Josef Cap in der ORF-Pressestunde  

erstellt am
27. 09. 04

 Cap: Kein EU-Beitritt der Türkei, sondern EWR-ähnliche Partnerschaft
Wien (sk) - "Es sollen keine Verhandlungen mit der Perspektive Beitritt aufgenommen werden, sondern mit einer Perspektive einer EWR-ähnlichen, speziellen Partnerschaft mit der Türkei", so gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap am Sonntag (26. 09.) in der Pressestunde zur Frage des EU-Beitritts der Türkei. Die EU sei nicht bereit für einen Beitritt der Türkei, und ein solcher würde das Projekt eines sozialen und politischen Europas gefährden. Ein weiteres Thema war die Bildungspolitik in der sich Cap für europäische "Universitäten für Hochbegabte" aussprach.

Cap erklärte einleitend, dass er in der Frage des EU-Beitritts der Türkei auch die Position des Parteivorsitzenden vertrete. Die Position Schüssels, Verhandlungen aufzunehmen, die nicht unbedingt zu einem Beitritt führen müssten, sei ihm zu wenig, so Cap. "Es sollten Verhandlungen aufgenommen werden, die einen Beitritt ausschließen", hielt Cap fest. Grund dafür sei, dass weder die Europäische Union, noch die Türkei für einen solchen Beitritt ausreichend vorbereitet seien. In diesem Zusammenhang teilt Cap die Position des EU-Kommissars Franz Fischler und verwies auf die enormen Kosten im Agrarsektor, die ein Beitritt mit sich bringen würde.

"Ich bin dafür einen Verhandlungsprozess mit der Perspektive einer EWR-ähnlichen, speziellen Partnerschaft mit der Türkei zu beginnen", so Cap. Besondere Kooperationen im Bereich der Sicherheit und des Kampfes gegen den Terror wären hier möglich. Es werde auch im Parlament einen Antrag der SPÖ geben, der den Bundeskanzler binden solle beim Europäischen Rat im Dezember für Verhandlungen ohne Beitrittsperspektive einzutreten.

Die unterschiedlichen Positionen zur Frage des EU-Beitritts in verschiedenen Ländern der Europäischen Union erklärte Cap als Folge der unterschiedlichen Meinungen über das zukünftige Modell der EU. So wollen beispielsweise die Briten nur einen "losen Zollverein" und kein "größtmöglich demokratisches, selbstbewusstes Europa, dass sich gegen die USA behaupten kann und den Herausforderungen aus China und dem asiatischen Raum gewachsen ist", so Cap. Andere Stimmen innerhalb der Union seien für den Beitritt der Türkei, weil ein solcher und dessen Folgen den Weg zu einer EU mit einem "Kerneuropa" ermöglichen würden.

Auf die Einwände, dass der Türkei seit Jahrzehnten ein Beitritt in Aussicht gestellt werde und die Türkei seit 1999 offizieller Beitrittskandidat sei antworte Cap, dass die Entscheidung 1999 ein Fehler gewesen sei und man die Politik heute bestimmen müsse. "Jetzt ist Mut in der Politik gefragt", so der SPÖ-Klubobmann, der weiters kritisierte, dass die Diskussion in einem sehr elitären Zirkel besprochen werde. Die Bürgerinnen und Bürger, aber auch viele in der Politik Tätige seien in die Debatte nicht eingebunden. "Da braucht man sich nicht wundern, wenn die Skepsis gegenüber der Europäischen Union so groß ist", so Cap.

Cap forderte auch ein sehr verantwortungsvolles Vorgehen in dieser Frage. Nötig sei eine wirkliche Diskussion und ein echtes Prüfen der Überlegungen und keine Politik der Sachzwänge. "Ich lehne diese Art und Weise der Politik, die Politik fast wie ein Naturgesetz versteht, ab", so Cap. Das Argument, dass ein Verhandlungsprozess auch lange Zeit brauchen könnte bezeichnete Cap als unseriös.

Europäische "Universitäten für Hochbegabte" als Antwort auf Braindrain nach Amerika
Zum Vorschlag der Bildungsministerin die Landes- und Bezirksschulräte abzuschaffen hielt Cap fest, dass es Doppelstrukturen gebe und Reformbedarf bestehe. "Wir gehen mit offenem Herzen an diese Frage heran", so Cap, der aber betonte, dass man angesichts der Entwicklung seit 2000 vorsichtig sei, weil sich gezeigt habe, dass immer über neue Strukturen diskutiert werde und am Ende eine Dominanz der ÖVP herauskomme.

