Wien (pwk) - Österreichs Kreditwirtschaft und Konsumenten drohen neue Belastungen: Nach einer Empfehlung
der FATF (OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der internationalen Geldwäscherei) beabsichtigt die EU-Kommission,
in Kürze eine Verordnung vorzulegen, wonach man bei Bareinzahlungen seine Identität nachweisen muss,
wenn man bei der betreffenden Bank kein Konto hat. Die Folgen dieser "Sonderempfehlung VII" der FATF
werden derzeit heftig diskutiert.
Eine Verpflichtung zur Identifikation bei allen Bareinzahlungen, die nicht von einem Konto erfolgen, wären
für Banken und Kunden mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Die Auswirkungen würden
insbesondere bei Kleinzahlungen ("Micropayments", die unter einem Grenzwert von 100 Euro liegen) weit
über die Kreditwirtschaft hinaus reichen, warnt der Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung
der Wirtschaftskammer Österreich, Dr. Herbert Pichler.
Daher hat sich die Kreditwirtschaft mit Unterstützung des Finanzministeriums seit Monaten für die Einführung
einer sinnvollen Bagatellgrenze eingesetzt, unter der diese Identifikation jedenfalls entfallen könnte, betont
Pichler. Zur Unterstützung dieser Bemühungen hat die Bundeskreditsparte das Beratungsunternehmen Capgemini
mit einer Untersuchung beauftragt, die kostenmäßigen Auswirkungen dieser diskutierten Maßnahmen
darzustellen.
Pichler: "Eine Verpflichtung zur Identifikation bei allen Bareinzahlungen, die nicht von einem Konto erfolgen,
wären für Banken und Kunden mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden."
Die heute, Mittwoch, von Capgemini-Geschäftsführer Mag. Peter Laggner gemeinsam mit Dr. Pichler in einer
Pressekonferenz vorgestellte Studie untermauert die Befürchtung der Kreditwirtschaft, dass eine Umsetzung
der Sonderempfehlung VII einen erheblichen Mehraufwand - je nach tatsächlicher Ausgestaltung der einzelnen
Maßnahmen - mit sich bringt. Allein zur Identifikation der Auftraggeber von Zahlungsaufträgen entstehen,
so Laggner, laufende jährliche Kosten von 75,2 Millionen Euro. (Dieser Aufwand würde sich allerdings
bei einer angenommenen Grenze von 100 Euro um rund zwei Drittel auf 25,7 Millionen Euro reduzieren).
Insgesamt kostet die Umsetzung der Sonderempfehlung (Summe der Einmalinvestitionen und der laufenden Kosten, ohne
Bagatellgrenze) im ersten Betriebsjahr 108,5 Millionen Euro. Für fünf Jahre wird ein Aufwand von 437
Millionen Euro errechnet.
"Es kann nicht sein, dass wir im Zahlungsverkehr - wo alle Transaktionen möglichst rasch und günstig
ablaufen sollen - ständig mit neuen Auflagen konfrontiert werden", unterstreicht Pichler. "Österreichs
Banken haben mehrfach ihr Bekenntnis zur Mitarbeit bei allen Maßnahmen gegen die internationale Geldwäsche
unter Beweis gestellt. Deshalb werden wir uns an den Maßnahmen beteiligen, sind aber dafür, eine sinnvolle
Grenze einzuziehen".
"Wir sind ständig bemüht, den im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr hohen
Leistungsstandard im privaten Zahlungsverkehr weiter zu verbessern, wobei das Preis-Leistungsverhältnis für
Bankkunden in Österreich günstiger ist als in den meisten anderen Ländern. Ständig neue Auflagen,
wie die geplante EU-Verordnung, sowie ein unter dem Titel Neuer Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr diskutiertes
Belastungspaket erschweren allerdings diese Bemühungen, fasst Pichler zusammen.
Die internationale Diskussion über die Einführung des geforderten Schwellenwertes - bei der Österreich
von anderen Ländern allerdings wenig Unterstützung erhält - läuft in diesen Tagen auf Expertenebene
in Paris. Der offizielle Entwurf der Verordnung, der ursprünglich bereits für September angekündigt
war, ist nun für Anfang September zu erwarten.
Die FATF (Financial Action Task Force) wurde 1989 am G-7 Gipfel in Paris als unabhängige Organisation zur
Geldwäsche-Bekämpfung ins Leben gerufen. Heute umfasst die FATF 31 Länder und zwei Organisationen,
darunter die wichtigsten Finanzzentren Europas, Nord- und Südamerikas sowie Asiens. Die FATF hat bisher 40
Empfehlungen und 8 Sonderempfehlungen zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung und organisierter Geldwäsche
verabschiedet. Der Inhalt dieser Empfehlungen fließt regelmäßig in die Gesetzgebung der FATF-Mitgliedsstaaten
und somit auch in das EU-Gemeinschaftsrecht ein. Die Sonderempfehlung VII ("Wire Transfer") zielt darauf
ab, die Möglichkeiten der Terrorfinanzierung einzuschränken bzw. verdächtige Zahlungsströme
nachzuverfolgen und mögliche verdächtige Personenkreise zu identifizieren. |