"Wahre Landschaft" fördert Kultur auf dem Land  

erstellt am
04. 10. 04

Raus präsentierte neue kreative Kulturprojekte / Aktion soll fortgesetzt werden
Salzburg (lk) - „Stillstand in der Kultur bedeutet Rückschritt“, betonte am Freitag (01. 10.) Kulturreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Othmar Raus bei einem Informationsgespräch, in dem die Details jener Projekte vorgestellt wurden, die bei der Aktion „Wahre Landschaft“ ausgewählt wurden. Wie alle Bereiche muss auch die Kultur in Salzburg mit Einsparungen aufgrund des tiefsten Budgetlochs seit 1945 rechnen. Das im Vorjahr gestartete Projekt zeige aber, dass es in der Kulturpolitik nicht nur um das Erhalten bewährter Strukturen gehen könne, sondern dass durch gezielte Förderung neue Wege für die Kulturvermittlung eröffnet werden sollen. In diesem Sinne verstehe sich das Landeskulturressort nicht nur als Ermöglicher, sondern auch als Ermutiger für das Neue, Experimentelle und Unkonventionelle, so Raus.

Die Qualität der ausgewählten Projekte und die hohe Anzahl der Beteiligung an der Ausschreibung bestätigen nicht nur das innovative Potenzial innerhalb der Salzburger Kulturszene sondern auch die kulturpolitische Notwendigkeit, mit solchen Aktionen wie der „Wahren Landschaft“ entsprechende Impulse zu setzen, betonte der Landeskulturreferent. Er kündigte deshalb an, trotz der angespannten Möglichkeiten des Kulturförderungsbudgets auch im kommenden Jahr diese Aktion fortsetzen zu wollen.

In den kommenden Wochen werden die Ergebnisse der auswählten Projekte in der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Und zwar das Kunstprojekt des Kulturvereins Pongowe am 23. und 24. Oktober in Bischofshofen, das Kunstvermittlungsprogramm „dahoam!“ von Wolfgang Seierl an 14 Orten in den Bezirken (Oktober 2004), seine „Störfelder“ in einer Reihe kultureller Veranstaltungen, die Projekte „Freizeitlandschaften des Wintertourismus in der Region Zell am See und Kaprun“ von Chris Wittwer und „GigaAlpin/Transforming Tradition“ von Oswald Putzer gemeinsam am 3. November im Kunsthaus Nexus/Saalfelden.

Allen jetzt im Oktober vorgestellten Projekten war eine Ausschreibung für Konzepte vorangegangen, die sich am Thema „Wahre Landschaft“ orientieren, neue Impulse für die Kulturarbeit in den Landgemeinden aufzeigen und Interesse für zeitgenössische Kunst wecken. Es sollen Möglichkeiten geschaffen werden, Ziele und Inhalte einer zeitgemäßen Kulturvermittlungsarbeit zu überdenken und neue Wege zu entdecken, um der Innovation und dem Experiment mehr Raum zu geben. Gleichzeitig sollte der Kulturarbeit in den Landgemeinden mehr Aufmerksamkeit durch die Öffentlichkeit vermittelt werden. Für diese Ausschreibung wurden insgesamt 45 Einreichungen vorgelegt. Insgesamt wurden insgesamt 100.000 Euro an alle Preisträger ausbezahlt.

Kulturverein Pongowe: Wahre Landschaft – Neuer Zugang
Vom Stadtzentrum ausgehend wird die „Ware Landschaft“ in insgesamt fünf realen Stationen zu ihren Ursprüngen in der „Wahren Landschaft“ beim rund 800 Meter westlich gelegenen Wasserfall in der „Wahren Landschaft“ zurückverfolgt. Die fünf Kunststationen sollen die Vielfalt der Zugangsmöglichkeiten zum Thema aufzeigen; teils zynisch kritisch, oft hintergründig, manchmal durchaus provokant, wissenschaftlich aufbereitet bis hin zum opulenten optischen Erlebnis. Um die Nachhaltigkeit dieses außergewöhnlichen Kunstereignisses zu dokumentieren, wurde in einer 6. Station die „Wahre virtuelle Landschaft“ geschaffen, schon jetzt aktiviert im Internet auf der Projekthomepage: www.pongowe.at/wahrelandschaft. Hier findet man auch sämtliche Details zum umfangreichen Rahmenprogramm.

