"grünstadtgrau"-Kongress zum Start der Initiative "NATUR findet Stadt"
von Lebensministerium und Naturschutzbund
Wien (bmlfuw) - Die Lebens- und Umweltqualität in Städten wird ein immer wichtigeres Thema.
Die Umsetzung von Klimaschutzzielen und die Reduktion des Ressourcenverbrauchs stellen neue Anforderungen an Städte
und Gemeinden. Im Rahmen der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie ist die Ökologisierung in städtischen
Ballungsräumen Hauptthema. Wenn wir das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung erreichen wollen, brauchen wir
neue Impulse aus den Städten. Mit der Initiative grünstadtgrau wird ein Forum eröffnet, das eine
Trendumkehr bei wichtigen Parametern unterstützen soll. Dies erklärte Umweltminister Josef Pröll
in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Georg Rebernig, Geschäftsführer des Umweltbundesamtes, sowie
Johannes Gepp, Vizepräsident des Naturschutzbundes Österreich, und Christine Pühringer, Geschäftsführerin
des Naturschutzbundes Österreich, anlässlich der Eröffnung von grünstadtgrau, der Fachtagung
zur Stadtökologie am 21. und 22. Oktober 2004 in Wien.
Die heuer gestartete EU-Initiative für die „Entwicklung einer thematischen Strategie für städtische
Umwelt“ setzt auf ein Maßnahmenbündel, das entsprechend den regionalen Anforderungen und Möglichkeiten
adaptiert und ergänzt werden soll. Diese Initiative gilt für Städte über 100.000 Einwohner.
Österreich hat aber letzte Woche in Brüssel klar gefordert, dass diese Grenze gesenkt werden soll, damit
kleinere Städte und Gemeinden jedenfalls auf freiwilliger Basis mitarbeiten können, führte Pröll
weiter aus.
Der ökologische Fußabdruck der Industrieländer als Indikator für Umweltverbrauch wird trotz
aller bisherigen Bemühungen größer. Um eine Trendumkehr zu erreichen, und damit mehr Natur und
Lebensqualität in Ballungsräumen zu ermöglichen, ist auf folgende Themenbereiche und Maßnahmen
zu setzen:
- In der EU-Strategie steht die Zufriedenheit der Bürger mit der Gemeinde im Zentrum. Das Lebensministerium
hat probeweise Meinungsumfragen in zwei Wiener Gemeindebezirken durchgeführt, um zu schauen, wo die WienerInnen
der Schuh drückt. Der erste Eindruck zeigt, dass die Hauptprobleme bei Lärmbelastung und Nahversorgungliegen.
Gleichzeitig belegt das Pilotprojekt, wo die die Zufriedenheit mit den Leistungen der Gemeinde hoch ist – insbesondere
bei der Abfallentsorgung.
- Konsequente Maßnahmen zur Erreichung unserer Klimaschutzziele müssen weiterer Schwerpunkt sein.
Das heißt, auf Energieeffizienz und Energiesparmaßnahmen setzen. Erneuerbare Energiequellen sind ein
wichtiges Instrument, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Der massive Ausbau von Biomasse und die Nutzung der
Dachflächen für Solarenergie sind wichtige Chancen. Wien liegt beispielsweise mit einem Anteil an erneuerbaren
Energien von 1,5 Prozent am Gesamtenergieverbrauch weit unter dem österreichischen Durchschnitt.
- Neue Initiativen sind auch im Bereich lokale Mobilität und Personenverkehr zu setzen. Der KFZ-Verkehr
ist zentrales Problem in städtischen Ballungszentren. Es geht um eine nachhaltige Reduzierung des Individualverkehrs,
der öffentliche Verkehr braucht neue Impulse, der Ausbau des Infrastruktur-Angebots für Radfahrer ist
entscheidend zu verbessern. Das Potenzial dafür ist vorhanden: 26 Prozent der PKW-Fahrten kürzer als
zwei Kilometer (Fußwegdistanz) und rund 50 Prozent kürzer als fünf Kilometer (Fahrraddistanz).
- Bessere Luft und weniger Lärm sind zwei Ziele, die direkt mit dem Straßenverkehr zusammenhängen.