Den Vorschlag europäischer Eliteunis bezeichnete Cap als gut, da es eine mögliche Antwort auf das Problem der massiven Abwanderung hervorragender europäischer Forscher in die USA sein könnte. "Mir wäre aber der Begriff 'Universität für Hochbegabte' lieber", so Cap. Diese Universitäten, von denen man sich zehn bis fünfzehn in ganz Europa vorstellen könne, seien sehr kostenintensiv. Deshalb seien Studiengebühren für diese Universitäten auch vorstellbar, allerdings nur in Kombination mit einem sehr guten Stipendienmodell. "Wir wollen eine Gesellschaft der Chancengleichheit, weil wir dem Leistungsprinzip, besonders in dieser Frage, viel abgewinnen können", führte Cap aus.

Zur Frage, ob man Zeugnisnoten in den Volksschulen abschaffen sollte, hielt Cap fest, dass man hier ein Modell erarbeiten solle, welches man dann genau prüfen werde. Warum man aber in der Volksschule Zeugnisnoten brauche sei nicht verständlich, so Cap abschließend.

Cap kritisierte auch die Regierungspläne zum Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Der Verfassungsgerichtshof habe die Struktur "zurecht aufgehoben, "und jetzt gibt es einen Vorschlag, bei dem sich ÖVP und FPÖ offenbar zusammengesetzt und nachgedacht haben, wie kann man über diesen Bereich der Sozialversicherung politischen Einfluss gewinnen". Herausgekommen sei eine "ÖVP-Postenagentur"; "an den Patienten denkt man zuletzt".

Im Gesundheitsbereich gebe es viele Aufgaben zu bewältigen, Prävention, geriatrische Versorgung, Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, in all diesen Bereichen wünsche man sich beste Behandlung. "Das sind die Ziele, um die es geht." Die allgemeinen Selbstbehalte aber würden nur zu einer Zwei-Klassen-Medizin führen, hochklassige Medizin kommt dann nicht mehr allen zugute. Für Cap ist eine etwaige Anhebung der Beiträge nur als allerletzte Maßnahme nach einer Reihe von Einsparungen im strukturellen Bereich sowie strengerem Vorgehen bei Unternehmen, die ihre Beschäftigten nicht bei der Kasse anmelden, vorstellbar.

Beim Thema Pensionen erklärte Cap, dass die Voraussetzung für eine Zustimmung zur Pensionsreform 2004 die Aufhebung und Neuverhandlung der "Pensionskürzungsbeschlüsse 2003" war. Von einer Order der SPÖ, die Verhandlungen abzubrechen, könne nicht gesprochen werden. "Der ÖGB lässt sich nichts vorschreiben." Bis zuletzt wurde ernsthaft verhandelt. Die Idee eines Pensionskontos sei beispielsweise ein ÖGB-Vorschlag gewesen, so Cap, "allerdings leistungs- und nicht beitragsorientiert". Cap erneuerte weiters seine Kritik an der Nicht-Einbindung der Oppositionsparteien in die Pensionsverhandlungen und betonte, dass die SPÖ ein eigenes Modell vorgelegt habe.

Bei den Frauenpensionen gibt es ebenfalls Grund zur Kritik - Frauen sind aufgrund ihres spezifischen Erwerbsverlaufs benachteiligt. Die SPÖ will, dass bei der Teilzeitarbeit von Frauen bis zum Schuleintritt des Kindes (7. Lebensjahr) die Teilzeit als Vollzeiterwerbstätigkeit am Pensionskonto berücksichtigt wird sowie eine bessere Bewertung der Kindererziehungszeiten. "Wir haben den Pensionsplänen der Regierung mit guten inhaltlichen Gründen nicht zugestimmt", betonte Cap.

Zum Thema Wirtschaft erklärte Cap: "Für uns ist das Wichtigste, dass es wieder ausreichend Wirtschaftswachstum gibt." Derzeit stehe Österreich nicht gut da, die Realeinkommen sinken, das Budgetdefizit droht immer mehr zu wachsen und Finanzminister Grasser sucht eine Mrd. Euro.

