Bundespräsident Fischer eröffnet Eurochambres-Kongress  

erstellt am
22. 10. 04

Lissabon-Strategie hängt mit europäischem Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell zusammen - Modernisierung der EU zur Zielerreichung Notwendigkeit
Wien (pwk) - Den großen Stellenwert der Sozialpartnerschaft und die Bedeutung der sozialen Marktwirtschaft als eine der Grundfesten des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells unterstrich Bundespräsident Heinz Fischer in seiner Rede anlässlich des internationalen Kongresses der Europäischen Wirtschaftskammern Eurochambres, der am Donnerstag (21. 10.) in Wien unter der Leitung von Eurochambres- und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl eröffnet wurde und der unter dem Generalthema "Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Welt" steht.

Dass in Europa "Marktwirtschaft" in der Regel in einem Atemzug mit "sozial" genannt wird, sei kein Zufall, sagte Fischer. "Der Grund dafür ist nicht nur ein Gefühl für das soziale Element der Gesellschaft, sondern auch die Erkenntnis, dass eine wirtschaftliche Ordnung, in der die soziale Komponente eine Rolle spielt, ein höheres Maß an Stabilität hat." Fischer strich zudem die Bedeutung der Lissabonner Reformagenda für eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung hervor. "Die Lissabon-Strategie hängt eng mit dem europäischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell zusammen. Länder, die die Bedeutung dieser Ziele nicht erkennen, werden zurückfallen", warnte der Bundespräsident. Er mahnte insbesondere im Bereich Forschung und Wissenschaft zusätzliche Anstrengungen ein und sagte zu, diesem Thema auch selbst besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Eurochambres- und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl dankte dem Bundespräsidenten für die Möglichkeit, den Kongress der Europäischen Wirtschaftskammern in der Wiener Hofburg abhalten zu können.

Leitl wies in seinem Eröffnungsstatement auf die ernüchternde Bilanz hin, die zur Halbzeit der Lissabonner Reformstrategie gezogen werden muss. "Das Wachstum der EU ist derzeit nur halb so hoch wie in den USA und Japan, unseren wichtigsten Wirtschaftspartnern. Europa fehlt es an Managementkompetenz", so Leitl. Es gehe aber nicht um Schuldzuweisungen, sondern um eine gemeinsame Kraftanstrengung, um die Zahl der Arbeitslosen in den nächsten fünf Jahren zu halbieren. "Das neu gewählte Europaparlament und die Barroso-Kommission müssen einen Neuanfang wagen. Leadership ist gefragt. Das vermissen wir derzeit schmerzlich in Europa."

Fritz Verzetnitsch, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und Mitglied der Kok-Gruppe, die kommende Woche eine Halbzeit-Bilanz zur Lissabon-Strategie vorlegen wird, sprach sich für "ein absolutes Ja zum Lissabon-Ziel" aus, dem zufolge die EU bis 2010 zur wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Region in der Welt aufsteigen soll. Zugleich warnte er vor einer einseitigen Betrachtungsweise: "Wettbewerbsfähigkeit darf nicht der einzige Maßstab für eine erfolgreiche Gesellschaft sein, es geht auch um den sozialen Zusammenhalt. Das ist nicht eine Frage des "entweder oder" sondern des "sowohl als auch"", sagte Verzetnitsch. Außerdem dürften sich jene Länder, die etwa die Lissabonner Beschäftigungsziele schon erreicht hätten, nicht zurücklehnen, sondern müssten zusätzliche Anstrengungen unternehmen.

EU-Kommissar Siim Kallas, der in der Barroso-Kommission einer der Vizepräsidenten sein wird, stellte fest, dass "in der erweiterten EU eine Modernisierung notwendig ist, um die Lissabon-Ziele zu erreichen." Er unterstrich, dass die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit eine der Prioritäten der nächsten Kommission sein werde.
     
zurück