Wien International  

erstellt am
05. 10. 04

In Zukunft: Wien - in Europa
Wien (rk) - Anlässlich der angekündigten öffentlichen Diskussion über einen neuen Strategieplan für Wien lud Planungsstadtrat Rudolf Schicker PolitikerInnen und ExpertInnen aus Stadtplanung und Regionalentwicklung am 29. September zu einer internationalen Konferenz ins Wiener Rathaus. Thema: Die Strategien der Städte im Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte in der EU der 25. Europas Städte reagieren unterschiedlich auf die Anforderungen des Standortwettbewerbs: während Wien schon lange auf den internationalen Auftritt als Region setzt und gemeinsam mit Bratislava Standortvorteile nutzt, ist in Leipzig eher der Eigensinn die treibende Kraft. Und die Niederlande verfolgen mit ihrem Konzept der "Randstad" den Netzwerkgedanken für eine Stadt- und Regionalentwicklung mit vielen Zentren. "Es wäre naiv zu glauben, die wirtschaftliche Verflechtung begänne erst - sie findet bereits statt" stellte Wiens Vizebürgermeister Sepp Rieder zum Abschluss der Tagung fest.

Standortvorteile für die Twin-Cities Wien-Bratislava
Es ist vor allem seine geopolitische Lage in Europas neuer Mitte, auf die Wiens StadtentwicklerInnen setzen. "Der Stadtentwicklungsplan 05 baut erstmals auf ein grenzüberschreitendes regionales Leitbild auf und trägt damit den intensiven Verflechtungen in der Europa Region Mitte Rechnung", skizziert Planungsstadtrat Rudolf Schicker die aktuellen Strategien Wiens. Der Beitritt der Nachbarländer zur Europäischen Union am 1. Mai diesen Jahres bedeutete für Wien einen wesentlichen Integrationsimpuls und einen weiteren wichtigen Meilenstein seit dem Beitritt Österreichs zur EU im Jahr 1995. "Die Twin-City-Situation Wien-Bratislava ist einzigartig in Europa. Die Nähe der beiden Hauptstädte wird vor allem wirtschaftliche Vorteile bringen. Wir arbeiten bereits an einer gemeinsamen Vermarktung der Region "Centrope" sowie am Aufbau funktionierender Kooperationsstrukturen bis zum Jahr 2006", so Schicker weiter.

Die unterschiedliche Entwicklung der strategischen Stadtplanung in Ost und West betonte Tatiana Mikusova Vizebürgermeisterin von Bratislava. "Impulse von unten und innovatives Denken hatten nicht immer Einfluss im langfristigen Planen", äußert sich die für Stadtplanung zuständige Politikerin über die ehemals sozialistische Planungsära. So wurden nach dem Fall des eisernen Vorhangs zwar die politischen Verhältnisse relativ rasch geändert. Etwas länger dauerte aber die Neuorientierung der ökonomischen Prozesse. Zehn Jahre brauchte die Stadt Bratislava etwa zur Definition ihrer langfristigen strategische Ziele. Zeitgleich mit seiner Twin-City Wien verabschiedet Bratislava nun 2005 einen neuen Raumentwicklungsplan. "Stadtpolitiker lernten die Stimmen von unten anzuhören und müssen sich nicht mehr dem Druck von oben beugen," charakterisiert Mikusova die neue Planungskultur. Flexibilität und das Erkennen innovativer Impulse aus dem eigenen Umfeld seien die Herausforderungen seit dem 1. Mai 2004, dies bedeute vor allem auch, sich mit dem wachsenden Wettbewerb auseinander zu setzen, so die slowakische Stadtpolitikerin.

Europa zieht ostwärts und Wien ist mit dabei
"Wirtschaftliche Entwicklungen gehen politischen Entscheidungen voraus und nicht umgekehrt. So siedelten sich viele Wiener Unternehmen längst in der Slowakei oder Ungarn an bevor man in den beteiligten Staaten über einen Beitritt zur EU auch nur nachgedacht hat. Es wäre naiv zu glauben, dass jetzt die wirtschaftliche Verflechtung beginnt, sie hat bereits stattgefunden", ist Vizebürgermeister Sepp Rieder überzeugt. Europa zieht also ostwärts und Wien hat sich mit der Vienna Region dementsprechend frühzeitig als Region positioniert, die nicht an der Staatsgrenze endet. "Wenn ein Wirtschaftsraum entwickelt werden soll, kann eine Region nicht am Grenzschranken enden", so Rieder.

