Einsatz von Videotechnologie bei Zeugeneinvernahmen; Datenschutz, anwaltliches Berufsrecht werden
modifiziert, Verfahrenshilfe-Richtlinie umgesetzt.
Wien (bmj) - Die Bundesministerin für Justiz, Karin Miklautsch, präsentierte dem Ministerrat
den Entwurf zur Zivilverfahrens-Novelle 2004. Er enthält neben dem Einsatz von Videotechnologie bei Zeugeneinvernahmen
in erster Linie Bestimmungen zur Umsetzung der Verfahrenshilfe-Richtlinie sowie die Anpassung verschiedener Justizgesetze
an die Vorgaben des Datenschutzgesetzes.
1. Videotechnologie bei Zeugeneinvernahmen
Mit den neuen modernen Bestimmungen über den Einsatz von Videotechnologie werden Zeugeneinvernahmen
teilweise drastisch vereinfacht. So werden Zeugen im nächstgelegenen Gericht ihres Wohnorts über eine
Videoübertragung einvernommen und live zum Gerichtsverfahren eingespielt. „Die Steuerzahler sparen sich in
Hinkunft Geld durch den Wegfall des den Zeugen zustehenden Reisespesenersatzes, die Zeugen selbst lange Anreisewege“,
sagte Miklautsch.
2. Datenschutz
„Mit dem Entwurf soll ein Rechtsbehelf gegen die Verletzung des Grundrechts auf Geheimhaltung durch Organe
der Gerichtsbarkeit geschaffen werden“, so die Justizministerin. Das Recht auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung
ist vor Gericht geltend zu machen. Bei Verweigerung eines dieser Rechte oder bei Verletzung des Grundrechts auf
Geheimhaltung durch Organe der Gerichtsbarkeit steht dem Betroffenen eine Beschwerde an das übergeordnete
Gericht offen.
3. Verfahrenshilfe
Das österreichische Verfahrenshilferecht entspricht zwar im wesentlichen den Vorgaben der EU, anders
als bisher sollen aber auch die Anreisekosten der Partei, wenn erforderlich, ersetzt werden. Bisher musste die
Partei diese selbst tragen und konnte nur im Fall ihres Obsiegens vom Gegner Ersatz verlangen.
Miklautsch weiter: „Klargestellt wird auch, dass die Verfahrenshilfe durch Beigabe eines Rechtsanwalts auch die
vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Einigung umfasst“.
4. Musterprozesse
Derzeit ist eine Festlegung fiktiver Mindeststreitwerte für sogenannte „Musterprozesse“ zur Abklärung
der materiellrechtlichen Rechtslage möglich. Bisher können nur Geldforderungen Gegenstand solcher Verfahren
sein. In Hinkunft sollen auch Musterprozesse für abtretbare Ansprüche jedweder Art ermöglicht werden.
5. Anwaltliches Berufsrecht
Hier werden punktuelle Änderungen, wie etwa die Anzahl der Ausschussmitglieder in kleinen Kammern,
die Förderung der Verteilungsgerechtigkeit bei Verfahrenshilfeleistungen, die Integration der Mediation in
die Ausbildung und Anpassungen im Disziplinarverfahren vorgenommen. |