"Globale Herausforderungen für die Gesundheit – Europäische Zugänge und Verantwortlichkeiten"
Bad Hofgastein (forum gastein) - 400.000 Pharma-Wissenschafter aus Europa forschen bei amerikanischen
Arzneimittel-Firmen. Nach Europa wollen sie nicht mehr zurück - über die Gründe dafür diskutierten
europäische Gesundheitsexperten heute beim European Health Forum in Bad Hofgastein. "Die Pharmaindustrie
ist eine der wichtigsten Industrien in der Europäischen Union", sagte Paul Weissenberg von der Europäischen
Kommission bei der Diskussion über Arzneimittelpolitik im erweiterten Europa, "die Arzneimittelfirmen
können Wachstum und Beschäftigung garantieren."
Firmen wandern nach Amerika ab
Derzeit ist die europäische Pharmaindustrie aber in einer schwierigen Lage: "Es gibt eine Erosion
in Richtung Amerika", sagte Weissenberg, "dort konzentrieren sich die Forschungszentren der Arzneimittelfirmen
an der Ostküste der USA." Laut Brian Ager, dem Generaldirektor der European Federation of Pharmaceutical
Industries and Associations gibt es dafür drei Gründe: Die vielen unterschiedlichen Regelungen, das Fehlen
eines gemeinsamen Marktes und die nicht vorhandene finanzielle Unterstützung für Forschung und Innovationen.
"Dabei sind Innovationen der Schlüssel für den Erfolg der Pharmaindustrie." Außerdem
stelle die EU zu wenig Geld für Ausbildung und Training bereit.
G10-Report soll Lage verbessern
Imre Holló, Staatssekretär im ungarischen Gesundheitsministerium, sieht das Dilemma der Politik
im Gesundheitssektor darin, verschiedene Interessen unter einen Hut bringen zu müssen: "Einerseits sollten
die Patienten wirksame, sichere und qualitativ hochwertige Medikamente bekommen, die nicht zuviel kosten dürfen,
andererseits sollte die heimische Pharmaindustrie gestärkt werden." Ein bedeutender Schritt, um die Lage
zu verbessern, ist für Holló der G10-Report, den die Arbeitsgruppe "Innovation und Bereitstellung
von Arzneimitteln" (G-10-Arzneimittelgruppe), der Europäischen Kommission vorgelegt hat. Der Report enthält
14 Empfehlungen, unter anderem für verbesserte Gesetze in den Mitgliedsstaaten, zur Wahrung der nationalen
Kompetenzen und einen offenen Wettbewerb für Medikamente, die nicht von nationalen Krankenkassen vergütet
werden.
Nur 0,3 Prozent der neuen Medikament bringen therapeutischen Fortschritt
In seiner Heimat Ungarn verschlingen die Kosten für Arzneimittel schon mehr als ein Drittel der nationalen
Gesundheitsausgaben. "Es zeigt sich, dass die jungen Demokratien zu wenig Erfahrungen haben im Verhandeln
mit Pharmafirmen und die vielen neu entwickelten Produkte kosten natürlich auch dementsprechend mehr",
sagte Holló. Um die Gesundheitsausgaben zu mindern und damit den Beitritt zur Euro-Zone zu ermöglichen,
hat die ungarische Regierung eine verpflichtende Regulierung für den Arzneimittelsektor erlassen: Ziel sei
es, die Versorgung und die Nachfrage zu regulieren und zu beeinflussen. Von den Patienten einen Kostenersatz zu
verlangen, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pharmafirmen zu steigern, ist für Holló
nur eine Möglichkeit: "Viel wichtiger wäre es, nur wirklich innovative Medikamente zu unterstützen.
Eine EU-weite Studie hat ergeben, dass in den letzten 22 Jahren von den 2693 in der EU zugelassenen Medikamenten
nur 0,3 Prozent einen wirklichen therapeutischen Fortschritt gebracht haben." |