EU-Kriterien eingehalten, Steuerbelastung sinkt, Defizit steigt
Wien (pk) - Rechnungshofpräsident Josef Moser hat dem Nationalrat kürzlich den Bundesrechnungsabschluss
2003 ( III-95 d.B.) vorgelegt. Dem zweibändigen Werk ist zu entnehmen, dass Bund, Länder und Gemeinden,
die 2001 noch einen Überschuss von 0,3 % des BIP erzielt hatten, nach einem Abgang von 0,2 % im Jahr 2002
im Vorjahr ein Defizit von 1,1 % des BIP erzielten. Österreich bewegte sich also vom Nulldefizit weg, konnte
den EU-Referenzwert von 3 % aber noch weit unterbieten. Bei der Maastricht-Größe "Verschuldung
in Prozent des BIP" setzte der Finanzminister seinen Weg zur 60 %-Marke trotz erhöhten Defizits fort.
Dank eines erfolgreichen Finanzschuldenmanagements und günstiger Zinsentwicklung konnte die Relation aller
Staatsschulden zum BIP gegenüber 2002 von 66,6 % auf 65,1 % verbessert werden.
Seinen Verpflichtungen im Rahmen des österreichischen Stabilitätspaktes ist der Bund in den Jahren 2001
und 2002 nachgekommen, stellt der Rechnungshof fest, für eine diesbezügliche Beurteilung des Jahres 2003
liegen derzeit noch keine Daten vor.
Das erhöhte Defizit ist auch vor dem Hintergrund einer weiter abnehmenden steuerlichen Gesamtbelastung zu
sehen, die im Jahr 2003 auf 43,3 % sank. Da ein ausgeglichenes Budget bei sinkender Steuerbelastung nur durch eine
Reduzierung der Staatsausgaben möglich ist, hält der Rechnungshof "weitere strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen
für geboten, um eine tatsächliche und nachhaltige Budgetsanierung zu erreichen", schreibt Rechnungshofpräsident
Josef Moser.
Eckdaten des Bundeshaushalts
Bei Ausgaben von 61,387 Mrd. € und Einnahmen von 57,890 Mrd. € betrug das Defizit im Allgemeinen Bundeshaushalt
3,498 Mrd. €. Der Vergleich mit dem Jahr 2002 zeigt bei den Ausgaben einen Rückgang um 0,7 %, bei den Einnahmen
um 2,6 % und beim Defizit eine Zunahme um 46,3 %. Der Anteil des Defizits am BIP von 224,13 Mrd. € betrug 1,6 %
und war somit auch relativ höher als im Jahr 2002 (1,1 % des BIP). Ohne Rücklagenbewegungen wäre
ein Abgang von 4,713 Mrd. € entstanden, fügt der Rechnungshof hinzu.
Verschlechterungen zeigen auch tiefergehende und detailliertere Darstellungen der Salden des Bundesbudgets an.
Bereinigt man die Einnahmen- und Ausgabenrechnung um die von Jahr zu Jahr schwankenden "Durchlaufer"
sowie um langfristig saldenneutrale Grundstückstransaktionen, errechnet man also den "BIP-relevanten
Saldo", zeigt sich für 2003 ein Minus von 4,663 Mrd. € (2002: - 1,73 Mrd. €) an. 2001 hatte der Bund
noch einen BIP-relevanten Überschuss von 0,237 Mrd. € erzielt. Bereinigung man die Ausgaben weiter um den
Zinsaufwand für die Staatsschuld, erhält man den "Primärsaldo", eine wichtige Vergleichsgröße
zur längerfristigen Beurteilung der Haushaltsentwicklung. Der Primärsaldo, der sich von 1995 bis 2001
positiv entwickelte, nahm im Vorjahr neuerlich ab (2001: 5,693 Mrd. €; 2002: 4,709 Mrd. €; 2003: 3,31 Mrd. €.).
Ausgaben …
Wichtige Größen zur Beurteilung der Budgetentwicklung stellen die Quoten der Ausgaben und Einnahmen
des Bundes zum BIP dar. Im Vorjahr nahm die Ausgabenquote gegenüber 2002 von 27,5 % auf 27 % ab und auch die
Einnahmenquote ging zurück, und zwar von 26,4 % auf 25,4 %.
