Ferrero-Waldner "EU muss Bezugspunkt für andere bleiben"  

erstellt am
19. 10. 04

Außenministerin spricht vor Europa-Forum der BA–CA über die großen Herausforderungen für die erweiterte EU im nächsten Jahrzehnt
Wien (bmaa) - "Die europäische Verfassung ist das erste gemeinsame Projekt der erweiterten Union und hat daher besondere Symbolkraft. Sie wird der Europäischen Union einen deutlichen Demokratieschub bringen. Sie wird auch einen weiteren Schritt zur Stärkung des außenpolitischen Profils der EU in der Welt bewirken", so Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner bei ihrer Rede beim hochkarätig besetzten Europa-Forum der Bank Austria-Creditanstalt in Wien am Dienstag (19. 10.). "Gerade aus Sicht meiner neuen Tätigkeit als Außenkommissarin wäre es für mich wünschenswert gewesen, hier ein wenig weiter zu gehen, vor allem im Hinblick auf den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus und die organisierte Kriminalität, der in den nächsten Jahren sicher eine der wichtigsten gemeinsamen Herausforderungen für die EU sein wird. Aber immerhin stellt die europäische Verfassung einen Schritt in die richtige Richtung dar, und darauf können wir aufbauen".

Neben der Europäischen Verfassung hob Ferrero-Waldner in ihren Ausführungen zum Thema "Die Zukunft Europas: die großen Herausforderungen für die erweiterte EU im nächsten Jahrzehnt" fünf weitere Prioritäten hervor:

Eine wichtige Priorität bestehe in der Verbesserung des Kontakts mit den Bürgern. "Ich habe mir daher bereits vorgenommen, immer wieder nach Österreich zu kommen und europäische Entscheidungen in Österreich verständlich zu machen".

Die dritte wesentliche Herausforderung sei die Umsetzung der sogenannten Lissabon-Strategie. Deren 5-Jahres-Bilanz müsse wirklich schonungslos durchgeführt werden, vielleicht werde auch eine radikale Neubewertung der Ziele und Methoden notwendig sein oder zumindest eine teilweise Verschiebung des Zieldatums 2010. "Wichtig wird sein, dass man die Bürger besser als bisher von der Notwendigkeit der Reformen überzeugt - besonders in den neuen Mitgliedstaaten, in denen die letzten Jahre ein Reformgalopp der besonderen Art waren, dessen positive Auswirkungen vielleicht noch nicht überall sichtbar sind", meinte die designierte Außenkommissarin.

Eine vierte Priorität sieht Ferrero-Waldner in der Erweiterung der EU. Die jüngste Erweiterung sei hervorragend verlaufen, aber noch nicht ganz abgeschlossen. Den neuen Mitgliedsstaaten stehe die volle Integration in die Währungsunion und ins Schengen-System noch bevor, und auch sonst bestehe noch einiger Aufholbedarf. Neben dem vorgesehenen Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jänner 2007 sei es aus österreichischer Sicht auch wünschenswert, Anfang nächsten Jahres mit Kroatien Beitrittsverhandlungen zu beginnen. "Dies wäre auch für die anderen Ländern Südosteuropas ein Ansporn zur Fortsetzung ihrer Reformen". Die Türkei sieht Ferrero-Waldner als einen wichtigen Partner Europas in der Region, der in letzter Zeit wesentliche Reformen eingeleitet hat. "Allerdings dürfen wir auch eines nicht vergessen: die EU hat erst vor wenigen Monaten die größte Erweiterung in ihrer Geschichte hinter sich gebracht. Die in diesem Zusammenhang geschaffenen neuen Strukturen müssen sich nun erst einmal bewähren. Die EU müsste ihrerseits erst in der Lage sein, ein derartig großes Land wie die Türkei aufzunehmen. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass sich der Europäische Rat, sollte er sich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen aussprechen, wofür einiges spricht, dafür entscheiden wird, Ergebnis und Ende der Verhandlungen offen zu lassen."

Als fünfte Herausforderung nannte die Außenministerin die Europäische Nachbarschaftspolitik, die sich mit der Gestaltung der Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn befasst. Dieser Bereich stelle einen Schwerpunkt ihrer künftigen Tätigkeit als EU-Kommissarin dar. "Konkret werden mit jedem unserer Nachbarn Aktionspläne entwickelt, in denen die Schritte zu einer besseren Kooperation formuliert werden. Die Vorlage der ersten Aktionspläne steht nun unmittelbar bevor". Es gehe darum, den Grenzen das Trennende zu nehmen und den globalen Herausforderungen wie Umweltschutz, Drogen- und Terrorismusbekämpfung oder Migration erfolgreich zu begegnen. Das österreichische Außenministerium habe hier bereits einen wichtigen Beitrag geleistet hat, indem es gemeinsam mit dem ungarischen Außenministerium ein gemeinsames Papier mit konkreten Ideen für den Aktionsplan EU-Ukraine ausgearbeitet habe, aus dem einige wichtige Anregungen übernommen wurden.

Die sechste Priorität betreffe schließlich die internationalen Herausforderungen der EU. Die EU müsse sich bemühen, ihre eigene innere Stabilität zu exportieren, wenn sie nicht Instabilität von außen importieren wolle. "Entscheidend dafür wird sein, dass wir als EU außenpolitisch verstärkt mit einer Stimme sprechen - das geht in letzter Konsequenz einmal bis zu einem EU-Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Ich werde als EU-Kommissarin alle Anstrengungen unternehmen, die EU auf diesem Weg deutlich voranzubringen".

"Die Rolle der EU wird auch weiterhin darin bestehen müssen, ein Bezugspunkt für andere zu sein - in Fragen der Demokratie, der Stabilität, des Wohlstandes und der Menschenrechte. Dieser Rolle gerecht zu werden ist eine Herausforderung für mehr als das nächste Jahrzehnt".
     
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