Grundbuch: Österr. Verträge wieder anerkannt  

erstellt am
21. 09. 04

Bozen (lpa) - Grundbuchsfähige Verträge können wieder uneingeschränkt auch in Österreich beglaubigt werden. Dies sieht ein Urteil des Oberlandesgerichtes vor, das vor wenigen Tagen der Abteilung Grundbuch und Kataster des Landes zugestellt worden ist. "Damit kann der Bürger wieder völlig frei entscheiden, ob er einen Vertrag vor einem heimischen Notar abschließt oder die Unterschrift von einem Notar in Österreich beglaubigen lässt", so der zuständige Landesrat Hans Berger.

Das neueste Urteil setzt einen vorläufigen Schlusspunkt unter die fast unendliche Geschichte der Beglaubigung der Unterschrift unter Kauf- und Hypothekarverträgen in Österreich. "Dabei spricht das Grundbuchsgesetz einerseits und unser System des Grundbuches andererseits doch eine weitgehend klare Sprache", erklärt Landesrat Berger. So ist im Gesetz festgehalten, dass eine Besitzübertragung auch auf der Grundlage einer Privaturkunde erfolgen könne, deren Unterschrift notariell beglaubigt sei. "Und die Kontrolle erfolgt in unserem System - anders als in den übrigen Regionen Italiens - durch den Grundbuchsrichter", so Berger.

Diese Sonderstellung Südtirols fand auch in einem Gesetzespassus Eingang, der im staatlichen Finanzgesetz 1997 untergebracht wurde. Dieser sah für alle Regionen, in denen es kein Grundbuch gibt, vor, dass die Beglaubigung der Unterschrift unter eine Privaturkunde durch einen Notar im Ausland nicht ausreiche. Vielmehr müsse diese Urkunde in Italien bei einem Notar hinterlegt werden. "Bereits damals ist man unserer Argumentation gefolgt und hat eingesehen, dass durch unser System des Grundbuches nicht der Notar die Kontrolle über die Verträge ausübt, sondern dies dem Grundbuchsrichter zusteht", so Landesrat Berger.

Erst ein Urteil des Landesgerichtes aus dem Jahr 2000 hat diese Ausnahme praktisch wieder zu Fall gebracht. In diesem Urteil ist nämlich ausgeführt, dass eine einfache Beglaubigung der Unterschrift durch den Notar nicht genüge, sondern der Notar auch eine Reihe von Zusätzen auf dem Vertrag anzuführen hat. Österreichische Notare haben sich zwar an diese Änderung angepasst, doch waren die Kosten für eine solche so genannte "Solennisierung" (aus einer privaten Urkunde wurde eine quasi-öffentliche) wesentlich höher als jene für eine einfache Beglaubigung einer Unterschrift. "In der Praxis war es damit kaum noch finanziell vorteilhaft, die Beglaubigung in Österreich vorzunehmen", so Landesrat Berger.

Das neueste Urteil des Oberlandesgerichtes macht nun wieder den ursprünglichen Weg einer einfachen Beglaubigung frei. "Das Oberlandesgericht streicht in seiner Urteilsbegründung die Sonderstellung durch unser Grundbuchswesen hervor und kehrt damit praktisch wieder zur alten Interpretation vor 2000 zurück. Auch für das Gericht ist nun klar, dass nicht der Notar die Kontrolle über die Verträge ausübt, sondern der Grundbuchsrichter", so Berger.

Sein Fazit: "Ich bin froh über dieses Urteil, weil es dem Bürger wieder die Wahl darüber überlässt, ob er einen Vertrag vor einem heimischen oder einem Notar in Österreich beglaubigen lässt", so der Landesrat. "Meiner Meinung nach wird in Vertrauensangelegenheiten ohnehin weiter der Südtiroler Vertrauensnotar zum Zuge kommen, während bei reinen Formalitäten die Möglichkeit der Beglaubigung in Österreich zumindest besteht. Mit allen sich daraus ergebenden finanziellen Folgen", so Landesrat Hans Berger.
     
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