In absoluten Zahlen stiegen die bereinigten Ausgaben des Bundes im Jahresabstand um 0,514 Mrd. € oder 0,9 % auf
60,458 Mrd. €. An der Spitze stehen die Transfers, für die 24,031 Mrd. € oder 39,7 % aller Ausgaben aufgewendet
wurden: 6,555 Mrd. € für Pensionen der Bundesbediensteten, ÖBB- und Postbeamten und Landeslehrer, der
Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung einschließlich Pflegegeld betrug 9,059 Mrd. €, 2,973 Mrd. € machten
Familien-, Geburten- und Schulfahrtbeihilfen aus.
Auf die Erstellung öffentlicher Leistungen entfielen 2003 16,236 Mrd. € oder 26,9 % (2002: 26,9 %). Für
Investitionen und den Kauf von Liegenschaften wendete der Bund 0,360 Mrd. € oder 0,6 % der bereinigten Ausgaben
auf (20022: 0,7 %). Die Finanzierung der Finanzschuld erforderte mit 20,191 Mrd. € einen Anteil von 33,4 % der
Bundesausgaben (2002: 35 %).
… und Einnahmen
Die bereinigten Einnahmen des Bundes betrugen 2003 56,96 Mrd. €. Die Steuern erbrachten Gesamteinnahmen von brutto
53,498 Mrd. € (minus 2,6 % gegenüber 2002) bzw. nach Abzug der Überweisungen 35,468 Mrd. € (-3,3 %).
90 % der Einnahmen stammen aus zehn der über 100 in Österreich bestehenden Steuerarten. Gegenüber
2002 stieg das Lohnsteueraufkommen von 16,219 Mrd. € auf 16,944 Mrd. €, jenes der veranlagten Einkommensteuer fiel
hingegen von 3,126 Mrd. € auf 2,677 Mrd. €. Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer sanken auf 4,332 Mrd.
€ (2002: 4,559 Mrd. €), während jene aus der Kapitalertragsteuer I und II auf 1,894 Mrd. € sanken (2002: 2,123
Mrd. €). Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer betrugen 16,472 Mrd. € (2002: 17,639 Mrd. €), die Mineralölsteuer
brachte 3,31 Mrd. € (2002: 3,109 Mrd. €) und die Tabaksteuer 1,329 Mrd. € (2002: 1,297 Mrd. €).
Budgetpolitik und Volkswirtschaft
Als Ziel der Budgetpolitik gilt laut Bundeshaushaltsgesetz gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, für das Wachstum,
hohe Beschäftigung sowie Stabilität von Außenwirtschaft und Geldwert maßgeblich sind. Ein
diesbezüglicher Vergleich der Jahre 2002 und 2003 zeigt beim Geldwert (Inflationsrate 2002: 1,8 %, 2003: 1,3
%) und bei der Zahl der unselbständig Beschäftigten (2003: +0,2 %, 2002: - 0,5 %) positive Entwicklungen.
Negative Tendenzen zeigt hingegen die Arbeitslosigkeit, die von 6,9 % auf 7 % (gemäß EUROSTAT-Berechnung
von 4,3 % auf 4,4 %) zunahm. Verschlechtert haben sich auch das BIP-Wachstum (2002: 1,4 %, 2003: 0,7 %) und der
Saldo der Leistungsbilanz (2003: - 2,04 Mrd. € oder - 0,9 % des BIP; 2002: +0,36 Mrd. € oder +0,2 % im Verhältnis
zum BIP).
Im internationalen Vergleich lag Österreich 2003 mit einem BIP von 224,13 Mrd. € und einem realen Wachstum
von 0,7 % vor Deutschland (-0,1 %) und über dem Durchschnitt der EU-Euro-Länder (0,4 %), aber hinter
den USA (3,1 %), Japan (2,5 %) und den OECD-Ländern 2,1 %).
Weiterer Rückgang der fiskalischen Gesamtbelastung
Die Abgaben für österreichische Gebietskörperschaften inklusive der Beiträge Österreichs
zur Europäischen Union und die abgabenähnlichen öffentlichen Einnahmen wie Kammerumlagen, Beiträge
an Träger der Sozialversicherung und Fonds belasteten die Bevölkerung im Jahr 2003 insgesamt mit 43,3
% des BIP (2002: 44,3; 2001: 45,4 %). Ohne EU-Beiträge machte der Anteil der Abgaben und abgabenähnlichen
Einnahmen am BIP im Vorjahr 42,8 % aus (2002: 43,8 %; 2001: 44,8 %). Auch nach der für zwischenstaatliche
Vergleiche besser geeigneten OECD-Steuerliste ging die fiskalische Gesamtbelastung von 2002 auf 2003 von 43,7 auf
42,3 % zurück. |