zu erhalten, müssen diese jedoch dreidimensional rekonstruiert werden. Dazu werden
die einzelnen Schnitte fotografiert, in den Computer importiert und dort der Reihe nach übereinander gestapelt
(manchmal bis zu 1.200 einzelne Schnitte). Die zu erfassenden unterschiedlichen Gewebe werden anschließend
digitalisiert und zu einem dreidimensionalen Netz verbunden. Diese Netze können nun in einem Animationsprogramm
bearbeitet werden und die zu untersuchenden Gewebe in ihrer räumlichen Beziehung dargestellt werden. Man erhält
auf diese Weise ein sehr realistisches Bild der dreidimensionalen Anordnung einzelner Strukturen in der zu untersuchenden
Probe. Durch die Animation kann die Rekonstruktion beliebig im Raum gedreht und betrachtet werden.
Die Methode der Computer gestützen 3D-Rekonstruktion wird in zahlreichen Forschungsprojekten an der Fakultät
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Witten/Herdecke eingesetzt. Zum einen hat man sich
in den letzten Jahren sehr intensiv mit der dreidimensionalen Struktur unterschiedlicher Kariesformen und deren
Ausbreitung im Zahn auseinandergesetzt. Dabei zeigte sich, dass die Karies an verschiedenen Stellen im Zahn sich
unterschiedlich ausbreitet, was Konsequenzen für die Therapie hat. Zum anderen wurden mehrere menschliche
Embryos mit schweren Fehlbildungen des Kopfes untersucht, um Genaueres über die Struktur der Fehlbildungen
und der beteiligten Gewebe zu erfahren. So wurden Embryos mit Lippen-, Kiefer- Gaumenspalten (die häufigste
Fehlbildung im Kopfbereich) und Embryos mit nur einer Gehirnanlage (anstelle normalerweise zwei Gehirnanlagen)
untersucht und rekonstruiert. Auf Grund dieser Untersuchungen konnten neue Erkenntnisse über die Bildung der
Schädelknochen und der angrenzenden Weichteile gewonnen werden. |