Vortrag von Peter Marboe, Buchpräsentation
Wien (rk) - Im Zeichen der Widerstandskämpferin Irene Harand steht eine
Veranstaltung des Begleitprogramms zur Ausstellung "Wien, Stadt der Juden. Die Welt der Tante Jolesch"
im Jüdischen Museum Wien, 1., Dorotheergasse 11, am Montag, 18. Oktober, 19 Uhr. Peter Marboe hält einen
Vortrag zum Thema "Irene Harand, eine Gerechte", in dem er den entschlossenen Widerstand der katholischen
Hitler-Gegnerin gegen den Nationalsozialismus und Antisemitismus in Österreich darstellt und würdigt.
Im Anschluss daran findet eine Buchpräsentation der Neuauflage der Aufklärungsschrift von Irene Harand:
"Sein Kampf - Antwort an Hitler" (Wien, 1935) statt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.
Irene Harand (1900 - 1975) zählt zu den entschiedensten österreichischen Widerstandskämpferinnen,
die noch zur Zeit der Ersten Republik entschlossen gegen den politischen Antisemitismus und die schleichende Unterwanderung
Österreichs durch den Nationalsozialismus auftrat. Bereits 1930 gründete die Katholikin (gemeinsam mit
dem nach 1938 in einem KZ ermordeten Rechtsanwalt Moritz Zalman) eine "Österreichische Volkspartei",
die als prononcierte "Anti-Hitler-Bewegung" zu den Wahlen antrat. In der Zeit des Ständestaates
sammelte die kämpferische Frau ihre Anhänger zu einer "Harand-Bewegung", die mit oft unkonventionellen
Aktionen dem anwachsenden Antisemitismus gegenübertrat. Harand gab weitverbreitete Publikationen und Zeitschriften
heraus und publizierte noch 1935 im Eigenverlag ihre Streitschrift "Sein Kampf - Antwort an Hitler",
in der sie mit aufklärerischer Unbeugsamkeit Punkt für Punkt die antisemitischen Phrasen in Adolf Hitlers
"Mein Kampf" entlarvt. Zum Zeitpunkt des deutschen Einmarsches befand sich die von den Nazis mit Kopfgeld
gesuchte Hitler-Gegnerin auf einer ihrer vielen Vortragsreisen im Ausland und konnte sich daher in die USA in Sicherheit
bringen, wo sie 1975 in New York verstarb. 1969 wurde Irene Harand vom Holocaust- Museum Yad Vashem in Jerusalem
mit der Medaille "Gerechte der Völker" ausgezeichnet.
Dr. Peter Marboe begegnete Irene Harand als Diplomat in New York und es verband ihn in Folge eine enge Freundschaft
mit der Exil-Österreicherin. Die Neuausgabe von "Sein Kampf", die noch 2004 im Wiener Ephelant-Verlag,
erscheint geht zu einem großen Teil auf seine Initiative zurück.
"Die Welt der Tante Jolesch" noch bis 31. Oktober
Die Ausstellung "Wien, Stadt der Juden - Die Welt der Tante Jolesch" ist noch bis 31. Oktober
2004 im Jüdischen Museum der Stadt Wien zu sehen. Das Museum (A-1010 Wien, Dorotheergasse 11) ist Sonntag
bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, an Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt: 5 Euro, 2,90 Euro ermäßigt.
Schulklassen in Begleitung eines Lehrers haben freien Eintritt und eine kostenlose Führung. Detailinformationen
im Internet unter www.jmw.at/ . Die Ausstellung "Wien, Stadt der Juden - Die Welt der Tante Jolesch"
dokumentiert das breit gefächerte Spektrum des Wiener Judentums zur Zeit seiner letzten Blüte. Sie zeichnet
ein Panoramabild, das von den Elendsquartieren der strenggläubigen Stetl-Juden, die aus Galizien geflohen
waren, über die Cafés der Bohemiens und die Versammlungssäle der geistigen Elite bis in die Büros
der Stadtverwaltung des Roten Wien und in die Salons des aufgeklärten Bürgertums reicht. So entsteht
das lebendige Bild einer Zeit, die, noch bevor sich der Todesschatten des Holocaust über die Stadt legte,
von einer Auf- und Umbruchstimmung beflügelt war. |