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TU Wien: Punkt-Wolken als Forschungs-Highlight |
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Die Verwendung eines 3D-Laserscanners in der Forschung macht Vieles möglich: die Rekonstruktion
von Tongefäßen bei archäologischen Ausgrabungen genauso wie menschliche "3D-Portraits" Wien (tu) - Für die Aufnahme dreidimensionaler Objekte wurde an der TU Wien ein Minolta VIVID-900 3D-Laserscanner angekauft. Dieses Gerät ermöglicht die Digitalisierung von Gegenständen von wenigen Zentimetern bis zu einem Meter Durchmesser. Jede einzelne Aufnahme liefert eine Punktwolke, d.h. die x-, y-, und z-Koordinaten von bis zu 300.000 Datenpunkten der Oberfläche des gescannten Objektes. Das Objekt kann dabei durchaus lebendig sein, so wie beispielsweise das 3D-Modell eines Wiener Sängerknaben für das Schauspielhaus-Plakat 'Wiener Lächeln'. Um einen Gegenstand vollständig zu erfassen reicht eine einzelne Aufnahme meistens nicht aus. Dadurch entsteht folgendes Problem: verändert man zwischen zwei Aufnahmen die räumliche Position des 3D-Scanners oder des Gegenstandes, so erhält man Punktwolken von Teilen des Objektes, die im virtuellen Raum an verschiedenen Positionen liegen. Um aus den Punktwolken ein 3D-Flächenmodell zu erzeugen, muss man zuerst diese einzelnen Punktwolken in die richtige gegenseitige Lage bringen. Diesen Vorgang nennt man Registrierung. Die am weitesten verbreitete Methode zur Lösung des Registrierungs-Problems ist der etwa 10 Jahre alte Iterative Closest Point (ICP) Algorithmus von Besl und McKay. Ausgehend von einer genauen Analyse des ICP-Algorithmus aus der Sicht der Geometrie und der Optimierung ist es der Forschungsgruppe Geometrische Modellierung und Industrielle Geometrie an der TU Wien in Kooperation mit WissenschafterInnen der Stanford University in Kalifornien und der Tsinghua Universität in Peking gelungen, neue verbesserte Algorithmen zur Registrierung zu entwickeln. Helmut Pottmann, Geometrie-Professor an der TU Wien, erklärt dazu: "Die neuen Algorithmen sind nicht nur effizienter, sie liefern auch aus komplizierten Ausgangslagen Ergebnisse und überdies können alle Teilaufnahmen in einem einzigen globalen Ausgleichsalgorithmus auf ein Gesamtmodell registriert werden." 3D-Technik und Archäologie - Von Tonscherben zu Handelsbeziehungen Die Arbeitsgruppe 3D (AG3D) des Instituts für Automation der TU Wien beschäftigt sich intensiv mit Anwendungen der 3D-Technik in der Archäologie. Im Sommer 2004 wurde das automatisierte, zur elektronischen Unterstützung der Arbeit von Archäologen entwickelte System "ArcheoProfiler" bei der Ausgrabung in Tel Dor, Israel, getestet. Hubert Mara aus der Pattern Recognition and Image Processing Group (PRIP) berichtet: "Die Aufgabe der TU Wien bestand in der automatischen Vermessung von archäologischen Funden. Erstmalig wurden mehrere Hunderte Scherben von Tongefäßen mit dem 3D-Scanner der TU Wien vermessen und anschließend analysiert." Archäologen finden bei Ausgrabungen manchmal mehrere Tausend Tonscherben, die traditionell durch Handzeichnungen angefertigt und so erfasst werden. Der dafür erforderliche Zeitaufwand ist beträchtlich. Beim vom PRIP getesteten Verfahren vermisst zuerst eine Person mittels 3D-Scanner die einzelnen Seitenansichten einer Scherbe, die Software setzt aus diesen dann ein 3D-Modell zusammen. Daraus wird automatisch die Profillinie berechnet und mit Hilfe mathematischer Methoden einer Gruppe wie z. B. Teller, Topf, Vase und verschiedenen Untergruppen (z. B. römisch, syrisch) zugeordnet. Aus der Anzahl und Art der gefundenen Gruppen können die Anzahl und Art der Einwohner und auch deren Reise- und Handelsgewohnheiten nachgewiesen werden. Hubert Mara fasst seine Erfahrungen aus der Praxis zusammen: "Die Vermessung der Scherben mittels 3D-Scanner ist etwa zehnmal schneller als die Handzeichnung. Das entspricht einer Anzahl von 40 Scherben pro Stunde mit einer Abweichung der Profillinie von weniger als 0,1 mm gegenüber den durchschnittlich 2 mm bei händischer Erstellung." 3D-Technik und Kunst - Flügelrösser am Dach der Wiener Staatsoper An den beiden am Dach der Wiener Oper befindlichen Pegasus-Statuen aus dem 19. Jahrhundert nagt der Zahn der Zeit, sodass statische Bedenken geäußert wurden. Ein entsprechendes Gutachten des Instituts für Leichtbau und Struktur-Biomechanik der TU Wien sollte Klarheit schaffen. Voraussetzung für die statische Untersuchung war ein 3D-Modell der gesamten Statue. Aufgrund der statischen Problemstellung war die Modellierungsgenauigkeit der Standbeine besonders wichtig. Für den 3D-Laserscanner der TU Wien mit einem Messbereich von 0,6 bis 2,5m und einer Messgenauigkeit von einem Zehntel-Millimeter eine geradezu prädestinierte Aufgabe. Camillo Ressl vom Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung fasst zusammen: "Aus 150 Einzelaufnahmen mit über 4 Millionen Objektpunkten wurde ein 3D-Modell erstellt, das die Ausgangsbasis des statischen Gutachtens darstellte." Die erfreuliche Nachricht: die Pegasus-Statuen werden auch in Zukunft als Musen- und Dichterrösser am Dach der Wiener Staatsoper stehen, da die aufgetretenen Spannungszustände als unbedenklich eingestuft wurden. Vom innovativen Projekt zum FWF-Forschungsschwerpunkt Was als innovatives Projekt an der TU Wien in Zusammenarbeit von 5 Forschungsgruppen vor zwei Jahren begonnen hat, wird nun im Forschungsschwerpunkt Industrielle Geometrie fortgesetzt, der Anfang Oktober 2004 vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) bewilligt wurde. Die bereits erzielten Forschungsergebnisse sind unter http://www.geometrie.tuwien.ac.at/3dtechnik/ verfügbar. Die TU Wien ist über die Forschungsgruppe Geometrische Modellierung und Industrielle Geometrie am Forschungsschwerpunkt beteiligt. In den nächsten drei Jahren werden 15 vom FWF finanzierte DoktorandInnen und Postdocs an vier österreichischen Universitäten geometrische Fragestellungen in der Industriellen Geometrie untersuchen. |
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