Wien (pk) - Das Thema Gegengeschäfte bildete - nach der Frage der Typenentscheidung - am Mittwoch (06. 10.)
den zweiten Schwerpunkt bei der Debatte im Rechnungshofausschuss des Nationalrats über den Kauf der Eurofighter.
Der für die Abwicklung der Gegengeschäfte zuständige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein nahm
dabei auch zu von der Opposition aufgegriffenen aktuellen Medienberichten Stellung und wies sämtliche Vorwürfe
in diesem Zusammenhang zurück. Sowohl das von EADS eingereichte Gegengeschäftsprojekt betreffend die
Fachhochschule Joanneum als auch jenes betreffend die TU Graz seien vom Wirtschaftsressort nicht bewilligt, sondern
im Gegenteil bei EADS beeinsprucht worden, unterstrich er.
Als Grund dafür führte Bartenstein an, dass für beide Projekte keine Empfehlung der "Plattform
Gegengeschäfte" vorliege, zudem liegen ihm zufolge die von EADS tatsächlich aufgewendeten Beträge
im Falle der Fachhochschule Joanneum deutlich unter dem angegebenen Wert von 7,85 Mill. €. Er wies allerdings darauf
hin, dass die von EADS dazu eingereichte Gegengeschäftsbestätigung von der Fachhochschule Joanneum gestempelt
und unterschrieben sei. Das Projekt der TU Graz sei hingegen nicht firmenmäßig gezeichnet.
Der Wirtschaftsminister hielt darüber hinaus fest, dass in allen fünf öffentlich diskutierten Fällen,
wo Firmen behauptet hätten, sie hätten trotz Eintragung in die Gegengeschäftsliste von Gegengeschäften
nichts gewusst, die von EADS vorgelegten Gegengeschäftsbestätigungen firmenmäßig gezeichnet
gewesen seien. Die Betroffenen hätten sich mittlerweile entschuldigt und als Grund für ihre Fehlaussagen
Urlaub, Vertretung, Krankheit oder Fehleinschätzung genannt.
Generell versicherte Bartenstein, das Wirtschaftsressort bemühe sich bei den Gegengeschäften um maximale
Transparenz. Er sah sich allerdings nicht in der Lage, dem Rechnungshofausschuss den Rahmenvertrag zwischen der
Republik Österreich und EADS über die Gegengeschäfte offen zu legen und begründete dies mit
vereinbarter Vertraulichkeit. Der Vertrag sei sehr günstig für Österreich, betonte der Minister,
EADS wolle im Hinblick auf andere Märkte keine Offenlegung.
Zuvor hatte Abgeordneter Günter Kräuter (S) die Vorgangsweise des Wirtschaftsressorts bei der Abwicklung
der Gegengeschäfte in Frage gestellt und von einem Missbrauch sowohl von Klein- und Mittelbetrieben als auch
von Bildungseinrichtungen gesprochen. Auf der einen Seite bekämen die Universitäten keine Mittel und
würden ausgehungert, klagte er, andererseits müssten sie für Gegengeschäfte herhalten, die
nicht stattgefunden haben.
Abgeordneter Hermann Gahr (V) zeigte sich dem gegenüber über das bisherige Ausmaß der Gegengeschäfte
erfreut. Viele klein- und mittelständische Unternehmen, die sonst nicht die Chance hätten, international
zu punkten, erhielten durch die Gegengeschäfte die Möglichkeit auf dem internationalen Technologiemarkt
Fuß zu fassen, skizzierte er. Ihm zufolge gibt es viele positive Beispiele von Gegengeschäften, wobei
er auf zwei konkrete Projekte näher einging. Beim Kauf des Saab-Gripen hätte Österreich sicher nicht
dieses Ausmaß an Gegengeschäften lukrieren können, zeigte sich der Abgeordnete überzeugt.
Abgeordneter Detlev Neudeck (F) erkundigte sich nach den Sanktionen, sollte EADS seine Gegengeschäftsverpflichtung
nicht einhalten. Sowohl er als auch Abgeordneter Peter Pilz (G) wollten außerdem wissen, wie es passieren
konnte, dass Firmen ohne ihr Wissen in die Gegengeschäftsliste aufgenommen wurden.
