Budgetausschuss behandelt Kapitel Äußeres
Wien (pk) - Rede und Antwort stand Außenministerin Ursula Plassnik am Donnerstag (28. 10.)
den Abgeordneten des Budgetausschusses bei den Beratungen über das Kapitel Äußeres. Der Voranschlagsentwurf,
der noch von Plassniks Amtsvorgängerin Benita Ferrero-Waldner ausverhandelt wurde, sieht für 2005 Gesamtausgaben
von 380,000 Mill. € und Einnahmen von 8,456 Mill. € vor. Dies bedeutet gegenüber 2004 eine Aufstockung der
Ausgaben um 39,072 Mill. €. Die Summe der Einnahmen ist gegenüber 2004 nicht angestiegen.
Die Budgetsteigerungen stießen in der Debatte auf ein positives Echo bei den Sprechern aller vier Fraktionen.
Abgeordneter Peter Schieder (S) erkannte Verbesserungen in vielen Bereichen und meinte, sollte es in der
Folge eine gemeinsame Außenpolitik geben, dann sei im nächsten Jahr auch eine Zustimmung der SPÖ
zum Kapitel Äußeres denkbar. Der außenpolitische Sprecher der Sozialdemokraten trat in seinen
Fragen für eine größere Transparenz des Auswärtigen Dienstes ein. Für manche Bereiche
sollten Zugangsmöglichkeiten speziell für das Parlament geschaffen werden, schlug er vor. Weitere Punkte
Schieders betrafen den Aufbau eines europäischen diplomatischen Dienstes sowie die Rolle Österreichs
im Europarat.
Abgeordneter Herbert Scheibner (F) begrüßte insbesondere die Zuwächse bei der Entwicklungszusammenarbeit,
befasste sich mit dem diplomatischen Dienst und allfälligen neu geplanten Botschaften Österreichs und
sprach schließlich die Schutzfunktion Österreichs gegenüber Südtirol und den altösterreichischen
Minderheiten an. Im Nahostkonflikt wünschte Scheibner ein stärkeres Engagement Österreichs bei der
Vorantreibung des Friedensprozesses.
Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) trat für zusätzliche Akzente in der Entwicklungszusammenarbeit
ein und meinte, gerade im Bereich der tatsächlichen Gestaltbarkeit sei es zu keinen wirklichen Erhöhungen
gekommen. Sie drängte zudem auf eine aktivere Rolle Österreichs gegenüber den Staaten außerhalb
der EU. Gemeinsam mit der Abgeordneten Terezija Stoisits (G) rief Lunacek überdies die Ministerin auf,
im Kärntner Ortstafelstreit Akzente zu setzen.
Abgeordneter Michael Spindelegger (V) interessierte sich vor allem für die Schwerpunkte Plassniks in
den ersten Wochen und Monaten ihrer Tätigkeit und erkundigte sich weiters nach den Vorbereitungen auf die
EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006. Darüber hinaus thematisierte Spindelegger den aktuellen Konflikt
um die neue EU-Kommission.
Abgeordneter Josef Cap (S) brachte das Thema Türkei zur Sprache und fragte Plassnik, ob sie nun für
einen EU-Beitritt der Türkei sei oder nicht. Es gehe vor allem darum, ob die EU zuerst vertieft und dann erweitert
werden solle und welche Rolle Österreich angesichts zusätzlicher Erweiterungen spiele, präzisierte
er. Abgeordneter Caspar Einem (S) sah in diesem Zusammenhang ein Risiko, welches darin bestehe, dass die
Türkei mit anderen Bedingungen als alle anderen Beitrittswerber an den Start gehe. Manche islamischen Staaten
könnten daraus den Schluss ziehen, dass man nicht nur den USA, sondern auch der EU nicht mehr vertrauen könne,
gab er zu bedenken. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) hingegen forderte Verhandlungen mit dem Ziel eines EU-Beitrittes
der Türkei und betrachtete einen offenen Verhandlungsausgang als problematisch.
Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) wiederum vertrat den Standpunkt, es müsste auch Verhandlungen
der EU geben, die nicht automatisch die Möglichkeit eines Beitrittes ins Auge fassen.
Außenministerin Ursula Plassnik bekannte sich einleitend zur Kontinuität in der Außenpolitik.
In den letzten Jahren sei eine richtige Außenpolitik gemacht worden, sie wolle diese Politik nun fortsetzen,
betonte sie. Österreich werde seine Rolle in der internationalen Staatengemeinschaft - ob in der EU, der UNO
oder in anderen Organisationen - erfüllen und als reiches Industrieland gegenüber seinen Partnern in
der Dritten Welt seine Verpflichtungen wahrnehmen.
Mit dem Budget könne sie sich voll identifizieren. Ein Großteil der Steigerungen geht, wie Plassnik
erklärte, auf die gesetzlichen Beiträge zurück. Diese betreffen unter anderem die friedenserhaltenden
Operationen der UNO. Einen weiteren Teil der Erhöhungen begründete Plassnik mit der EU-Präsidentschaft
2006.
