Entwurf zum Allgemeinen Pensionsgesetz  

erstellt am
13. 10. 04

Schüssel: Mit dem Allgemeinen Pensionsgesetz werden Pensionen dauerhaft gesichert
Wien (bpd) - "Mit dem heute beschlossenen Entwurf zum Allgemeinen Pensionsgesetz haben wir die jahrzehntelange Diskussion um die Reform des Pensionssystems erfolgreich abgeschlossen. Mit diesem Gesetz werden die Pensionen dauerhaft gesichert", so Bundeskanzler Wolfgang Schüssel beim Pressefoyer im Anschluss an den Ministerrat am Dienstag (12. 10.).

"Dieses neue Gesetz sieht individuelle Pensionskonten vor, die staatlich garantiert sind und verzinst werden", so der Bundeskanzler. Die jährliche Erhöhung der Pensionen erfolgt zukünftig indexgebunden. Als Vorteile des neuen Systems nannte der Bundeskanzler unter anderem die bessere Bewertung der Kindererziehungszeiten und den Ausbau der eigenständigen Alterssicherung für Frauen. Die Kinderbetreuungszeiten werden zukünftig in gleicher Höhe wie die Militär- und Zivildienstzeiten angerechnet werden. Schüssel: "Damit haben wir eine wesentliche Aufwertung der Familie geschaffen."

Als weitere Verbesserungen gegenüber dem derzeitigen System führte der Bundeskanzler die volle Anrechenbarkeit von Notstandszeiten für die Pension an. Auf Wunsch der Sozialpartner wurden Zusatzregelungen für Schwerstarbeiter sowie eine Korridorlösung für den Pensionseintritt eingeführt. Langzeitversicherte können bis 2010 mit 55/60 Jahren ohne Abschläge in Pension gehen. Die Abschläge sind mit 5% gedeckelt. Ausdrücklich wies der Bundeskanzler darauf hin, dass Frauen innerhalb der Übergangslösung die Möglichkeit eines um 5 Jahre früheren Pensionsantritts hätten. Schüssel: "Damit ist dieser Korridor genau spiegelgleich gegeben". Gegenüber dem Begutachtungsentwurf wurde eine Erleichterung des Nachkaufes von Schul- und Studienzeiten eingeführt. Hinkünftig entfällt der Alterszuschlag.

 

Darabos: "Die Regierung ist nicht lernfähig"
"Ein total misslungener Entwurf" - Die 15 zentralen Kritikpunkte am Harmonisierungsentwurf im Überblick
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos bekräftigt die Kritik der SPÖ an der "Scheinharmonisierung" und der "Scheinbegutachtung", nachdem heute die Regierung im Ministerrat ihren Entwurf praktisch ohne Änderungen beschlossen hat. Im Begutachtungsverfahren sei die Kritik der SPÖ am Regierungsentwurf von vielen Seiten bestätigt worden, betonte Darabos. Dass die Regierung die zahlreichen Einwände in den Stellungnahmen einfach übergangen hat und mit dem Hinweis abtat, es handle sich um "bekannte Positionen", zeigt für Darabos, "dass diese Regierung nicht lernfähig ist".

Darabos' Fazit: "Ein total misslungener Entwurf, der eben keine Harmonisierung bringt und die Ungerechtigkeiten im Pensionssystem sogar noch verschärfen wird, wird von einer Regierung, die auf stur geschalten hat, einfach durchgepeitscht." Offen sei dabei nur die Frage, "ob auf Seiten der Regierung Unfähigkeit oder die böse Absicht überwiegt", sagte Darabos am Dienstag (12. 10.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Im Folgenden die 15 zentralen Kritikpunkte am Regierungsentwurf im Überblick:

1) Doppelte Verluste: Im Pensionskorridor können Männer mit langen Versicherungszeiten mit 62 Jahren in Pension gehen, wobei allerdings die Verluste nicht in den "Verlustdeckel" von 10 Prozent einberechnet werden; das bedeutet: Ab 2005 Verluste von bis zu 22 Prozent bei Pensionsantritt vor 65, etwa bei Pensionsantritt mit 62 Jahren mit 47 (!) Beitragsjahren.