Abgeordnete Ruth Becher (S) verwies auf eine Aussage von Wirtschaftsexperten, wonach Gegengeschäftsverpflichtungen
zumindest teilweise durch höhere Kosten für das Grundprodukt ausgeglichen würden. Sie sieht darin
eine Wirtschaftsförderung auf Kosten der Steuerzahler.
Abgeordneter Walter Murauer (V) machte geltend, dass der Eurofighter nicht auf Grund der Gegengeschäfte gekauft
worden sei, diese seien aber eine "lukrative und besonders wertvolle Begleiterscheinung". Konkret verwies
er auf einen Fall in Oberösterreich, wo Aufträge aus Gegengeschäften bereits zu einer Firmenerweiterung
und zu Personalaufstockung geführt hätten.
Ausschussvorsitzender Werner Kogler (G) machte auf einen vom Rechnungshof aufgezeigten "systemimmanenten Bewertungsfehler"
bei der Beurteilung der Gegengeschäftsangebote aufmerksam. Demnach führe ein höherer Beschaffungspreis
automatisch zu einem höheren Volumen bei den Gegengeschäften.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wies in Beantwortung der Detailfragen der Abgeordneten darauf hin, dass
die Gegengeschäfte bei der Typenentscheidung letztendlich keine Rolle gespielt hätten. Die Regierung
hätte sie nur dann für die Kaufentscheidung herangezogen, wenn die Abfangjäger-Angebote gleichwertig
oder annähernd gleichwertig gewesen wären. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.
Die Kritik des Rechnungshofs am Bewertungsschema für die Gegengeschäfte nannte Bartenstein als in Teilen
für ihn nachvollziehbar, hielt aber gleichzeitig fest, sein Ressort teile die Meinung des Rechnungshofes nicht
ganz. Generell habe man versucht, bei den Gegengeschäften herauszuholen, was gehe, sagte Bartenstein, wobei
man bei der Höhe der Pönale nicht ganz das Ziel erreicht habe, dafür aber mit 240 % ein sehr hohes
Volumen erzielen konnte. Prinzipiell sind nach Angaben des Wirtschaftsministers die Gegengeschäftsangebote
von Saab und EADS durchaus vergleichbar gewesen.
Die Pönalbestimmungen gehen Bartenstein zufolge in die Richtung, dass, sollten die angepeilten Meilensteine
um mehr als 25 % unterschritten werden, das jeweils fehlende Volumen im gleichen Ausmaß auf das Gesamtvolumen
der Gegengeschäfte aufgeschlagen werde.
Das Argument, dass Gegengeschäftsverpflichtungen zu höheren Kaufpreisen führten, sei für ihn,
so Bartenstein, nicht nachvollziehbar.
Die "Plattform Gegengeschäfte" bezeichnete der Wirtschaftsminister als wichtige Stütze seines
Ressorts bei der Bewertung der Gegengeschäfte. In diesem Gremium sitzen ihm zufolge u. a. Vertreter der zuständigen
Ministerien, der Arbeiterkammer, eines Universitätsinstituts, des Wifo und des Rates für Forschung und
Technologie. Gebe die Plattform keine Empfehlung für eine von EADS eingereichte Gegengeschäftsbestätigung
ab, würden die Fälle einer genauen Prüfung unterzogen und gegebenenfalls beeinsprucht.
In einer zweiten Verhandlungsrunde beantworteten Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Rechnungshofpräsident
Josef Moser weitere Detailfragen der Abgeordneten.