Wolfgang Seierl: „dahoam!“
Beim Projekt „dahoam!“ werden sich im Oktober Salzburger Musik- bzw. Kunstschaffende mit sehr unterschiedlichen Programmen in Wohnzimmern im Land (Stadt Salzburg ausgenommen) präsentieren. Bis einschließlich 9. September bestand die Möglichkeit, aus zwölf Programmen auszuwählen und Künstlerinnen und Künstler zu sich nach Hause einzuladen. An die 20 Personen bzw. Familien haben diese Gelegenheit genützt und sich an der Aktion beteiligt. Dabei kamen neun von den angebotenen zwölf Programmen, die nun im Oktober den Einladungen folgen werden, zum Zug. Die Anmeldungen waren von sehr positiven Reaktionen begleitet und lassen einen erfolgreichen Abschluss dieses Projektes, nämlich aktives Kommunizieren und Auseinandersetzung mit Neuem und Ungewohntem, annehmen.

Wolfgang Seierl: „Störfelder“
In ausgesuchte kulturelle Veranstaltungen (Theater, Konzert, Ausstellung, Kino usw.) werden Störfelder – also Fremdkörper eingebaut. Wie Unterbrecherwerbung im Fernsehen, nur eben zweckfrei und unter Umständen nicht ganz so auffällig, werden sie auf die Kunst aufmerksam machen. Dabei handelt es sich um auf die jeweilige Veranstaltung maßgeschneiderte Mini-aktionen, also extrem kurze oder subtile Ereignisse, die unerwartet passieren und die zwar irritieren, nicht aber zerstören wollen, die zeigen, dass das, was kulturell konsumiert wird, nicht wie im Fernsehen hundertprozentig vorzuprogrammieren, also offen ist. Zum Beispiel sind es in ein Programm eingebaute Kurzfilmsequenzen, Statements, Zehn-Sekunden-Konzerte oder Performances, die uns den Unterschied zwischen Werbeeinschaltungen in Massenmedien und der ereignishaften Qualität eines Kunstwerks zeigen, Redundanz minimieren und Aufmerksamkeit zu gewinnen versuchen. Kunstwerke sind ja eigentlich Störfelder, die der Routine gesellschaftlicher Ordnung den Aufruf zu aktivem und kreativem Gestaltungsbewusstsein entgegenhalten.

Chris Wittwer: Freizeitlandschaften des Wintertourismus
Das Projekt „Freizeitlandschaften des Wintertourismus in der Region Zell am See & Kaprun“ vermittelt künstlerisch die Physiognomie und Ästhetik einer durch den Wintertourismus umgeprägten alten Kulturlandschaft des Alpenraums. Im wissenschaftlichen Begleittext wird anhand des Standorts Kaprun/Zell am See die Wahrnehmung unterschiedlicher Alpenbilder gegenübergestellt. Dabei wird dargestellt, wie die jeweilige Landschaft als Natur- oder Kulturlandschaft rezipiert und für die verschiedenen Aufgaben dargestellt wird: Die wissenschaftliche Darstellung in der Fachliteratur, die literarische und künstlerische Darstellung und die selektive Darstellung für die Tourismuswirtschaft. Besondere Aufmerksamkeit erfährt dabei die Alpenwahrnehmung einzelner gesellschaftlicher Gruppen des Aktivsportbereichs („Alpen als Sportarena“), deren selektive Wahrnehmung durch Gebietsportraits in den Zeitschriften der Aktivsportarten vermittelt wird. Mit diesem Beitrag soll bewusst gemacht werden, dass die Auflösung der Harmonie in der Kulturlandschaft logische Konsequenz gesellschaftlicher Prozesse ist und ein Gefährdungspotenzial für die Tourismuswirtschaft darstellt, da der Verlust der Identität der „Wahren Landschaft“ die Vermarktungsmöglichkeit der „Ware Landschaft“ nimmt.

Oswald Putzer: GigaAlpin/Transforming Tradition
Was ist Wahrheit? Wann ist Wahrheit? Was soll eine wahre Landschaft sein? „GigaAlpin“ ist ein Kunstprojekt, das die inneren und äußeren Alpinlandschaften dazu anregen soll, ihre Wahrheiten optimistisch zu bedenken und in Frage zu stellen. Das Projekt arbeitet auf experimentelle und imaginative Art und Weise mit dem Kulturwerkzeug Architektur. Architekturen sind Räume von Menschen für Menschen. Die mentalen, gesellschaftlichen und architektonischen Realitäten bedingen die landschaftlichen und bilden zusammen die Information und Kultur einer Landschaft. GigaAlpin/Transforming Tradition kreist um die Beziehung zwischen Natur, Kultur und Architektur. Querverbindungen zu Fragen und Problematiken wie Tradition und Neuerung, Geschichte und Zukunft, Identität und Heimat sollen kreativ aufgeworfen werden.
     
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