28. Oktober 2004 bis 27. Februar 2005 im Technischen Museum Wien
Wien (tmw) - Begleitend zur Ausstellung "Massenware Luxusgut. Vom Biedermeier bis zur Wiener
Weltausstellung" zeigt das Technische Museum Wien vom 28. Oktober 2004 bis 27. Februar 2005 die Präsentation
"Welt ausstellen. Schauplatz Wien 1873", in deren Mittelpunkt die Wiener Weltausstellung von 1873 steht.
Der Industriepalast Foto:
TMW |
Bereits seit den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts hatten führende Wirtschafts- und Industriekreise die Abhaltung
einer solchen Universalschau in Wien propagiert. Am 1. Mai 1873 war es dann soweit: Mitten in der natürlichen
Kulisse des Praterwaldes eröffnete die Ausstellungsstadt mit ihren riesigen Hallen und unzähligen Pavillonbauten
auf einem Gelände von über 233 Hektar mit insgesamt 53.000 Ausstellern.
Die Wiener Photographen-Association, die auch mit einem eigenen Pavillon als Aussteller vertreten war, hielt in
2.000 Aufnahmen dieses temporäre Großereignis für die Nachwelt fest. So systematisch und vollständig
war keine andere Weltausstellung zuvor dokumentiert worden. Den gesamten Fotobestand verwahrt keine der Wiener
Sammlungen. Im Archiv des Technischen Museums Wien haben sich von diesem visuellen Gedächtnis der Weltausstellung
rund 250 Fotografien und Lichtdrucke erhalten. Eine Auswahl daraus wird nun erstmals präsentiert.
Eine Serie von Aufnahmen zeigt das faszinierende Baugeschehen am Weltausstellungs- schauplatz und den technisch
hochkomplexen, detailliert dokumentierten Baufortschritt an der Rotunde, dem damals größten Kuppelbau
der Welt. Großformatige Fotografien laden ein zu einem Ausstellungsrundgang durch die vielfältige Welt
der Pavillons, vom Japanischen Gartenhaus bis zum Russischen Bauernhof, vom Cercle Oriental bis zum beliebten Musikpavillon.
Auch der Blick von oben auf das gesamte weitläufige Gelände spielte eine zentrale Rolle. Neben der aufwändigen
Inszenierung von Technik und Industrie, der Vorführung von Dampfmaschinen und Lokomotiven in Betrieb, faszinierte
die großzügig angelegte Weltausstellung mit folkloristischen Ensembles, Cafes und Bazaren. Dokumentiert
wurde aber keine Realität, sondern für das Medium Fotografie eigens in Szene gesetzte Einblicke in den
Ausstellungsalltag.
Erste Spuren zur Geschichte des Technischen Museums Wien lassen sich bis zur Wiener Weltausstellung verfolgen.
Wilhelm Exner, der spätere Museumsgründer, veranschaulichte in der so genannten Additionellen Ausstellung
die geschichtliche Entwicklung von Gewerbe und Industrie in Österreich. "Diese historische Ausstellung
hätte man in ihrer Gänze erhalten können und erhalten sollen und damit wäre eine Grundlage
für ein historisch-technisches Gewerbemuseum geschaffen worden", so Wilhelm Exner in seinen Lebenserinnerungen.
Neben den Weltausstellungsexperten Exner und Franz Migerka, der als Zentralgewerbeinspektor tätig war, waren
auch engagierte Ausstellungsteilnehmer wie der Großindustrielle Artur Krupp die treibenden Kräfte für
die Museumsgründung.
So wie die Fotografie ein Leitmedium der Ausstellungsdokumentation war, spielte das geschriebene Wort eine zentrale
Rolle für das enzyklopädische Erfassen des auf einem Ort zusammengeführten Weltwissens. Viele tausend
Seiten an Berichten und Katalogen wurden anlässlich der Weltausstellung verfasst. Ob Aeronautik oder Milchwirtschaft,
Frauen-Arbeiten oder Dampfpflüge, der Stand der Entwicklung wurde von internationalen Fachleuten beschrieben
und so dauerhaft zugänglich gemacht. So können heutige Besucherinnen und Besucher die Weltausstellung
als Ort des Wissenstransfers und der Veranschaulichung weltweiter technischer, industrieller und kultureller Errungenschaften
entdecken.
Im Ausstellungsjahr machte "Wien den endgültigen Übergang zur Weltstadt", wie der zeitgenössische
Berichterstatter, der Nationalökonom August Oncken feststellte. Prominente Baustellen entlang der Ringstraße
wurden mit festlichen Grundsteinlegungen öffentlich in Szene gesetzt. Bahnverbindungen, Wasserversorgung,
innerstädtischer Verkehr, touristische Einrichtungen, die ganze Stadt wurde infrastrukturell aufgerüstet.
Eine Besucherattraktion war die neu errichtete Standseilbahn auf den Leopoldsberg, ein Ausstellungsobjekt ‚in
natura'. In ausländischen Berichten wurde die moderne Weltstadt Wien ebenso anschaulich geschildert wie in
eigens für die Weltausstellung geschriebenen Stadtführern.
Die Präsentation "WELT AUSSTELLEN. Schauplatz Wien 1873" bietet nun erstmals die Möglichkeit,
unvoreingenommen von den Schatten der Rezeption, von Crash und Cholera, eine Zeitreise ins Ausstellungsjahr anzutreten:
zur Weltausstellung als fotografisches Ereignis, zum Ort des internationalen Wissenstransfers sowie zu ihrer Auswirkungen
für die Urbanisierung Wiens und die Entstehung eines Technischen Museums in Wien. |