Leitl: Basel II "kein Schreckgespenst" bei Kreditvergabe in Österreich  

erstellt am
22. 09. 04

Österreichs Zinsniveau bei Unternehmenskrediten deutlich niedriger als in Deutschland – Haiden: Wir konnten bei Basel II viel erreichen, einiges liegt noch vor uns
Wien (pwk) - Die neuen Eigenmittelvorschriften für Kreditinstitute (Basel II), die derzeit als EU-Richtlinienvorschlag vorliegen, führten in Österreich zu keiner restriktiveren Kreditvergabe für Unternehmen. "Von jenen Unternehmen, die in den letzten 12 Monaten einen neuen Kredit beantragt haben, wurde dieser bei 86 Prozent bewilligt und nur bei 10 Prozent abgelehnt. Bei den unbewilligten Krediten wurden nur 12 Prozent mit Basel II begründet, doppelt soviel (24 Prozent) bezogen sich auf die aktuell schwierige Konjunktursituation", fasste WKÖ-Präsident Christoph Leitl die wichtigsten Ergebnisse der neuesten market-Umfrage unter den heimischen Unternehmen zusammen und bedankte sich bei den heimischen Kreditinstituten für ihr faires Verhalten. "Im Vergleich zu Deutschland und zum gesamten Euro-Raum liegt auch Österreichs Zinsniveau sowohl bei kurz-, als auch bei mittel- und langfristigen Unternehmenskrediten deutlich niedriger. Basel II wurde durch intensive Verhandlungen von WKÖ und Eurochambres mit der USA und auf EU-Ebene vor allem für Klein- und Mittelbetriebe deutlich entschärft und stellt bei der Kreditvergabe in Österreich kein Schreckgespenst dar", freute sich Leitl.

Auch der Ausweitung des Kreditrahmens wurde in überwiegendem Maße seitens der Banken stattgegeben: 17 Prozent der befragten Betriebe haben um eine Kreditausweitung angesucht, 92 Prozent davon wurden diese bewilligt. Bei laufenden Krediten haben die Banken nur bei 12 Prozent der Unternehmen die Zinsen erhöht, bei anderen 12 Prozent aber gesenkt, und bei 37 Prozent der Unternehmen blieben die Zinsen in den letzten 12 Monaten unverändert, so die Studie.

Selbstverständlich dürfe dies nicht über die im internationalen Vergleich äußerst geringe Eigenkapitalquote der österreichischen Betriebe hinweg täuschen, machte Leitl aufmerksam. Die Rahmenbedingungen wurden durch die Steuerreform zwar deutlich verbessert, erinnerte Leitl vor allem an die Senkung der Körperschaftssteuer und der Steuer auf nicht entnommene Gewinne. "Dennoch leiden unsere Unternehmen nach wie vor an zu geringer Eigenkapitalausstattung und zu wenig Beteiligungsfinanzierungen. Kein oder zu geringes Eigenkapital kann zu einer schlechteren Bonitätseinstufung und somit zu ungünstigeren Finanzierungskonditionen führen", warnt Leitl und verlangt weitere eigenkapitalstärkende Maßnahmen.

"Deshalb fordert die Wirtschaftskammer eine Ausweitung der Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns auf nicht-bilanzierende Einzelunternehmen", führte René Alfons Haiden, Vizepräsident und Basel II-Beauftragter der WKÖ aus. Ebenso seien als Basel II-Begleitmaßnahmen die anachronistische Kreditvertragsgebühr und die Eintragungsgebühr für das Grundbuch abzuschaffen. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Regierungsbeauftragten für den Kapitalmarkt Richard Schenz und dem Kuratorium für den österreichischen Kapitalmarkt erarbeite die WKÖ außerdem gerade ein Modell für einen Mittelstandsfonds, einem Beteiligungsmodell für den breiten Mittelstand, berichtete Haiden. In einer Informationsoffensive für die Unternehmerschaft mache die WKÖ sowohl auf die wichtige Vorbereitung zum Basel II-Rating aufmerksam als auch auf Alternativen zur Kreditfinanzierung. Gemeinsam mit der OeNB wird die WKÖ im nächsten Jahr eine "Basel II-Roadshow" mit Veranstaltungen in allen Bundesländern organisieren, kündigte der WKÖ-Vizepräsident an.
     
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