Ferrero-Waldner über die Berichte und die Empfehlung der Europäischen Kommission zur
Türkei
Wien (bmaa) - "Ohne einer eingehenderen Analyse und Diskussion der EU-Mitgliedsstaaten vorgreifen
zu wollen, halte ich die Berichte der Europäischen Kommission für informative Dokumente", so äußerte
sich Außenministerin Benita Ferrero-Waldner nach erster Prüfung der von der Kommission vorgelegten Papiere.
"Ich bin der Meinung, dass die Berichte eine wertvolle Grundlage für die beim Europäischen Rat am
17. Dezember zu treffende Entscheidung darstellen werden."
"Wie aus dem Fortschrittsbericht hervorgeht, erfüllt die Türkei die politischen Kopenhagener Kriterien
nach wie vor nicht zur Gänze. So stehen etwa klaren Fortschritten im Bereich der Gesetzgebung noch deutliche
Defizite vor allem im Gesetzesvollzug gegenüber", so die Außenministerin weiter.
"Die Kommission hat zwar die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfohlen, ist jedoch auf die Nachhaltigkeit
des Reformprozesses bedacht. Sie sieht daher in ihren Empfehlungen die Möglichkeit einer Suspendierung der
Verhandlungen im Falle einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung von Menschenrechten und demokratischen
Grundfreiheiten vor."
Die auf österreichische Initiative erstellte Impactstudie, welche die Auswirkungen eines EU-Beitritts der
Türkei auf die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bewertet, enthalte auch deutliche Hinweise
auf Probleme und Risiken, insbesondere im Bereich der Migration und der Personen- und Niederlassungsfreiheit. "Natürlich
gilt unser besonderes Augenmerk auch den finanziellen Auswirkungen, vor allem im Agrarbereich und bei den Strukturfonds.
Die Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei darf ja keinesfalls dazu führen, dass die Stoßkraft
der Integration geschwächt wird. Diesen berechtigten Bedenken wird in den Empfehlungen und Schlussfolgerungen
der Europäischen Kommission zum Teil Rechnung getragen, wenn etwa für einige Bereiche sehr lange Übergangsperioden
oder - wie für die Arbeitnehmerfreizügigkeit - permanente Schutzklauseln überlegt werden. Es ist
angesichts der vielen Unwägbarkeiten interessant, dass sogar die Kommission darauf hinweist, es handle sich
bei den Türkei-Verhandlungen um einen Prozess mit offenem Ausgang."
Ferrero-Waldner begrüßte auch die Absicht der Europäischen Kommission, eine vertiefte Analyse der
Auswirkungen eines möglichen türkischen EU-Beitritts vorlegen zu wollen. |