Jüdisches Museum: Gedenken an Widerstandskämpferin Irene Harand  

erstellt am
18. 10. 04

Vortrag von Peter Marboe, Buchpräsentation
Wien (rk) - Im Zeichen der Widerstandskämpferin Irene Harand steht eine Veranstaltung des Begleitprogramms zur Ausstellung "Wien, Stadt der Juden. Die Welt der Tante Jolesch" im Jüdischen Museum Wien, 1., Dorotheergasse 11, am Montag, 18. Oktober, 19 Uhr. Peter Marboe hält einen Vortrag zum Thema "Irene Harand, eine Gerechte", in dem er den entschlossenen Widerstand der katholischen Hitler-Gegnerin gegen den Nationalsozialismus und Antisemitismus in Österreich darstellt und würdigt. Im Anschluss daran findet eine Buchpräsentation der Neuauflage der Aufklärungsschrift von Irene Harand: "Sein Kampf - Antwort an Hitler" (Wien, 1935) statt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

Irene Harand (1900 - 1975) zählt zu den entschiedensten österreichischen Widerstandskämpferinnen, die noch zur Zeit der Ersten Republik entschlossen gegen den politischen Antisemitismus und die schleichende Unterwanderung Österreichs durch den Nationalsozialismus auftrat. Bereits 1930 gründete die Katholikin (gemeinsam mit dem nach 1938 in einem KZ ermordeten Rechtsanwalt Moritz Zalman) eine "Österreichische Volkspartei", die als prononcierte "Anti-Hitler-Bewegung" zu den Wahlen antrat. In der Zeit des Ständestaates sammelte die kämpferische Frau ihre Anhänger zu einer "Harand-Bewegung", die mit oft unkonventionellen Aktionen dem anwachsenden Antisemitismus gegenübertrat. Harand gab weitverbreitete Publikationen und Zeitschriften heraus und publizierte noch 1935 im Eigenverlag ihre Streitschrift "Sein Kampf - Antwort an Hitler", in der sie mit aufklärerischer Unbeugsamkeit Punkt für Punkt die antisemitischen Phrasen in Adolf Hitlers "Mein Kampf" entlarvt. Zum Zeitpunkt des deutschen Einmarsches befand sich die von den Nazis mit Kopfgeld gesuchte Hitler-Gegnerin auf einer ihrer vielen Vortragsreisen im Ausland und konnte sich daher in die USA in Sicherheit bringen, wo sie 1975 in New York verstarb. 1969 wurde Irene Harand vom Holocaust- Museum Yad Vashem in Jerusalem mit der Medaille "Gerechte der Völker" ausgezeichnet.

Dr. Peter Marboe begegnete Irene Harand als Diplomat in New York und es verband ihn in Folge eine enge Freundschaft mit der Exil-Österreicherin. Die Neuausgabe von "Sein Kampf", die noch 2004 im Wiener Ephelant-Verlag, erscheint geht zu einem großen Teil auf seine Initiative zurück.

"Die Welt der Tante Jolesch" noch bis 31. Oktober
Die Ausstellung "Wien, Stadt der Juden - Die Welt der Tante Jolesch" ist noch bis 31. Oktober 2004 im Jüdischen Museum der Stadt Wien zu sehen. Das Museum (A-1010 Wien, Dorotheergasse 11) ist Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, an Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt: 5 Euro, 2,90 Euro ermäßigt. Schulklassen in Begleitung eines Lehrers haben freien Eintritt und eine kostenlose Führung. Detailinformationen im Internet unter www.jmw.at/ . Die Ausstellung "Wien, Stadt der Juden - Die Welt der Tante Jolesch" dokumentiert das breit gefächerte Spektrum des Wiener Judentums zur Zeit seiner letzten Blüte. Sie zeichnet ein Panoramabild, das von den Elendsquartieren der strenggläubigen Stetl-Juden, die aus Galizien geflohen waren, über die Cafés der Bohemiens und die Versammlungssäle der geistigen Elite bis in die Büros der Stadtverwaltung des Roten Wien und in die Salons des aufgeklärten Bürgertums reicht. So entsteht das lebendige Bild einer Zeit, die, noch bevor sich der Todesschatten des Holocaust über die Stadt legte, von einer Auf- und Umbruchstimmung beflügelt war.
     
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