Wiener Stadt- und Landesbibliothek präsentiert "weiche welten"  

erstellt am
25. 10. 04

Arbeiten von Liesl Ujvary im Rahmen des Monats der Fotografie
Wien (rk) - "Es freut mich, dass wir mit Liesl Ujvary, einer der wichtigsten österreichischen Schriftstellerinnen, und Multimediakünstlerinnen in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek präsentieren können", sagte die Direktorin der Bibliothek, Sylvia Mattl-Wurm, in ihrem


Ausstellungskurator Andreas Brandtner und Sylvia Mattl-Wurm, Direktorin der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, mit Liesl Ujvary
Foto: Pressefoto Votava
Begrüßungsstatement anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "weiche welten" im Ausstellungskabinett der Bibliothek im Wiener Rathaus. Im Mittelpunkt der Ausstellung, die im Rahmen des Monats der Fotografie gezeigt wird, stehen fotografische Arbeiten, die ein integrativer Bestandteil des literarischen Werks von Ujvary sind. Der Großteil der Exponate kommt aus der Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, die im Jahr 2003 Ujvarys literarisches Archiv übernommen hat. Der Bestand enthält Skizzen, Fassungen und Reinschriften ihrer Texte sowie eine umfangreiche Sammlung ihrer fotografischen Arbeiten.

Die Ausstellung "weiche welten" ist im Rathaus, im Ausstellungskabinett der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (Rathaus Stiege 4, 1. Stock) ist von 22. Oktober 2004 bis 14. Jänner 2005 Montag bis Donnerstag von 9 bis 18.30 Uhr, Freitag von 9 bis 16.30 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen. Weitere Infos unter http://www.stadtbibliothek.wien.at/

"weiche welten" ein Querschnitt aus dem Schaffen von Liesl Ujvary
Die Schriftstellerin Liesl Ujvary (geb. 1939) zählt zu den wichtigsten österreichischen Autorinnen und Künstlerinnen der Gegenwart. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Wahrnehmung - "wer bin ich, wie sehe ich mich, wie kann ich mich in dieser Welt hier definieren". Text als Textur, Fotos als Repräsentation menschlicher Existenz. Selbstporträts, Porträts von Freundinnen und Freunden, von Schriftstellerkolleginnen und -kollegen sind vertreten. Natur kann Seelenlandschaft im "Fotoroman Bisamberg" sein oder in "Menschen & Pflanzen Porträts" eine Brücke zur Ausdrucksvielfalt der menschlichen Physiognomie liefern. Der technophile Aspekt kommt in den computerbearbeiteten Schriftstellerfotos "Hard & Soft" und im Text-Bild-Traktat "NeuroZone" zum Ausdruck. Im jüngstem Projekt, der "softporträt"- Serie "rom berlin moskau tokio new york", gehen verschiedene Realitätsebenen ineinander über, spiegelt sich die Autorin im Weichbild einiger Städte, die für sie biographisch bedeutsam waren - zugleich sind dabei ganz spezifische Städtefotos entstanden. "softworlds", die CD, widmet sich der Beziehung zwischenmenschlicher Sprachentwicklung und analoger Klangsynthese. Zur Ausstellung ist eine Soundinstallation "resynthese softworlds" geplant. Weiche Welten eröffnen einen Blick auf die Möglichkeitsaspekte unserer Lebenswelt, auf Virtualitäten, auf die Realität komplexer Daten.

Liesl Ujvary, Foto: Pressefoto Votava - Klicken Sie auf das Bild und Sie erhalten das Foto in Druckqualität (374 kB) Literarisch trat Ujvary 1977 mit experimentellen poetischen Texten unter dem Titel "Sicher & Gut" hervor, 1983 erschien der Gedichtband "Rosen, Zugaben" (1983). Darin greift Ujvary Klischees der Alltagssprache auf und zeigt die vergeblichen Versuche, der Welt der Sprach- und Sprechmanipulationen zu entkommen. 1984 erschien Ujvarys erster Roman "Schöne Stunden". Es folgten als weitere Prosatexte: das Traumbuch "Tiere im Text" (1991), "Heisse Stories" (1993), "Hoffnungsvolle Ungeheuer" (1993) sowie die beiden monologischen Bände, "Lustige Paranoia" (1995) und "Das reine Gehirn" (1997). In "Wildcards. Vorlesungen zur Literatur" (1998) formuliert Ujvary ihre These vom Schriftsteller als Vermittler zwischen den virtuellen Kunstwelten der Sprache. Im Jahr 2002 erschien der Band "Kontrollierte Spiele. 7 Artefakte", in dem Ujvary jegliche erzählerische Kohärenz auflöst. Als Verfremdungsstrategie setzt sie Versatzstücke aus der Science Fiction ein und beschreibt den Menschen in einer "Metaphorik der neuen Medientechnologie" stets an der Kippe zum Kontrollverlust.

Einen besonderen Stellenwert in Ujvarys Werk nehmen ihre fotografischen Arbeiten ein, die integrativer Bestandteil des literarischen Werks sind bzw. das schriftstellerische Umfeld porträtieren (z. B. die Serie "Hard & Soft" mit Fotografien von Heimrad Bäcker, Franz Josef Czernin, Stephan Eibl, Hil de Gard, Elfriede Gerstl, Bodo Hell, Ernst Jandl, Elfriede Jelinek, Gerhard Kofler, Friederike Mayröcker, Walter Pilar, Elisabeth Reichart, Ferdinand Schmatz usw.). In den letzten Jahren hat sich Ujvary der elektronischen Bearbeitung von Klängen gewidmet und eine Reihe von Arbeiten für das ORF-Kunstradio gestaltet, darunter 1997 "Das Schubert Ding", einen elektronischen Remix von vier Impromptus von Franz Schubert. Das Kunstradio hat mehrere CDs von Ujvary produziert, u. a. "Sex + Tod + Klangeffekte" (1995), sogenannte Körpermusik aus den Geräuschen des Körpers mit Techniken der elektronischen Musik destilliert, und "Sprache der Gene" (1996). 2002 erschien die CD "Kontrollierte Spiele. 7 Artefakte".
     
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