Tanztheater von Peter Breuer nach der Novelle
von Prosper Mérimée
Salzburg (landestheater) - Carmen ist eine Naturgewalt. Ein Elementarwesen. Ein Dämon. Diese
Frau zerbricht die Kruste der Zivilisation. Alles, was verdrängt schien, bricht ungezügelt aus und mit
ihr wieder heraus. Sie lacht, spielt, zerstört. Macht sich ihre Umwelt gefügig. Und als ihr Leben zu
Ende geht, scheint sie fast froh zu sein. Sie ergibt sich in ihr Schicksal. Der Stahl des Messers dringt in sie
und erlöst sie von einer Bindung, in der sie nicht atmen konnte. Jedoch, wenn jemand treu untreu sein konnte,
dann sie. Sie ist treu den Zigeunern gegenüber und treu sich selbst. Untreu ihrem Geliebten. Freiheitsdrang,
Schicksalsglaube und Provokation bestimmen ihr Wesen. Aber eben wie eine Naturgewalt reißt sie den, der sich
ihr entgegenstellt oder ihr zu folgen wagt, mit in den Abgrund. Im Offizier Don José, der ihr verfällt,
soll ihr ihr Gegenpol begegnen. Sein Traum ist ihr zu klein. Er will Besitz, Beständigkeit und kalkulierbares
Glück. Sie will Freiheit, Leidenschaft und den Genuss des Wechsels. Eine Eigenschaft Don Josés jedoch
hat sie übersehen: seine mörderische Eifersucht. An ihr soll sie nicht vorbei kommen.
Carmen und Don José lassen sich als Paar neben ähnlich archetypische Paare wie Tristan und Isolde oder
Macbeth und seine Lady stellen. Als Oper mit der Musik Georges Bizets errang und erringt das Paar bis heute einen
der ersten Plätze im Bewusstsein der Zuschauer. Als Ausgangspunkt für sein Tanztheater wählte Peter
Breuer jedoch die Novelle Prosper Mérimées, die heute als das eigentliche Libretto der Oper angesehen
wird, und mehr als nur die bekannte "Carmen"-Geschichte erzählt. - Don José ist einer unter
vielen. Die Novelle zeigt ein Spanien ohne Flamenco, Gitarre und Fächerschlagen. Sie ist rau und ursprünglich
und zielt kurz und prägnant auf den psychologischen Kern der Figuren. In ihren Andeutungen und ihrem Stakkatostil
erinnert sie an die Prosa Hemingways.
Der Mythos Carmen hat neben der Oper zu zahlreichen Auseinandersetzungen auf Bühne und Leinwand angeregt.
Neben den Opernverfilmungen erinnern wir uns an Otto Premingers "Carmen Jones" mit Harry Belafonte und
Dorothy Dandridge oder Carlos Sauras Tanzversion "Carmen". Zahlreiche Choreographen wurden zu einem "Carmen"-Ballett
inspiriert, u.a. Roland Petit. Für sein Tanztheater wählt Peter Breuer Musik von Rodion Schtschedrin,
das das musikalische Material der Oper und weiterer Musik Bizets zu einer Suite zusammenstellte, und ergänzt
sie mit Kompositionen von Edward Elgar und der spanischen Gruppe Radio Tarifa, deren vielfältiges Kolorit
sich einerseits aus den musikalischen Wurzeln des Landes speist, andererseits aber die Nähe zum Maurischen
lustvoll zitiert.
"Carmen" ermöglicht eine Wiederbegegnung mit "alten Bekannten", dem Trio Peter Breuer,
Rudolf Rischer (Bühne) und Renate Schmitzer (Kostüme). Alle drei sind am Landestheater keine Unbekannten.
Mit dieser Spielzeit beginnt Peter Breuer sein dreizehntes Jahr als Ballettdirektor des Landestheaters. Rudolf
Rischer, geborener Wiener, studierte in Wien an der Akademie der Bildenden Künste. Ein erstes Engagement führte
ihn 1965 an die Bühnen der Stadt Kiel. Ausstattungsleiter in Darmstadt und Hannover. Seit 1989 freier Bühnenbildner.
Zuletzt war am Landestheater sein Bühnenbild zu "Bolero"(2002/2003) und "Le Sacre du Printemps/Medea"
(1999/2000) und "Egmont" (1999/2000) zu sehen. Renate Schmitzer, geboren in Nürnberg, studierte
an der Hochschule für Design in Köln und arbeitet als Kostümbildnerin u.a. in Basel, Bern, Antwerpen,
Nürnberg, Frankfurt, Stuttgart, an der Opera Paris und am Königlichen Theater Kopenhagen und der National
Opera London. Am Landestheater waren zuletzt ihre Kostüme für "Così fan tutte" (2002/2003),
"Kabale und Liebe" (2002/2003), "Victor/Victoria" (2001/2002) und "Verklärte Nacht"
(2000/2001) zu sehen. Es tanzt das Tanztheaterensemble des Salzburger Landestheaters: Carmen (Cristina Uta / Maria
Gruber), Don José (Alexander Pereda / Adrian Bercea), Garcia, Carmens Mann (Marian Meszaros), Lord Jellyfish
(Adrian Bercea / Alexander Pereda), Escamillo, ein Torero (Dorian Salkin / Alexander Pereda), Ensemble
Premiere am 16.10.2004 um 19.00 Uhr im Landestheater
Weitere Vorstellung im Oktober: 29.10.2004 , 19.30 Uhr im Landestheater |