Neue Keramik zum Nageln  

erstellt am
30. 09. 04

Einen ungewöhnlichen Werkstoff, der hitzebeständig wie Keramik und gleichzeitig zäh wie Holz ist, entwickelte ein Doktorand der Montanuniversität Leoben
Leoben (idw) - Keramische Werkstoffe sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zwar enorm hohe Temperaturen aushalten, aber spröd brechen. Jahrzehntelang sind Werkstoffwissenschafter auf der Suche nach einer Keramik, die ähnlich zäh wie Holz ist. Dies gelang nun dem Österreicher Dr. Reinhard Simon, der im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Montanuniversität Leoben einen Werkstoff entwickelte, der die Eigenschaften von Keramik und Holz auf ideale Weise kombiniert.

Tatsächlich hat sich der junge Wissenschafter die "Schadenstoleranz" des neuen Werkstoffes vom Holz "abgeschaut". Die neue Keramik ist durchzogen von Fasern, die wie bei Textilien miteinander verwoben sind. Simon entwickelte eine im Nano-Bereich strukturierte Matrix, die rund um die Fasern angelegt wird und die für die Zähigkeit des Materials zuständig ist. Durch die Einstellung einer fein verteilten Porosität in der Matrix ist es gelungen, dass der neue Werkstoff sowohl mechanisch als auch thermisch deutlich belastbarer ist. Aufgrund der hohen Zähigkeit kann diese Keramik wie Holz genagelt werden.

Einsatz in Gasturbinen und als Hitzeschutz für Raumfahrzeuge
Gegenüber ähnlichen Verbundwerkstoffen weist die neue Keramik eine deutlich verbesserte Festigkeit und Bruchdehnung sowie eine um 150°C erhöhte Hitzebeständigkeit auf. Insgesamt hält die Keramik nun Temperaturen bis zu 1500°C aus. Diese sogenannten Oxid/Oxid-Verbundwerkstoffe lassen sich daher besonders in Brennkammern von Gasturbinen oder als Thermalschutz von Raumfahrzeugen einsetzen. Metallische Superlegierungen in Gasturbinen, deren Einsatztemperatur nicht mehr zu erhöhen ist, können durch die neue Keramik ersetzt werden.

Die Keramik zeichnet sich durch weitere Verbesserungen aus. Da die Herstellung ähnlich wie bei faserverstärkten Kunststoffen erfolgt, verbilligt sich der Produktionsprozess entscheidend.

Zusammenarbeit mit DaimlerChrysler Forschung und Technologie
Die Entwicklungsarbeit führte Reinhard Simon, der seine Doktorarbeit am Leobener Institut für Struktur- und Funktionskeramik einreichte, bei der DaimlerChrysler Forschung und Technologie durch. Seit einem Jahr ist Simon am Werkstoffkompetenzzentrum Leoben - MCL (Materials Center Leoben) angestellt. Die erfolgreiche Arbeit an der neuen Keramik ist der Startschuss für den Aufbau einer Arbeitsgruppe am MCL, die sich - zusammen mit Industriepartnern - um die Anwendung und Weiterentwicklung dieses Werkstoffes kümmern soll.

Der gebürtige Niederösterreicher, der in Leoben Werkstoffwissenschaften studierte, absolvierte während seines Studiums mehrere Praktika in Deutschland, großteils in der Flugzeugindustrie. Sein Interesse gilt schon seit Schülertagen an der HTL Eisenstadt (Ausbildungsschwerpunkt Flugtechnik), jenen Werkstoffen, die in der Luft- und Raumfahrt verwendet werden und extremen Belastungen ausgesetzt sind.
     
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