Um die verkehrsbedingten Schadstoffe zu verringern, ist eine Reduktion des Individualverkehrs unabdingbar. Die
Gemeinden sollten darüber hinaus mit Mobilitäsmanagement sowie der Nutzung alternativer Treibstoffe Trendsetter
in Richtung nachhaltiger Mobilität sein. Das Lebensministerium hat mit der flächendeckenden Versorgung
mit schwefelfreien Treibstoffen seit Beginn des heurigen Jahres, der für 2005 vorgesehenen steuerlichen Begünstigung
von Diesel-PKW mit Russpartikelfilter und der Beimischung von Biotreibstoffen zu Diesel und Benzin eine gute Basis
für die Verbesserung der Luftqualität gelegt.
Um dem Problem Nummer Eins aus der Sicht der Bevölkerung, nämlich dem Lärm, gerecht zu werden,
sind auf Basis der EU-Umgebunglärmrichtlinie nachhaltige Aktionspläne zur Reduktion der Lärmbelästigung
im städtischen Bereich zu erstellen. Jedenfalls zielführend ist die Forcierung von Wohnstraßen
sowie die bessere Überwachung von Tempo-30-Zonen.
- Wesentlicher Punkt für die langfristige Bewusstseinsbildung sind Schulwege. Sie müssen sicherer werden,
damit die Eltern mit ihren Kindern guten Gewissens auf den Privat-PKW verzichten können sowie Kinder und Jugendliche
verstärkt auf öffentlichen Verkehrsmittel, Fahrrad und Zufußgehen setzen. Schulisches Mobilitätsmanagement
ist daher ein Schwerpunkt des Lebensministeriums.
- Die städtische Nahversorgung insbesondere mit Lebensmittel ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Umwelt in
der Stadt. Kurze Transportwege bedeuten Lebensmittel „ohne CO2-Rucksack“. Die Erhaltung von landwirtschaftlich
genutzten Flächen in Städten und rund um Städte ist wichtige Aufgabe der Kommunen und hilft zusätzlich,
den Grün-Anteil und Erholungsraum für die Bevölkerung zu erhöhen. IBei der Bevölkerung
gilt es, das Bewusstsein für den ökologischen Wert regionaler Lebensmittel zu erhöhen.
- Mehr Grün in dicht verbauten Gebieten ist durch ein verbessertes lokales Angebot an öffentlichen
Grünflächen zu schaffen. Dabei geht es auch um den Freikauf von verbauten Flächen. Der Flächenverbrauch
ist massiv zu reduzieren, die Österreichische Nachhaltigkeisstrategie will ihn bis 2010 auf ein Zehntel des
heutigen Standes verringern. In Wien werden beispielsweise pro Tag 0,2 ha Fläche versiegelt, das entspricht
pro Woche zwei Fußballfeldern. Die nachhaltige Bodennutzung und damit die Reduktion des Flächenverbrauchs,
die Sicherung des Grüngürtels, die Erhaltung der Substanz von Wäldern sowie der ökologische
Rückbau von Gewässern sind zur Verbesserung der biologischen Vielfalt notwendig.
- Nachhaltiges Management ist eine wichtige Aufgabe in der Kommunalverwaltung und in gemeindenahen Unternehmen.
Das EMAS-Zertifizierungssystem ist ein gutes europaweites Instrument dafür. Das Lebensministerium geht auch
dabei mit gutem Beispiel voran.
- Die regelmäßige Erstellung eines Ökologischen Fußabdrucks muss den ökologischen
Zustand und Veränderungen messbar bzw. vergleichbar machen. Die Stadt Wien müsste beispielsweise ihren
ökologischen Fußabdruck um mindestens 55 Prozent verringern, um sich beim Flächenkonsum dem umweltverträglichen
Grenzwert von ca. 1,7 ha pro Einwohner anzunähern.
Als konkretes Projekt starten das Lebensministerium und der Österreichische Naturschutzbund mit der Fachtagung
grünstadtgrau die Initiative „NATUR findet Stadt“, um Bewusstsein für eine ökologische und nachhaltige
Zukunft von Städten zu schaffen. „Ich lade alle Städte und Gemeinden ein, an Programmen für mehr
Lebensqualität und Natur in städtischen Ballungsräumen aktiv mitzuarbeiten und damit unseren ökologischen
Fußabdruck entscheidend zu verkleinern“, appellierte Pröll abschließend.
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