Causa Grasser  

erstellt am
30. 10. 04

 Darabos: Haltung der Staatsanwaltschaft eigenartig und unverständlich
Wien (sk) - Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos ist die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft von weiteren Ermittlungen in der Causa Grasser absieht, "eigenartig und unverständlich". Dem Verständnis eines Staatsbürgers zufolge müsse die Staatsanwaltschaft für Aufklärung sorgen und tendenziell eher an einer Anklage als an der Verteidigung von Verdächtigen interessiert sein, sagte Darabos. Die Staatsanwälte als Vertreter der Anklage würden in dieser Sache aber zurückhaltender agieren als die Ratskammer des Straflandesgerichts Wien, die aus drei Richtern bestehe.

Die Ratskammer des Straflandesgerichts Wien hat vor zwei Wochen entschieden, dass für den Fall Grasser grundsätzlich die Gerichte (und daher die Staatsanwaltschaft) zuständig seien. Dass die Wiener Staatsanwaltschaft diesen Beschluss mittels einer Beschwerde bekämpft, sei nicht nachvollziehbar. "Wie ist es zu verstehen, wenn die Staatsanwaltschaft nicht nur nicht an der Aufklärung interessiert ist, sondern auch noch eine objektive richterliche Entscheidungen bekämpft?", fragte Darabos.

 

 Bei Causa Grasser "Verwahrlosung" des Rechtsstaates
Wien (apa) - Eine "noch nie da gewesene Verwahrlosung des Rechtsstaates" sieht der Abgeordnete Peter Pilz rund um die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft Wien in der Homepage-Causa von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V). Die Ratskammer des Straflandesgerichts Wien hatte vor zwei Wochen entschieden, dass für den Fall Grasser die Gerichte zuständig seien. Gegen diesen Beschluss hatte am Mittwoch (29. 09.) die Staatsanwaltschaft Beschwerde beim Oberlandesgericht eingereicht. Nun muss diese über die gerichtliche Zuständigkeit entscheiden.

Pilz geht aber davon aus, dass die Staatsanwaltschaft einfach nicht gewillt ist, ein Verfahren gegen den Finanzminister zu führen, wie er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag erläuterte. Der zuständige Staatsanwalt und eine "ganze Gruppe" bis zur Leitung der Wiener Staatsanwaltschaft versuche, "Schlupflöcher" für Grasser zu finden.

Als Grund für die Beschwerde wurde von der Staatsanwaltschaft unter anderem angeführt, dass sich die Ratskammer mit dem Sachverständigengutachten über den Wert der Homepage nicht ausreichend auseinandergesetzt habe. In diesem Gutachten wurde der Wert mit 220.000 bis 246.000 Euro beziffert. Bei einem Schenkungssteuersatz von 38 Prozent sah die Ratskammer deshalb potenziell den strafbestimmenden Wertbetrag von 75.000 Euro überschritten.

Die Staatsanwälte würden aber anders rechnen, berief sich Pilz auf Insider-Kreise. Man habe jene Homepage-Funktionen, die zwar bezahlt aber nicht freigeschalten wurden, abgezogen. Damit werde die gerichtliche Wertgrenze nicht erreicht. Man versuche offenbar, das Gutachten "umzudrehen", so Pilz. Es stelle sich allmählich die Frage, "ob in dieser Republik überhaupt noch ein Verfahren gegen ein Regierungsmitglied geführt werden kann".

Pilz geht weiter davon aus, dass eine Steuerpflicht bestand und sieht sich in diesem Punkt auch von der Staatsanwaltschaft bestätigt. Wie er erfahren habe, wolle man das Verfahren nach Paragraf 33 des Finanzstrafgesetzes, in dem Abgabenhinterziehung geregelt ist, einstellen. Wie ihm andere Staatsanwälte versicherten hätten, berufe man sich auf diesen Paragrafen nur, wenn man grundsätzlich von einer Steuerpflicht ausgehe. Ansonsten sei es üblich, ein Verfahren nach Paragraf 90 der Strafprozessordnung einzustellen, so Pilz.

Für den Grün-Politiker steht fest, dass alle Instanzen so lange von einer Steuerpflicht ausgegangen seien, bis ein stv. Sektionschef des Finanzministerium im Juli 2003 bei den Finanzbeamten interveniert habe. Daher prüfe man nun eine Klage auf Amtsmissbrauch gegen den Grasser-Mitarbeiter, so Pilz. 

 

Fekter: SPÖ und Grüne wollen Druck auf die Justiz ausüben
Wien (övp-pk) - St. Wolfgang (ÖVP-PK) SPÖ und Grüne wollen offenbar Druck auf die Justiz ausüben, sagte ÖVP-Justizsprecherin Abg. Dr. Maria Theresia Fekter am Donnerstag (30. 09.) am Rande der ÖVP-Klubklausur in St. Wolfgang.

Es sei eine ungeheuerliche Entgleisung von SPÖ-Bundesgeschäftsführe Norbert Darabos, wenn er meint, die Staatsanwaltschaft soll "..... tendenziell eher an einer Anklage als an der Verteidigung von Verdächtigen interessiert sein". Der Bundesgeschäftsführer kenne anscheinend den Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht und sollte sich lieber Nachhilfe bei SPÖ-Justizsprecher Jarolim holen, weil nach österreichischem Recht (Paragraph 3 STPO) Staatsanwälte alle Argumente, die für und gegen den Verdächtigen sprechen, gleichermaßen bewerten müssen. "Darabos hat ein eigenartiges Verständnis von Rechtsstaat, wenn er meint, Staatsanwälte sollen sich eher um die Anklage kümmern und nicht an der Verteidigung interessiert sein. Es ist zudem ein schlimmer Rückfall in Medienjustiz, wenn die SPÖ glaubt, Druck über die Zeitungen auf die Staatsanwaltschaft ausüben zu können. Eigentlich sollte die Ära Broda überwunden sein. Es ist aber typisch SPÖ und ein unglaubwürdiger Zick-Zack-Kurs, wenn man einerseits die Weisungsfreiheit der Staatsanwälte fordert, gleichzeitig aber politischen Druck über Medien auf Staatsanwälte und Gericht ausübt. In einem kultivierten Rechtsstaat sollten Politiker sich nicht in laufende Gerichtsverfahren einmengen, auch wenn einem das Ergebnis rein zufällig gerade nicht passt", so Fekter.

Unverständlich war auch die scheinbare Aufgeregtheit des Grünen Abg. Peter Pilz in einer heutigen Pressekonferenz. "Inwieweit es eine "noch nie da gewesene Verwahrlosung des Rechtsstaates' (Zitat Pilz) bedeutet, wenn die Staatsanwaltschaft ein Rechtsmittel ergreift, ist niemandem sachlich erklärbar" sagte Fekter. "Es ist das legitime Interesse der Staatsanwaltschaft, ohne politischen Druck Rechtsmittel zu ergreifen, wann immer sie es für richtig hält, egal ob es dem Abgeordneten Pilz passt oder nicht. Die Grünen verlangen zudem ständig Weisungsfreiheit der Staatsanwaltschaft, üben aber gleichzeitig medialen Druck auf diese Institution aus. Das ist politische Unkultur und gehört abgestellt." Fekter forderte Pilz abschließend auf, sich nicht in laufende Gerichtsverfahren einzumengen, egal um welchen Fall es sich handelt.
     
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