2) Kein Korridor für Frauen: Der Pensionskorridor gilt für Frauen erst ab 2024; für Frauen gibt es daher keine Möglichkeit zum vorzeitigen Pensionsantritt, sie müssen immer statt bis 57 bis 62 arbeiten. Auch die Schwerarbeitsregelung gilt für Frauen erst ab 60 statt ab 55.

3) Massive Verluste für über 50-Jährige: Sogar die Industriellenvereinigung kritisiert, dass die Parallelrechnung nur für unter 50-Jährige gilt. Dies bringt einen unerklärlich abrupten Übergang zwischen über und unter 50-Jährigen mit sich. Für über 50-Jährige ergeben sich dadurch teilweise höhere Verluste als für unter 50-Jährige, weil sie die Verluste aus der Pensionsreform 2003 und die zusätzlichen Verluste durch die Korridorabschläge haben, nicht aber bestimmte Begünstigungen, die sich aus der Pensionsharmonisierung ergeben.

4) Frauen mit Kindern verlieren am meisten: Das Pensionskonto basiert auf der Lebensdurchrechnung, jeder Einkommensverlust durch Kinderpausen und Teilzeitarbeit schlägt voll auf das Pensionskonto durch. Die vorgesehene Anrechnung von Kindererziehungszeiten im Ausmaß von 4 Jahren pro Kind in Höhe von 1.157 Euro reicht im Normalfall lediglich dazu aus, den Pensionsverlust aus 3 Jahren Teilzeitarbeit auszugleichen.

5) Arbeitslosigkeit führt zu drastischen Pensionsverlusten: Für Zeiten der Arbeitslosigkeit werden lediglich 70 Prozent des Arbeitseinkommens als Beitragsgrundlage herbei gezogen, während des Bezugs der Notstandshilfe etwas mehr als 60 Prozent. Dies bedeutet: Zeiten einer längeren Arbeitslosigkeit oder wiederholte Arbeitslosigkeit (wie bei Saisonarbeitern) kommen niemals auch nur in die Nähe einer Pension von 80 Prozent ihres durchschnittlichen Lebenseinkommens.

6) Nicht praktikable Schwerarbeitsregelung: Die Schwerarbeitsregelung ist völlig unklar, jedenfalls steht fest, dass nur sehr wenige Personen wegen Schwerarbeit zu einem früheren Zeitpunkt mit geringeren Abschlägen in Pension gehen werden können.

7) Für Frauen gibt es gleich gar keinen früheren Pensionsantritt wegen Schwerarbeit, weil auch für sie die Altergrenze 60 gilt.

8) Willkürliche Grenzen: Gerade Personen, die Schwerarbeit leisten, werden häufig arbeitsunfähig und können deswegen nicht bis zum 60. Lebensjahr arbeiten. Wird ein Schwerarbeiter etwa mit 59 arbeitsunfähig, muss er in Invaliditätspension gehen und hat eine um bis zu 12 Prozent geringere Pension, als wenn er es bis zum 60. Lebensjahr geschafft hätte.

9) Schlechte Anrechnung von Schul- und Studienzeiten: Die Möglichkeit des Nachkaufs von Schul- und Studienzeiten ist nicht ausreichend und noch dazu mit willkürlichen Unterscheidungen gespickt, die davon abhängen, ob das Studium vor oder nach dem 1. Jänner 2005 absolviert wurde bzw. wird.

10) Abruptes Ende der Hacklerregelung: Die von der Regierung viel gerühmte Hacklerregelung (vorzeitiger Pensionsantritt mit 45 (40) Beitragsjahren) wird für alle Personen älter als 55 Jahren (Frauen über 50 Jahren) abrupt abgeschafft. Dadurch entstehen extreme Ungleichheiten mit unterschiedlichen Gesamtverlusten zwischen 2 Prozent und 21,59 Prozent für völlig vergleichbare Personengruppen, je nach dem wann sie geboren sind und wann sie die 45 Jahre erfüllen.

