Nationalrat debattiert Familienpolitik  

erstellt am
23. 09. 04

Protokoll der parlamentarischen Enquete im April als Anlass
Wien (pk) - Das in der Sitzung des Familienausschusses vor dem Plenum des Nationalrats diskutierte Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete "Familie - Generationen - Solidarität" im April bot den Anlass für eine familienpolitische Debatte im Plenum des Nationalrats am Mittwoch (22. 09.).

Abgeordnete STEIBL (V) listete zahlreiche gesetzliche Maßnahmen auf, die die Regierung in den vergangenen Jahren für Familien gesetzt habe. Unter anderem verwies sie auf die Einführung der Elternteilzeit, des Kinderbetreuungsgeldes und der Familienhospizkarenz, die Erhöhung der Familienbeihilfe, die Anhebung des Mehrkinderzuschlags und die Abfertigung neu. Skeptisch äußerte sich Steibl hingegen zu einem von den Grünen angekündigten Entschließungsantrag betreffend Erstellung von Studien zur Vermeidung von Armut in Familien. Es gebe gerade in diesem Bereich sehr viele Materialien, betonte sie.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) wies darauf hin, dass der Generationenvertrag, auf dem das österreichische Pensionssystem basiere, ein sensibles, aber gesellschaftlich wichtiges Konstrukt sei. Mit der geplanten Pensionsreform wird ihrer Ansicht nach viel Vertrauen in das System zerstört, was auch den Generationenvertrag ins Wanken bringe. Der wichtigste Schritt zur Vermeidung von Familienarmut ist für sie die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen zur Förderung von Frauenerwerbsarbeit.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) vertrat die Ansicht, dass die jahrzehntelange Vernachlässigung von Familienpolitik maßgeblich für die niedrige Geburtenrate in Österreich mitverantwortlich sei. Im Gegensatz zu Wirtschaftspolitik oder Außenpolitik sei Familienpolitik unter sozialdemokratisch geführten Regierungen nie als richtige Politik betrachtet worden, kritisierte sie. Reagiert habe man erst Anfang der Neunzigerjahre, "als es im Gebälk kräftig krachte". Mit Zuwanderung seien die Defizite nicht zu beheben, warnte Rosenkranz. Österreich brauche einen Paradigmenwechsel und müsse sehen, dass Kinder nicht nur Privatsache seien.

Abgeordnete MANDAK (G) sah Defizite im Kampf gegen die Armut in den Familien und forderte in einem Entschließungsantrag die Erstellung einer Studie über die finanzielle Situation von Familien unter spezieller Berücksichtigung der Alleinerzieherinnen. In einer weiteren Initiative verlangte sie ein Maßnahmenpaket zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer. Wesentliche Punkte waren dabei unter anderem die Schaffung eines Vatermonats, die Forcierung der Väterkarenz, Abbau von Überstunden sowie Errichtung von Betriebskindergärten.

Abgeordnete MAREK (V) befürchtet Probleme für die Unternehmen bei der Finanzierung des von den Grünen vorgeschlagenen Vatermonats und meinte zudem, in Sachen Väterkarenz sollte man eher auf Bewusstseinsbildung als auf gesetzliche Zwangsmaßnahmen abstellen.

Abgeordnete SILHAVY (S) betonte, nicht die von der Regierung immer wieder propagierte Wahlfreiheit, sondern konkrete Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie seien allein geeignet, die Geburtenrate zu heben. Sie warnte davor, immer wieder vor der Wirtschaft in die Knie zu gehen und warf der Koalition vor, ihr sei Wirtschaftsliberalität allemal noch lieber als Familienpolitik.

Abgeordnete ROSSMANN (F) konterte, gerade diese Bundesregierung betreibe Familienpolitik mit hohem Stellenwert. Erst durch die FPÖ und deren Forderung nach einem Kinderscheck habe die Familienpolitik neue Impulse bekommen. Die Erhöhung der Zuverdienstmöglichkeit und der Familienbeihilfe, die Schaffung der Familienhospizkarenz sowie die Anrechnung der Kindererziehungszeiten als pensionsbegründende Zeiten sind für Rossmann Ausdruck einer von der Regierung verfolgten aktiven Familienpolitik.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) gab zu bedenken, Geld allein reiche nicht aus, um die Zukunftsfähigkeit von Familien sicherzustellen. Wesentlich ausschlaggebender als zusätzliche Geldleistungen seien Faktoren wie die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Gestaltung der Arbeitszeit und die freie Zeit, betonte er.

Abgeordnete LENTSCH (V) erwiderte, die Politik könne keine Rezepte für das Funktionieren von Familien, sondern bloß Rahmenbedingungen anbieten. Die Bundesregierung habe mit dem Kinderbetreuungsgeld, aber auch mit der Pensionsharmonisierung erstmals echte konkrete Maßnahmen gesetzt, steht für Lentsch fest.