Cap hält, die richtigen Maßnahmen vorausgesetzt, drei Prozent Wirtschaftswachstum für realistisch. Durch Infrastrukturmaßnahmen sollen Arbeitsplätze geschaffen und KMUs gefördert werden - wichtig sei auch ein Handlungsspielraum im Budget, den es derzeit nicht gibt. Stattdessen, so eine Zwischenbemerkung Caps, werden schadhafte Eurofighter angeschafft.

In der Frage der ÖIAG kritisierte Cap, "die Art und Weise, wie man mit österreichischem Eigentum umgeht". In Sachen Telekom verlangte Cap angesichts der Umstände des geplatzten Swisscom-Deals neuerlich einen Untersuchungs-Ausschuss. "Die Telekom ist ins Gerede gekommen, eine Massenspekulation ist ausgebrochen, wie die Informationen durchgesickert sind, weiß man nicht - das ist ein Skandal sondergleichen!" Bei wichtigen Unternehmen müsse die Republik als Kernaktionär weiter vertreten sein: "Das wäre für die österreichische Volkswirtschaft doch das Klügste."

Der SPÖ-Parteitag im November werde ein sehr inhaltlicher sein: Wirtschafts- und Bildungsprogramm werden beschlossen. Parteichef Alfred Gusenbauer wird Spitzenkandidat für die nächste Nationalratswahl. Er genieße die Unterstützung aller Landesorganisationen, so Cap. Das immer wieder kehrende Gerücht, wonach Medien-Manager Gerhard Zeiler Kanzlerwünsche habe, beantwortet der Klubchef launig damit, dass er Gerüchte höre, dass mittlerweile die ÖVP Zeiler als Spitzenkandidaten einsetzen wolle.

 

 Molterer: Cap hat bewiesen, dass die SPÖ nicht weiß was sie will
Wien (övp-pk) - "Egal ob es um die Frage der Türkei, die Bildungs-, Wirtschafts- und Gesundheitspolitik oder die Pensionsharmonisierung geht, Josef Cap hat auch diesmal eindrucksvoll bewiesen, dass die SPÖ nicht weiß was sie will", sagte ÖVP-Klubobmann Abg.z.NR Mag. Wilhelm Molterer am Sonntag (26. 09.) zu den Aussagen des SPÖ-Klubobmanns in der ORF-"Pressestunde"

Molterer hielt fest, dass Cap bei der Diskussion um die Verhandlungen mit der Türkei "sein wahres Gesicht gezeigt hat, Entscheidungen der EU-Kommission einfach vorgreift und in alter SPÖ-Manier die Ausgrenzungspolitik fortsetzt". Bevor man urteile, sollte man schon den Bericht der EU-Kommission abwarten, und dann entscheiden, ob und in welcher Form Verhandlungen geführt werden sollen.

Auch die "bildungspolitische Geisterfahrt des Herrn Cap" gibt dem ÖVP-Klubobmann zu denken. Die Forderung von Gusenbauer und Cap, Noten in den Volksschulen abzuschaffen, und die forcierte Schaffung von Elite-Unis samt Einhebung von Studiengebühren, stünden im krassen Gegensatz zu den sonst üblichen Parolen der Opposition. "Der Rekord bei Studienanfängern widerlegt diese Angstmache nach dem Motto 'Hauptsache dagegen' in eindrucksvoller Art und Weise", so Molterer.

Einen Weitern Beweis für das "heillose Durcheinander in der SPÖ" ortet Molterer in der Frage der Harmonisierung. "Cap spricht zwar davon, für eine Harmonisierung zu sein, aber wenn es darauf ankommt und darum geht, Verantwortung für kommende Generationen zu übernehmen, wird schnell ein Rückzieher gemacht. Unter Vorhaltung fadenscheiniger Argumente wird die Schuld für das Scheitern der Gespräche zwischen Regierung und Sozialpartnern schnell allen anderen in die Schuhe geschoben", so Molterer.

Abschließend hielt der ÖVP-Klubobmann fest, das Cap auch in wirtschaftspolitischen Fragen "selbst den roten Faden seiner Partei verloren hat." Nach der Ankündigung von Sparbuchsteuer, Belastungen für Häuselbauer und hektischem Rückruderversuch Gusenbauers, herrsche in der SPÖ auch in dieser Frage Verwirrung. 

