IV-Konjunkturumfrage: Perspektiven für die nächsten Monate trüben
sich ein
Wien (PdI) - Die jüngste Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung, an der sich 368 Unternehmen
mit 236.000 Mitarbeitern beteiligt haben, deutet nach Einschätzung von Dr. Erhard Fürst, Bereichsleiter
für Industriepolitik und Ökonomie der IV, auf ein Überschreiten des Konjunkturhöhepunktes in
der Industrie hin: „Das IV-Konjunkturbarometer tritt auf der Stelle, und alle zukunftsorientierten Indikatoren
haben sich gegenüber dem Vorquartal verschlechtert. Bedenklich ist die Tatsache, dass mehr Unternehmen (beschäftigungsgewichtet)
eine fallende Beschäftigung und schlechtere Ertragslage erwarten als eine entsprechend positive Entwicklung.“
Diese Ergebnisse decken sich mit anderen Umfrageergebnissen bzw. Wirtschaftsdaten Europas. Der Handelsblatt-Eurokonjunkturindikator
ist im Oktober gesunken, der jüngste OECD-Frühindikator für die Eurozone hat nachgegeben, der ZEW-Index
der Finanzanalysten ist für Deutschland im Oktober neuerlich gesunken und der IFO-Konjunkturindex stagniert
grosso modo seit drei Monaten.
Beyrer: Österreich braucht weiter kluge Wirtschaftspolitik
„Offenbar wird die fortgesetzte Ölpreishausse zu einer Hypothek für die Konjunktur, wenngleich die negativen
Auswirkungen deutlich geringer bleiben, als bei früheren Ölpreisanstiegen“, betonte Fürst. Die deutsche
Wirtschaft verzeichnet zwar eindrucksvolle Exporterfolge, die Inlandsnachfrage kommt aber weiterhin nicht in Schwung.
Mag. Markus Beyrer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, betont in Richtung Bundespolitik: „Die ohnehin
nicht euphorischen Wachstumsprognosen 2005 für Deutschland werden nach und nach zurückgenommen. In dieser
Situation ist kluge Wirtschaftspolitik notwendig, um weiter positive Signale für die nächste Zukunft
zu setzen.“
Konkret sprach der IV-Generalsekretär folgende zwei aktuelle wirtschaftspolitische Themen an:
· Die Energiekosten müssen unter Kontrolle gehalten werden. Das heißt für das
Thema Ökostromförderung beispielsweise, dass die Netzebenendifferenzierung im Rahmen des parlamentarischen
Prozesses nicht verändert werden darf.
· Infrastrukturprojekte müssen beschleunigt, nicht verlangsamt werden: Bei der Novelle
zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP) muss für Verkehrsprojekte eine Verfahrensbeschleunigung
und keine -verzögerung geschafft werden. Es gehe darum, dass der neue UVP-Genehmigungsbescheid die diversen
zersplitterten Einzelgenehmigungsverfahren ersetzt. Beyrer: „Wir können uns keine weiteren Verzögerungen
bei der Anbindung an unsere EU-Partner in Mitteleuropa leisten!“
Ausdrückliches Lob erhielt die Steuerreform durch Beyrer: „Gerade die aktuelle konjunkturelle Lage beweist:
Die Steuerreform kommt zum richtigen Zeitpunkt. Wir verdanken diesen Maßnahmen, dass der mühsame und
schwache Aufschwung prolongiert bzw. gestützt wird!“ Grundsätzlich Sorge vor einer Rezession habe die
Industrie nicht, findet die Konjunkturverlangsamung doch auf höherem Niveau statt.