Wie sich die Städte im Wettbewerb behaupten
Die Wettbewerbsfähigkeit einer Stadt werde am besten an der Wertschöpfung pro Kopf gemessen, meint Paul Cheshire, Professor an der London School of Economics. Die Interaktion mit den Nachbarstädten, wie etwa zwischen Wien und Bratislava, sei dabei zentral für das Wachstum einer Stadtwirtschaft. "Das Zentrum des wirtschaftlichen Schwerpunkts wandert ohne Zweifel ostwärts und die Twin Cities Wien-Bratislava sollten verstärkt kooperieren, etwa beim Aufbau von Infrastruktur, dennoch sollten sie aber unterschiedliche Rollen in der Region einnehmen", lautet der Rat des britischen Experten für Wien.

Wie gut sich nun eine Stadt im Wettbewerb behaupten kann sei aber nicht nur eine Frage der Wertschöpfung pro Kopf, sind sich die ExpertInnen einig. So schlägt etwa Iris Reuther, Architektin und Professorin in Leipzig und Kassel, den Eigensinn als Produktivkraft einer Stadt vor. Die ehemalige DDR-Stadt Leipzig habe mit ebensolchem Eigensinn auf eine missglückte Olympia- Bewerbung reagiert. Der Eigensinn hat schließlich zu innovativen Entwicklungen geführt, zur Mobilisierung der endogene Kräfte, die letztlich die Positionierung einer Stadt im Wettbewerbsgefüge bestimmen. Joost Schrijnen, Stadtplaner aus den Niederlanden, regt an, sich durch einen radikalen Wechsel der Blickwinkel eine neue Perspektive für die Stadtentwicklung zu eröffnen. Exemplarisch verweist er auf einen kürzlich gemachten Vorschlag Rem Koolhaas', die Chancen der urbanen Entwicklung zwischen zwei nahegelegenen niederländischen Städten über die Gedankenbrücke "Champs Elysees" zu entwickeln - denn so groß ist nämlich die Entfernung zwischen diesen beiden Städten.

Stabilitätspakt für Südosteuropa
Am vergangenen Donnerstag ging in der Wiener Hofburg die vom Stabilitätspakt für Südosteuropa veranstaltete "Ministerielle Konferenz zu informellen Siedlungen in Südosteuropa" in der Wiener Hofburg zu Ende. Der frühere Wiener Vizebürgermeister und österreichische Vizekanzler Erhard Busek betonte anlässlich eines im Wiener Rathaus abgehaltenen Mediengespräches die wichtige Rolle Wiens und bedankte sich bei der Stadt für die organisatorische Hilfestellung. Der Bürgermeister von Podgorica, Miomir Mugosa lud die Folgekonferenz in die Hauptstadt von Montenegro ein.

Lantagsabgeordneter und Gemeinderat Kurt Stürzenbecher empfing die rund 70 TeilnehmerInnen aus nahezu allen Balkanstaaten, darunter mehrere Minister und Bürgermeister, in Vertretung von Bügermeister Michael Häupl, der zu dieser Zeit bei Wien-Präsentationen in den USA war, im Wiener Rathauskeller.

UN-HABITAT: Schöne Auszeichnung für Wiener Verkehrspolitik
Schöne internationale Auszeichnung für Wiens Verkehrspolitik: UN-HABITAT und die Stadt Dubai zeichneten Wien mit dem Prädikat "Good practice" für die "Entwicklung eines integrativen und gender-sensiblen Masterplan Verkehr in einem Partizipationsprozess".

Beurteilt wurden insgesamt 700 Einreichungen. Es ist vorgesehen, die Wiener Erfahrungen im Rahmen von UN-HABITAT bei Konferenzen, Seminaren und Workshops weltweit zu präsentieren.

Informationen: http://www.stabilitypact.org/
     
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