 

 Scheibner: Ein eingelerntes Standardreferat und ein Mappenwissen
Wien (fpd) - "Außer ein eingelerntes Standardreferat und ein Mappenwissen hat der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Cap keinerlei glaubwürdige Konzepte für die Zukunft Österreich präsentiert. Es war mehr eine Schwimmstunde von Cap und manifestierte ganz klar die inhaltliche Orientierungslosigkeit der Sozialisten", meinte FPÖ-Klubobmann Abg. Herbert Scheibner zur ORF-Pressestunde mit SP-Cap.

Daß ein dreiprozentiges Wirtschaftswachstum laut Cap auf dem Prinzip Hoffnung basiere, sei nur symptomatisch dafür, wie sich die SPÖ derzeit präsentiere. "Es gibt bei der SPÖ seit langem keine Reformansätze wie man aus der Sicht der SPÖ in Österreich mehr Arbeitsplätze schaffen oder den Wirtschaftsstandort Österreich garantieren kann", sagte Scheibner.

Auch in der Europapolitik schwenke die SPÖ nun mit zehn Jahren Verspätung auf die freiheitliche Linie ein. ""Offensichtlich haben sich die Sozialdemokraten endlich dazu durchgerungen, auch die jahrelange klare freiheitliche Position "Nein zum Vollbeitritt der Türkei" zu unterstützen. Die Türkei ist sicher ein wichtiges Partnerland für Europa. Man muß aber der türkischen Regierung signalisieren, daß es andere Wege gibt, diese Partnerschaft zu pflegen und zu entwickeln, als durch eine EU-Vollmitgliedschaft", wiederholte Scheibner den Standpunkt der FPÖ zur Türkei.

"Der Vergleich macht auch nach dieser Pressestunde einmal mehr sicher: Die SPÖ ist nach wie vor ohne Konzepte für die Zukunft Österreichs. Diese Bundesregierung hingegen, hat mit der Steuerreform, mit der Pensionsharmonisierung oder mit der Wirtschaftspolitik gezeigt, daß FPÖ und ÖVP gut für dieses Land arbeiten", schloß Scheibner.

 

 Für EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
Wien (apa) - Die Grünen treten für Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei ein. Darauf hat sich der Erweiterte Bundesvorstand bei einer Sitzung in Salzburg am Samstag (25. 09.) festgelegt, wie die außenpolitische Sprecherin Ulrike Lunacek der APA berichtete. Die Entscheidung fiel "mit großer Mehrheit". Bedingung der Grünen ist, dass der Kommissions-Bericht der EU den Verhandlungen nicht entgegensteht und diese lediglich einen offenen Prozess einleiten: "Einen Automatismus gibt es nicht", will sich Lunacek nicht voreilig auf ein Ja zur türkischen EU-Mitgliedschaft festlegen.

Als einen Hauptgrund für die Grüne Zustimmung zu Verhandlungen nennt die außenpolitische Sprecherin, dass die Türkei schon immer eine Brückenfunktion zwischen Europa und Asien innegehabt habe und man ihr die europäische Perspektive nicht verwehren dürfe. Außerdem handle es sich bei der Einladung zu Verhandlungen um ein Zeichen an die islamische Welt.

Ebenfalls für die Beitritts-Gespräche spricht laut Lunacek, dass die in der Türkei eingeleiteten Reformen auf diesem Weg unterstützt werden könnten. Ansonsten könnte der Prozess verzögert oder sogar rückgängig gemacht werden, befürchtet die Grün-Abgeordnete.

Klar ist für Lunacek, dass durch die Türkei-Gespräche der Integrations-Prozess bezüglich der südosteuropäischen Staaten nicht verzögert werden dürfe. Für die Grünen sei notwendig, dass dieser spätestens gleichzeitig abgeschlossen sein müsse. Auch dürften die Beitrittsverhandlungen die Vertiefung der Beziehungen der jetzt schon in der Union befindlichen Staaten nicht behindern.

Kritik seitens der Grün-Mandatarin kommt an der Bundesregierung und deren Verhalten in Sachen Türkei-Beitritt, "weil sie nicht Position bezieht und die Bevölkerung auch ohne Informationen lässt". Dass nicht einmal Kanzler Wolfgang Schüssel (V) sich klar äußere, sei ein "Armutszeugnis". Es verwundere sie daher nicht, dass die Bevölkerung immer mehr Verdrossenheit gegenüber der Politik im Allgemeinen und der Europapolitik im Besonderen zeige.
       
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