11) Drastische Ungleichbehandlung zwischen BeamtInnen und ASVG-Versicherten: Im ASVG sind 45 Arbeitsjahre Voraussetzung für die Schwerarbeitspension, für Beamte lediglich 42 (!). Noch drastischer der Unterschied bei der Hacklerregelung (vorzeitiger Pensionsantritt bis 2010): ASVG 45 Jahre, Beamte 40 Jahre (!). Das bedeutet: In Wahrheit findet bei Beamten keine Anhebung des Pensionsalters statt, weil angesichts des sicheren Arbeitsplatzes dort die meisten 40 anrechenbare Jahre haben.

12) Keine gleichen Beitragssätze: Für Arbeiter und Angestellte 22,8 Prozent Beitragssatz, für Gewerbetreibende 17,5 Prozent und für Bauern 15 Prozent. Sogar der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes meldet dagegen verfassungsrechtliche Bedenken an.

13) Undurchsichtiges Pensionskonto, kein Bestandschutz: Die Regelungen über das Pensionskonto sind kaum nachvollziehbar, auf Jahrzehnte hinaus werden die Versicherten vom Pensionskonto nicht ablesen können, wie hoch die Pension sein wird, die ihnen einmal zusteht, bzw. wie hoch ihr bereits erworbener Pensionsanspruch ist. Entgegen den Erläuterungen enthält das Gesetz keinerlei Garantie, dass nicht in die auf dem Pensionskonto ausgewiesenen Beträge eingegriffen wird.

14) Extrem hoher Verwaltungsaufwand: Durchgehend wird auf die extreme Kompliziertheit des Systems und den dadurch entstehenden äußerst hohen Verwaltungsaufwand hingewiesen. Da auf die Pensionsreform 2003 aufgesetzt wird, sind in Wahrheit über Jahrzehnte drei Parallelrechnungen anzustellen: einmal Pensionsrecht vor der Pensionsreform 2003, einmal Pensionsrecht nach der Pensionsreform 2003, darauf aufbauend die Parallelrechnung im neuen System. Diese erfordert eine zweifache Erfassung aller Beitragsgrundlagen, und zwar auch rückwirkend für Beitragsjahre ab 1970. Die Gemeinde Wien schätzt den Verwaltungsaufwand allein für die Übermittlung der erforderlichen Daten an das Bundespensionsamt für die Jahre 2005 und 2006 auf jeweils 1.645.000 Euro.

15) ASVG ist im Vergleich zum Pensionsharmonisierungsgesetz leicht verständlich: Allgemein wird die schlechte Legistik und mangelhafte Nachvollziehbarkeit des Gesetzes kritisiert. Auch das "Allgemeine Pensionsgesetz" (APG) ist eine Chimäre: Es gilt nicht für Beamte und besteht in Wahrheit aus einem Sammelsurium von Verweisen auf ASVG, GSVG, BSVG und FSVG. Mehr als 99 Prozent des Pensionsrechts ist auch in Zukunft im ASVG geregelt. Das APG enthält in 16 Paragraphen allein 65 Verweise auf das ASVG, das selbst wiederum in 92 Bestimmungen geändert wird. Das ASVG ist im Vergleich dazu ein einfach verständliches Gesetz.

 

Lopatka: Kein konstruktiver Beitrag von der SPÖ
Aussagen zu Harmonisierung, Budgetdefizit und Heizkostenzuschuss zeigen Uninformiertheit der SPÖ-Vertreter
Wien (övp-pk) - "Keinen einzigen konstruktiven Beitrag" erkennt ÖVP-Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka in den Ausführungen der beiden SPÖ-Bundesgeschäftsführer von Dienstag (12. 10.). "Weder bestätigen Experten die von Doris Bures schon wiederholt vorgetragene Leier, dass Frauen Verlierer der Harmonisierung sind, noch stimmen die Behauptungen von Norbert Darabos in Bezug auf das Budgetdefizit", so Lopatka.

Frauen seien die Gewinner der Pensionsharmonisierung, sagte Lopatka und nannte die Aufwertung der Kindererziehungszeiten als Beispiel. So werden in Zukunft statt zwei bis zu vier Jahre pro Kind pensionsbegründend wirken. Die Beitragsgrundlage bilde das Medianeinkommen von 1.350 Euro monatlich. "Dies entspricht einer Verdoppelung der bisherigen Beitragsgrundlage", betonte Lopatka. Selbst der Pensionsexperte Bernd Marin spreche angesichts dessen von "großzügig geregelten Kindererziehungszeiten" und "schlau gemachten Ersatzzeiten", so Lopatka. "Die Ausführungen der SPÖ- Bundesgeschäftsführerin sind daher nichts anderes als ein weiterer Fall von Realitätsverweigerung."