Die von Abgeordnetem Erwin Kaipel (S) zitierte Ansicht des Ökonomen Streissler, Kompensationsgeschäfte
hätten keinen volkswirtschaftlichen Nutzen, konnte sich der Wirtschaftsminister nicht anschließen. Die
von Abgeordnetem Kräuter angesprochenen Projekte der Fachhochschule Joanneum und der TU Graz seien von seinem
Haus nicht anerkannt worden. Auf die Frage des Abgeordneten Kogler, wie die ursächliche Zuordnung von Geschäften
zur Eurofighter-Beschaffung vorgenommen werde, räumte der Minister ein, dass dies in Einzelfall schwierig
sein könne. Sein Haus stehe aber klar auf der Seite des Steuerzahlers und lege strenge Beurteilungskriterien
an. Faktum sei jedenfalls, dass das Eurofighter-Geschäft mit der Firma EADS den Einstieg der österreichischen
Wirtschaft in den Klub der europäischen Hochtechnologie bedeute.
Rechnungshofpräsident Josef Moser erklärte an einem praktischen Beispiel die Kritik des Rechnungshofs
an der Bewertungsmethode für die Kompensationsangebote, weil diese Methode höherpreisige Angebote bevorzuge.
Nach Erledigung der Rednerliste und einer Sitzungsunterbrechung, in der die Fraktionsführer des Rechnungshofausschusses
eine kurze Besprechung abhielten, unterbrach Ausschussobmann Werner Kogler die Beratungen des Rechnungshofausschusses
auf unbestimmte Zeit.
Laut Homepage des Wirtschaftsministeriums sind bisher Kompensationsgeschäfte im Ausmaß von rund 1,6
Mrd. € als anrechnungsfähig bewertet worden. Insgesamt hat sich EADS zu Gegengeschäften im Ausmaß
von 4 Mrd. € verpflichtet, die binnen 15 Jahren abgeschlossen werden müssen.
Der Rechnungshof skizziert in seinem Bericht ( III-72 d.B.), dass ein Beirat im Wirtschaftsressort die Ausschreibung
der Gegengeschäfte und einen Bewertungskatalog erstellt hatte und die Firmen Eurofighter, Saab sowie die US-Regierung
für die Firma Lockheed Martin ihre Gegengeschäftsangebote fristgerecht bis zum 23. Jänner 2002 vorgelegt
hatten. Eine Plattform, großteils aus Mitgliedern dieses Beirates bestehend, nahm dann die Bewertung und
Reihung der Angebote vor. Dabei kamen ein Bewertungskatalog und ein IT-unterstütztes mathematisches Bewertungsschema
zum Einsatz, das im Zentrum des Interesses der Rechnungshofprüfer stand. Sie stellten fest, dass dieses Schema
eine "hohe Bandbreite" aufwies und "durch die Verknüpfung von qualitativen und quantitativen
Merkmalen höherpreisige Angebote bevorzugte". Kritisch merkt der Rechnungshof überdies an, dass
weder die Anwendung noch die Auswertung des Rechenschemas durch die Plattformteilnehmer vom Ressort hinterfragt
worden seien.
Darüber hinaus ruft der Rechnungshof in seinem Bericht Erinnerung, dass das Verteidigungsressort, das für
die Bewertung des Grundgeschäfts zuständig war, die Reihung der Gegengeschäfte nur dann in seine
Entscheidung einzubeziehen hatte, wenn es die Bewertung der Angebote des Grundgeschäfts als gleichwertig erkannt
hätte. Da der RH aber keinen Schriftverkehr zwischen den beiden Ressorts vorfand, habe er nicht nachvollziehen
können, ob und inwieweit die Gegengeschäftsreihung des Wirtschaftsressorts Einfluss auf die Typenentscheidung
genommen hatte.
Der Rechnungshof empfahl dem Wirtschaftsministerium in diesem Sinn, bei künftigen Gegengeschäftsbewertungen
den Plattformteilnehmern klare Vorgaben und Aufgabenstellungen zu geben und damit für aussagekräftige
Ergebnisse zu sorgen. Die Bewertungsvorgänge sollten umfassend dokumentiert werden, um sie objektiv und transparent
zu gestalten. Schließlich sollten nach Meinung des Rechnungshofes mathematische Bewertungsmodelle auf Plausibilität
und Nachvollziehbarkeit hinterfragt und ihre Umsetzung evaluiert werden. |