Was die Entwicklungszusammenarbeit betrifft, trat Plassnik für eine Fortsetzung der Steigerungstendenz ein.
Das Ziel von 0,33 % des BIP soll 2006 erreicht werden. Sie sei sich aber bewusst, dass Österreich noch immer
einen Nachholbedarf aufweise, gab sie zu bedenken.
Für nächstes Jahr kündigte Plassnik die Eröffnung von zwei neuen Botschaften an, und zwar in
Zypern und in Malta. Österreich verfüge damit innerhalb der EU über ein geschlossenes Netz an bilateralen
Vertretungen.
Die ersten Wochen und Monate ihrer Amtszeit werden zunächst von den EU-Agenden geprägt sein, teilte die
Ministerin mit. Sie werde diese Gelegenheiten nützen, um erste Kontakte zu ihren Amtskollegen zu knüpfen.
Den ersten bilateralen Besuch werde sie am 10. November, einer alten Tradition folgend, in der Schweiz absolvieren.
Zur EU-Krise stellte Plassnik fest, wichtig sei vor allem, dass Europa über eine starke Kommission und ein
starkes Parlament verfügt - und zwar nicht gegeneinander, sondern miteinander. Sie sah den designierten Kommissionspräsidenten
Barroso aufgerufen, in intensiven Kontakten mit dem europäischen Parlament eine Lösung zu erarbeiten,
die sowohl mit den Regierungschefs abgestimmt als auch parlamentarisch mehrheitsfähig ist. Nicht vorstellen
konnte sich Plassnik, dass es dabei zu einer Änderung der Zuständigkeit Ferrero-Waldners kommen werde.
In der Frage eines EU-Beitritts der Türkei betonte sie, der Verhandlungsprozess werde in jedem Fall langfristig
sein. Viele jetzt vorhandene Parameter werden sich in seinem Verlauf noch ändern. Unbestritten ist für
die Ministerin aber, dass die Beitrittsperspektive zu einem positiven Impuls in der Türkei geführt hat.
Plassnik trat nun für ein schrittweises Vorgehen ein und meinte, die Beitrittsverhandlungen sollten „ergebnisoffen“
geführt werden; die Option eines Beitrittes dürfe nicht ausgeschlossen werden. "Wir werden uns Gedanken
darüber machen müssen, welche Art von Türkei wir wollen", sagte sie. Eine europäische
Türkei liege jedenfalls im Gesamtinteresse Österreichs, steht für die Ministerin fest.
In einer zweiten Fragerunde erkundigten sich die Abgeordneten Caspar Einem (S) und Ulrike Lunacek (G) nach
den Vorhaben für die EU-Präsidentschaft, insbesondere nach dem, wie sie es nannte, „Kür-Programm“.
Lunacek konnte sich dabei vor allem Akzente in Richtung Südosteuropa vorstellen.
Abgeordnete Petra Bayr (S) setzte sich mit dem Thema Entwicklungszusammenarbeit auseinander und ging dabei
vor allem auf die ADA und auf die Ostzusammenarbeit ein. Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) thematisierte
die Nachbarschaftspolitik und, damit in Zusammenhang stehend, europäische Bildungsprojekte. Abgeordnete
Christine Muttonen (S) befasste sich mit der Auslandskulturpolitik, Abgeordneter Hannes Missethon (V)
mit den bevorstehenden EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Abgeordneter Hannes Bauer (S) mit
dem UNO-Standort Wien. Abgeordnete Terezija Stoisits (G) urgierte nochmals das Einhalten der gesetzlichen
Bestimmungen in Bezug auf zweisprachige Ortstafeln in Österreich.
Bundesministerin Ursula Plassnik meinte, die Türkei sei ein Fall sui generis, weil hier Fragen thematisiert
würden, die bisher noch nicht angesprochen wurden. Man sollte konkret über einen Beitritt mit der Türkei
verhandeln, ohne dass es dabei irgendeinen Automatismus gebe, so das Regierungsmitglied, das sich zu der gesetzlichen
Verpflichtung zu zweisprachigen Ortstafeln bekannte, aber gleichzeitig darauf hinwies, dass ihr Ressort für
die innerstaatliche Umsetzung nicht zuständig sei.
Nach entsprechenden Erläuterungen zu den Perspektiven bei der EZA beschäftigte sich Plassnik mit der
Ostzusammenarbeit und den diesbezüglichen Programmen, insbesondere mit Bildungsinitiativen. Die Auslandskulturpolitik
habe einen Schwerpunkt in Süd- und Osteuropa, gleichzeitig wolle man aber anlässlich des Jubiläumsjahres
2005 weltweit ein modernes Österreich-Bild vermitteln, sagte Plassnik, die ihre Wortmeldung mit einer Stellungnahme
zum UN-Sitz Wien abschloss. |