Bezüglich der Höhe des Budgetdefizits bemerkte Lopatka, dass diese weder ungeplant noch überraschend eingetreten sei. "Dass das Defizit 1,4 Prozent des BIP beträgt, ist schlicht darauf zurückzuführen, dass die Bundesregierung Teile der Steuerreform von 2005 vorgezogen hat. Experten und Fakten belegen, welch positive Auswirkung diese Steuerreform auf den Standort bereits hat und noch haben wird." Bezüglich der SPÖ-Ausführungen zum Heizkostenzuschuss erinnerte Lopatka Bures an die Tatsache, dass die Bundesländer, in deren Bereich diese Sozialleistung falle, bereits in der Vergangenheit diesbezüglich viel getan hätten. "Ich bin überzeugt, dass dies auch in Zukunft so sein wird", so Lopatka abschließend.

 

Gorbach-Kritik an Rot und Grün
Wien (fpd) - Eine scharfe Attacke gegen die Opposition in Zusammenhang mit der Harmonisierung kommt von Vizekanzler Huber Gorbach: "Jahrzehntelang hat die SPÖ keine Pensionsharmonisierung zustande gebracht und das einzige, was ihr jetzt einfällt ist, diesen Meilenstein der Sozialpolitik zu kritisieren."

Gorbach. "Wir haben ein Jahr lang getüftelt und verhandelt. Jetzt den Vorwurf 'speed kills' zu hören mutet seltsam an. Nur jemanden, der sich im Stillstand befindet, kann diesen ausdauernden und gewissenhaft detaillierten Diskussionsprozess als zu schnell empfinden."

In Sachen Pensionen stand die Finanzierung und der weitere Bestand des gesamten Systems auf dem Spiel. "Wenn es um derart gravierende Eckpunkte für die soziale Sicherheit dieses Landes und seiner Bevölkerung geht, sollte man nicht in Parteifarben, sondern in rot-weiß-rot denken", wetterte Gorbach in Richtung Rot und Grün.

 

Regierung ignoriert ExpertInnen-Kritik an "Pensionsharmonisierung"
Stellungnahmen des Begutachtungsentwurfs für den Reißwolf
Wien (grüne) - „Mehr als hundert Seiten an kritischen Stellungnahmen zur so genannten Pensionsharmonisierung wandern Dienstag Vormittag in den Reißwolf“, kritisiert der stv. Klubobmann und Sozialsprecher der Grünen Karl Öllinger, und weiter: „Sie werden von der Bundesregierung schlichtweg ignoriert“. Der Großteil der Stellungnahmen von Bundesländern, Interessensvereinigungen und ExpertInnen ist erst vergangen Freitag mit Ende der Begutachtungsfrist eingelangt und fand noch nicht einmal den Weg auf die Parlamentshomepage.

„In dieser kurzen Zeit ist es unmöglich, die detaillierte und fundierte Kritik der ExpertInnen in den Entwurf einzuarbeiten. Die Regierung missachtet damit nicht nur, nein, sie verhöhnt geradezu alle, die sich am Begutachtungsverfahren beteiligt haben“, so Öllinger. Die einzig seriöse Vorgangsweise bei der Harmonisierung der Pensionssysteme sei eine intensive, öffentliche Debatte darüber, was ein Pensionssystem leisten müsse, welchen Anforderungen es genügen und wie es gestaltet sein solle. Für derartige Diskussionsprozesse haben sich andere Länder wie etwa die Schweiz mehrere Jahre Zeit genommen und weitgehende gesellschaftliche Übereinstimmung erreicht. „In Österreich wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt. Herausgekommen ist ein Pfusch,“, so Öllinger, „ein Pfusch, der uns noch Jahrzehnte beschäftigen wird.“

 

Massive finanzielle Einbußen
Harmonisierung: Verzetnitsch setzt nun auf funktionierenden Parlamentarismus
Wien (ögb) - "Die Regierung hat heute wieder einmal ein Pensionsgesetz beschlossen, ohne auf die Vorschläge, die im Zuge der Begutachtung eingebracht wurden, Rücksicht zu nehmen. Damit wird dramatisch in die Lebensplanung aller Österreicherinnen und Österreicher eingegriffen", kritisiert ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch die überstürzte Beschlussfassung im Ministerrat. "Alle Menschen in diesem Land werden damit zu Verlierern und müssen künftig massive finanzielle Einbußen in Kauf nehmen."

