Brüssel (eu-int) - Die neuen Mitgliedstaaten sind im Begriff, das Europäische Sozialmodell zu
übernehmen, und haben – dank ihrer Arbeitskräftereserven und ihres allgemein hohen Bildungsstands – auf
lange Sicht gute Chancen, die Führungsrolle bei der Ankurbelung von Wirtschaftswachstum und sozialen Verbesserungen
zu übernehmen. Dies ist eines der wichtigsten Ergebnisse des fünften Jahresberichts über die soziale
Lage in Europa, der heute veröffentlicht wird und zum ersten Mal die erweiterte EU mit 25 Mitgliedstaaten
abdeckt. Die Erfahrung der letzten Erweiterungen hat gezeigt, dass die EU zwar zunächst mit akuteren Problemen
der Armut, empfindlichen Einschränkungen und Ungleichheit konfrontiert ist, langfristig jedoch die Vorteile
überwiegen werden.
Der Bericht macht deutlich, dass alle 25 Mitgliedstaaten – ungeachtet ihrer Unterschiede – im Wesentlichen denselben
sozialen Werten und Anliegen verhaftet sind und vor denselben großen Herausforderungen im Zusammenhang mit
der Bevölkerungsalterung, der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung und der notwendigen Reform der Renten-
und Gesundheitssysteme stehen. Der Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten im Mai 2004 wird keine Umkehrung des
Alterungsprozesses in der Union bewirken. Obgleich die Bevölkerung dieser Länder jünger ist als
in EU-15, herrschten auch dort im letzten Jahrzehnt niedrige Fertilitätsraten und die demografische Struktur
wird sich derjenigen von EU-15 angleichen.
Der Lebensstandard in der EU ist in der Folge der Erweiterung gesunken. Fast jeder dritte Einwohner von EU-25 verdient
weniger als 75 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens; zwei Drittel der Betroffenen leben in den neuen
Mitgliedstaaten und machen dort etwa 95 Prozent der Bevölkerung aus. Gleichwohl sind relative Armutsniveaus
moderater in der neuen Mitgliedstaaten im Vergleich mit EU-15. Auch herrscht in den meisten neuen Mitgliedstaaten
ein relativ hohes Maß an nationalem sozialem Zusammenhalt und viele von ihnen verfügen über gut
entwickelte Sozialschutzsysteme.
Mehrere neue Mitgliedstaaten leiteten inmitten des wirtschaftlichen und politischen Umbruchs mutige Renten- und
Gesundheitsreformen ein, was ihre Fähigkeit unter Beweis stellt, schwierige Reformen anzugehen. Dies hat zur
Vorbereitung auf die Teilnahme am Lissabon-Prozess beigetragen. Noch vor dem EU-Beitritt übernahmen diese
Länder die neuen Methoden für soziale Eingliederung und Rentenreform, und der Bericht kommt zu dem Schluss,
dass sie sowohl aus der Entwicklung des Europäischen Sozialmodells Nutzen ziehen als auch dazu beitragen werden.
Der Bericht über die soziale Lage ist ein wichtiges Referenzdokument für die Sozialpolitik, das Statistiken
zu Sozialthemen mit den Ergebnissen aus Umfragen über die Einstellungen der Öffentlichkeit verbindet. |