Staatssekretärin HAUBNER meinte, finanzielle Unterstützung sei nur eine von vielen notwendigen Maßnahmen in der Familienpolitik. Klar sei aber, dass das Kinderbetreuungsgeld und die Schritte der Steuerreform einen ganz wesentlichen Einfluss bei der Bekämpfung der Armut in den Familien haben. Bei der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit mit der Familienarbeit sieht Haubner hingegen noch Handlungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der Schaffung einer neuen Väterkultur. Es gehe vor allem darum dafür zu sorgen, dass Männer das bestehende Angebot der Väterkarenz auch tatsächlich bereit sind anzunehmen.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) vermisst einen ausreichenden gesetzlichen Rahmen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Probleme ortete sie vor allem beim Fall der Auflösung der Gemeinschaft oder im Erbrecht. Anknüpfungspunkt einer Regelung könnte nach den Vorstellungen Grossmanns die Einrichtung einer registrierten Partnerschaft sein.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) unterstrich, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne nur dann realisiert werden, wenn die Väter stärker an der Familienarbeit beteiligt werden. Männer sollten nach Meinung der Rednerin aber nicht gezwungen, sondern vielmehr motiviert werden, sich mehr in der Kinderbetreuung zu engagieren.
   

Abgeordnete FUHRMANN (V) mahnte, Generationensolidarität dürfe keine Einbahnstraße sein, es habe um Fair-Play für alle Generationen zu gehen. So sei z.B. nicht einzusehen, dass ältere Arbeitnehmer für gleiche Tätigkeiten zwei Drittel mehr verdienen als junge Menschen, gab Fuhrmann zu bedenken. Die Rednerin trat auch dafür ein, den Jungen mehr Mitbestimmung in der Politik einzuräumen.

Abgeordneter KRAINER (S) sprach die Rollenverteilung in der Gesellschaft an und hinterfragte gängige Rollenmodelle. In diesem Sinne ermutigte er Männer, sich aus althergebrachtem Rollenverständnis zu lösen, sich gleichsam zu "emanzipieren". Zudem plädierte er abermals für die Einführung eines "Papa-Monats".

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) würdigte die gestiegene Bereitschaft von Männern, bei der Kindererziehung aktiv mitzuwirken. Hier habe sich das Bewusstsein gewandelt, und das sei positiv. Seitens der Regierung würden ebenfalls wichtige familienpolitische Maßnahmen gesetzt, was diesen Trend fördere. Wichtig sei auch das Paket zur Vermeidung von Familienarmut, woran das Ministerium zielgerichtet arbeite.

Abgeordnete MIKESCH (V) meinte, keine andere Bundesregierung habe soviel für Frauen und Familien getan wie die im Amt befindliche. Sie bedankte sich bei der Regierung für das Kindergeld und wies auf weitere positive Schritte hin, die diese Regierung gesetzt habe.

Abgeordnete BINDER (S) sprach sich dafür aus, nötige Flexibilisierung dergestalt ins Werk zu setzen, dass sie sich nicht negativ auf die Betroffenen auswirke. Sodann sprach sie zum Themenbereich Kinder- und Jugendrechte, wo es weiterer Maßnahmen bedürfe, um deren Anliegen besser zu entsprechen.

Abgeordneter WALCH (F) sah deutliche Verbesserungen auf diesem Gebiet, seit der Sozialminister und die Staatssekretärin für die Materie verantwortlich seien. Hier habe es bereits viele Erfolge gegeben, etwa das Kindergeld, und dieser Weg werde fortgesetzt. Von dieser Politik hätten vor allem die Frauen und die Familien profitiert, so der Redner.

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) zog ebenfalls eine positive Bilanz über die Familienpolitik der Regierung, der in den letzten Jahren viele wichtige Meilensteine gelungen seien, worunter etwa die Familienhospizkarenz, das Kindergeld, die Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten und eine familienfreundliche Steuerreform fielen.

Abgeordneter RIEPL (S) kritisierte hingegen die Familienpolitik der Regierung, so namentlich eine Verordnung des Innenministers und den Kinderzuschlag für Alleinverdiener als sozial unausgewogen.
   

Abgeordnete RIENER (V) meinte, es sei bereits viel geschehen, wie hier auch ausgeführt wurde, fügte aber hinzu, dieser Weg müsse konsequent fortgesetzt werden, gebe es doch immer noch Handlungsbedarf in manchen Bereichen der Familienpolitik.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) widmete sich der Situation der Alleinverdienerinnen, wo es dringender Schritte bedürfe, zumal deren soziale Lage Besorgnis erregend sei und sie es besonders schwer hätten, Beruf und Familie zu vereinbaren. Vor allem brauche es leichtere Wiedereinstiegsmöglichkeiten in den Beruf. Gezielte Maßnahmen seien erforderlich, so die Rednerin, die hier vor allem Betreuungseinrichtungen und flexible Bezugsdauer beim Kindergeld sowie eine Änderung der Zuverdienstgrenze ansprach.

Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V) bezeichnete die Maßnahmen der Regierung als zukunftweisend, trügen diese doch den Erfordernissen der Zukunft Rechnung.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) vermisste hingegen konkrete Schritte zur Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen für eine zeitgemäße Familienpolitik. Es brauche mehr Kinderbetreuungsplätze sowie bessere Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Abgeordnete HÖLLERER (V) wies die Kritik der Opposition als unbegründet zurück und würdigte die Aktivität der Bundesregierung, die sich mit ihrer Politik der Anliegen der Familien annehme.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) übte Kritik an der Familienpolitik der Regierung und unterstrich die Forderungen ihrer Fraktion. Unter der SPÖ habe eine maßgebliche Familienpolitik begonnen, die erst von der ÖVP gebremst worden sei. Familienpolitik bedeute, Wirtschafts-, Budget- und Finanzpolitik auf die Bedürfnisse der Familien abzustellen, so Trunk.

Der Bericht des Familienausschusses wurde einstimmig zur Kenntnis genommen, die beiden Entschließungsanträge der Grünen verfielen der Ablehnung.
     
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