Der ÖGB-Präsident setzt nun auf einen funktionierenden Parlamentarismus. Der ÖGB wird allen Abgeordneten bis zur Abstimmung im Hohen Haus deutlich vor Augen führen, welche Folgen ihre Entscheidung für die Menschen in Österreich haben wird. Zu den größten Kritikpunkten zählen die Auswirkungen auf Frauen. Sie haben keine Chance auf einen vorzeitigen Pensionsantritt. Die Anrechnung der Kindererziehungszeiten fängt bei weitem nicht die lebenslange Durchrechnung auf.

Während bereits fix ist, dass nur fünf Prozent der Schwerarbeiter auch unter diesem Titel jährlich in Pension gehen können, hat es die Regierung bisher nicht geschafft, überhaupt zu definieren, wer unter diese Regelung fällt. Der ÖGB kritisiert auch, dass die im Pensionsmodell 2003 gedeckelten Abstriche mit der nun beschlossenen "Reform" für Einzelne bis zu 22 Prozent Verluste bringen. "Von Gerechtigkeit kann da wohl keine Rede mehr sein", sagt Verzetnitsch.

"Mit unserem Modell einer Österreich-Pension wäre ein breiter gesellschaftlicher Konsens möglich gewesen und auch die Eingriffe in die Pensionen der Menschen zur Sicherung des Pensionssystems hätten sich in einem überschaubaren und verkraftbaren Rahmen gehalten", sagt Verzetnitsch. "Das Gesetz, das heute im Ministerrat beschlossen wurde, enthält dagegen unnötige Härten und stellt alles andere als eine Angleichung der verschiedenen Pensionssysteme dar." Von einer echten Harmonisierung könne in der vorliegenden Form daher keine Rede sein.

 

WKÖ wundert sich über Kritik an Regierungsbeschluss
Pensionsharmonisierung für Wirtschaftskammer grundsätzlich positiv
Wien (pwk) - Die Wirtschaftskammer Österreich wundert sich über die Kritik des ÖGB an der Beschlussfassung der Pensionsharmonisierung im Ministerrat. Aus Sicht der Wirtschaft könne von einer überstürzten Beschlussfassung keine Rede sein. Die WKÖ weist darauf hin, dass - auch unter Einbeziehung der Sozialpartner - bereits über ein Jahr über die Harmonisierung der Pensionssysteme verhandelt worden ist und hier auch über weite Strecken Übereinstimmung erzielt wurde. Im Rahmen der Begutachtung seien von Arbeitnehmer-Seite die bisher bekannten Einwände wiederholt worden, ohne substantiell Neues einzubringen. Unter diesem Gesichtspunkt sei daher der heutige Ministerratsbeschluss nicht überstürzt.

Die Wirtschaftskammer begrüßt prinzipiell die Pensionsreform als richtigen Schritt: Die Harmonisierung ist weitgehend gelungen und schafft ein faires Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen. Das transparente Pensionskonto verwirklicht Beitragsgerechtigkeit. Nun gelte es, auch die Landes- und Gemeindebeamten in die Harmonisierung einzubeziehen. Die derzeitige Diskussion über eine maximale Ausweitung der Schwerarbeiterregelung auf möglichst viele Berufsgruppen laufe dem Gedanken der Harmonisierung zuwider und bewirke die Wiedereinführung der Frühpension durch die Hintertür. Hier gibt es allerdings konstruktive Sozialpartnergespräche auf Expertenebene mit der Bundesregierung.

