Leitl fordert EU-Kraftanstrengung für Wachstum und Beschäftigung: 10 Millionen Jobs
bis 2010
Wien (pwk) - Mit einem Appell an die europäischen Regierungen, durch die Umsetzung von Sozial-
und Wirtschaftsreformen für mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu sorgen, hat am Donnerstag (21. 10.)
Vormittag der XII. Kongress von Eurochambres, des europäischen Dachverbands der Industrie- und Wirtschaftskammern,
in der Wiener Hofburg begonnen. "Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei. Dass Europa gegenüber den
USA noch immer an Wettbewerbsfähigkeit verliert, statt den Rückstand aufzuholen, ist eine Schande",
sagte Eurochambres- und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl.
Um die Lissabonner Reformagenda, die 2000 beschlossen wurde, in der zweiten Halbzeit mit Leben zu erfüllen,
bedürfe es einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene: "Die
Formel 5 (3/1) = 10 muss unser Motto sein. Das bedeutet im Klartext: Ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum
von drei Prozent im Jahr steigert die Beschäftigung um ein Prozent. Dadurch entstehen innerhalb der nächsten
fünf Jahren zehn Millionen neue Jobs. Das ist ein faszinierendes Ziel, das für Aufbruchstimmung sorgen
wird." Die derzeitige Arbeitslosenzahl würde also halbiert. "Wenn wir dieses Ziel erreichen, können
wir unser soziales Netz finanzieren, unsere ökologischen Ziele - Stichwort Kyoto - erreichen und: Dank seiner
wirtschaftlichen Stärke kann Europa eine entscheidende Rolle im Sinne einer Globalisierung nach europäischen
Werten einnehmen", ist Leitl überzeugt. Aufgabe der Kommission sei es, den europäischen Reformprozess
professionell zu organisieren. "Die europäische Business Community sagt ihre volle Unterstützung
zu und ist bereit, ihr Know-how einzubringen", sagte Leitl: "Vom Eurochambres-Kongress soll ein Signal
der Ermutigung, des Optimismus und der Zuversicht ausgehen."
Konkret gehe es insbesondere darum, den europäischen Unternehmergeist zu stärken - etwa, indem das grenzüberschreitende
unternehmerische Handeln vereinfacht, die Investitionen in Schlüsselbereichen wie Forschung und Entwicklung
gesteigert, die Arbeitsmärkte flexibilisiert und Regulierung minimalisiert werden. Leitl sprach sich zudem
ausdrücklich dafür aus, auch die Europäische Zentralbank im Sinne einer europäischen Wachstumspolitik
in die Pflicht zu nehmen. "Die EZB muss natürlich Stabilitätspolitik machen, aber sie muss weit
mehr machen als nur das."
Auch Siim Kallas, designierter Vizepräsident der nächsten EU-Kommission und derzeit in Brüssel für
Wirtschaft und Finanzen zuständig, unterstrich, dass die erweiterte Europäische Union eines Modernisierungsschubs
bedarf, um die Lissabonner Ziele zu erreichen. Er hob hervor, dass die Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle bei
der Umsetzung der Lissabon-Ziele einnehmen und wies darauf hin, dass die EU-Kommission eine zentrale Rolle bei
der Liberalisierung der Wirtschaft gespielt hat.
Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Europas ist auch das Generalthema des zweitägigen Eurochambres-Kongresses,
an dem mehr als 500 Wirtschaftsvertreter aus der ganzen Welt teilnehmen. Unter den Vortragenden der ersten Plenarsitzung
am Donnerstag Vormittag sind Bundespräsident Heinz Fischer, die EU-Kommissare Siim Kallas und Peter Balazs
sowie ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch.
Weitere Highlights der zweitägigen Veranstaltung sind der mexikanische Staatssekretär für Handel
und Industrie, Fernando Canales Clariond, Jürgen Strube, Präsident des europäischen Industrieverbands
Unice, die EU-Kommissarin Danuta Hübner, die Europaabgeordneten Othmar Karas, Wolf Klinz und Paul Rübig
sowie Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Die österreichische Vision einer wettbewerbsfähigeren Europäischen
Union skizziert Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Rahmen eines Festaktes Donnerstag Abend in Schönbrunn. |