 

Tumpel: "Pensionspläne der Regierung weiter unfair"
Wien (ak) - „Das ist keine faire Pensionsharmonisierung, was sich die Regierung jetzt vom Parlament absegnen lassen will", kritisiert AK Präsident Herbert Tumpel, „mit ihrer heute, nur drei Tage nach Ende der Begutachtungsfrist beschlossenen Regierungsvorlage ignoriert sie die Stellungnahmen aus der Begutachtung und fährt einfach über die Interessen der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer drüber."

Auch an der Regierungsvorlage kritisiert Tumpel: „Die Regierung will die Verluste aus der so genannten Pensionsreform 2003 auf bis zu 22 Prozent aufdoppeln. Sie benachteiligt Frauen gleich mehrfach. Pensionen von Langzeitversicherten werden gekürzt. Gerade die über 50-Jährigen sind von Pensionskürzungen massiv betroffen. Und von einer wirklichen Beitragsgerechtigkeit kann keine Rede sein."

Tumpel verlangt, dass jetzt im Parlament nachgebessert wird: „Ich will eine Harmonisierung, die die Pensionen der Jungen sichert, eine Harmonisierung, die fair und gerecht ist und keine Berufsgruppe bevorzugt."

„Vor allem die geplanten dramatischen Pensionskürzungen für sehr viele ASVG-Versicherte kann ich nicht akzeptieren. Die meisten haben praktisch keine Möglichkeit, die Verluste zu vermeiden", kritisiert Tumpel die Regierungsvorlage zur Pensionsharmonisierung:

Frauen mit Kindern können es sich sehr oft nicht aussuchen, ob sie Teilzeit oder Vollzeit arbeiten – trotzdem müssen sie mit massiven Pensionskürzungen rechnen, weil ihnen mit der Ersatzleistung für Kindererziehungszeiten lediglich zwei bis drei Jahre Teilzeitarbeit bei der Pensionsberechnung ausgeglichen werden.

Außerdem unfair für Frauen: Anders als Männer sollen sie nicht drei Jahre vor ihrem Regelpensionsalter in Pension gehen können. Männer wiederum werden zwar mit 62 Jahren in Pension gehen können – aber nur mit zusätzlichen, doppelten Abschlägen, die zu Verlusten von bis zu 22 Prozent führen.

Tumpel: „Pensionsverluste von 22 Prozent sind unzumutbar für Menschen, die zum Teil mit 47 Versicherungsjahren im Alter von 62 in Pension gehen, weil sie keine Chance mehr haben weiterzuarbeiten."

Weiters kritisiert Tumpel, dass die „Hackler"-Regelung abrupt enden soll – nur ein Tag spätere Geburt reicht, dass Frauen erst vier Jahre und Männer zwei Jahre später in Pension gehen können; zusätzlich steigen dann für Männer die Verluste auf bis zu 22 Prozent.

Außerdem, so Tumpel, sei diese Regelung für echte Hackler ohne Wert, weil etwa Bauarbeiter regelmäßig Zeiten der Arbeitslosigkeit oder längerer Krankheit haben, die für die „Hackler"-Regelung nicht zählen. Die angekündigte Schwerarbeiterregelung wieder-um sei bis auf Weiteres „ein Titel ohne Inhalt" – überdies seien Frauen erneut im Nachteil, weil die Schwerarbeiterregelung bis 2024 nur für Männer gelten kann. „Schlicht unfair" ist für Tumpel, dass die Pensionsbeiträge für Gewerbetreibende und Bauern weiterhin niedriger sein sollen als für ArbeitnehmerInnen.

Im Parlament muss nachgebessert werden, verlangt Tumpel: „Ich will Beitragsgerechtigkeit, da dürfen Selbstständige und Bauern nicht bevorzugt werden." Vor allem für die Jungen müsse das neue Pensionskonto Jahr für Jahr die erworbene Pensionsleistung ausweisen und garantieren.

Überdies muss das Pensionskonto Zeiten der Kindererziehung und der Arbeitslosigkeit deutlich besser bewerten, als von der Regierung geplant. Und die Pensionskürzungen aus dem Jahr 2003 sind für Tumpel keine geeignete Grundlage, um darauf eine sozial gerechte Harmonisierung der Pensionssysteme aufzusetzen.
         
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