Die Ergebnisse im Detail: Konjunkturbarometer unverändert, aber Zukunftsaussichten getrübt
Das IV-Konjunkturbarometer als Mittelwert der Antworten zur gegenwärtigen Geschäftslage und zur
Geschäftslage in 6 Monaten ist gegenüber dem Sommer unverändert geblieben. Während die gegenwärtige
Geschäftslage noch einmal günstiger eingeschätzt wird (der Saldo aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Beurteilungen stieg von 41 auf 48 Punkte), ist der Zukunftsoptimismus per Saldo weiter auf 7 Punkte
(nach 13 im Sommer) gesunken. Ein ähnliches Muster ergibt sich für die Beurteilung der Ertragslage. Einer
Saldenverbesserung von 10 auf 20 Punkte bei der gegenwärtigen Ertragslage steht eine Drehung des Saldos von
+4 auf -2 bei der Ertragslage in 6 Monaten gegenüber.
Während die Auslandsaufträge nahezu gleich gut wie bei der letzten Umfrage eingeschätzt werden,
gibt es einen Rückgang der positiven Antworten beim Gesamtauftragsbestand, der auch die inländischen
Aufträge inkludiert, wodurch sich der Saldo von 48 auf 42 Punkte ermäßigt hat. Abschwächungen
zeigen auch die Antworten auf die Frage nach der Produktionstätigkeit und Kapazitätsauslastung in den
nächsten 3 Monaten. 14% der antwortenden Unternehmen rechnen (beschäftigungsgewichtet) noch mit steigenden
Verkaufspreisen (18% im Sommer).
Die ungünstigeren Konjunkturperspektiven schlagen sich in der Befragung auch auf die weitere Beschäftigungsentwicklung
nieder: einem leichten Rückgang der (beschäftigungsgewichteten) Zahl der Unternehmen, die einen steigenden
Beschäftigungsstand angeben, steht ein ausgeprägter Anstieg der Unternehmen von 9 auf 20% gegenüber,
die Reduktionen vorhersehen. Der entsprechende Saldo hat sich daher in ein deutliches Minus verändert (von
+6 auf -8).
Die Branchenergebnisse
Die IV wertet im Rahmen ihrer Konjunkturumfrage die Antworten über die Beurteilung des Auftragsbestands
auch nach Fachverbandszugehörigkeit aus. Für die augenblicklich noch gute Konjunkturlage spricht die
Tatsache, dass keine Branche einen Minussaldo von positiven und negativen Einschätzungen aufweist.
Die höchsten positiven Überhänge verzeichnen Bergwerke und Eisenerzeugung, Lederverarbeitung, Metall,
Eisen- und Metallwaren und Bau. Vier weitere Branchen weisen zufriedenstellende Saldowerte von etwas über
40% auf: Chemie, Holzverarbeitung, Fahrzeuge und Papier- und Pappeverarbeitung. Am unteren Ende rangieren Steine
und Keramik, Papier und Textil. Merklich schlechtere Werte im Vergleich zum Sommer geben 5 Branchen, nämlich
Gießerei, Maschinen- u. Stahlbau, Nahrungs- und Genussmittel, Steine und Keramik sowie Elektro.
Neuerlicher Kursanstieg der Österreich-Aktie auf 79 Euro
Die Kursentwicklung der Österreich-Aktie basiert auf einer Befragung von 13 Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft,
die die konjunkturelle Entwicklung, wichtige Standortfaktoren und die politische Situation in den Kategorien „unverändert,
besser/schlechter bzw. deutlich besser/deutlich schlechter“ bewerten. Der Kurs stieg im 3. Quartal 2004 von 74
Euro um rund 7% auf 79 Euro.
Während die Konjunkturperspektiven im Vergleich zur letzten Befragung vor 3 Monaten nochmals günstiger
eingeschätzt werden und die Bewertung der politischen Situation deutlich weniger negativ ist, verschlechterte
sich die Beurteilung der Standortfaktoren unter dem Strich. Positiv werden von den Panelisten vor allem die Bereiche
Unternehmensbesteuerung und mit Abstand F&E-Politik sowie Sicherung des Sozialsystems gesehen, negativ insbesondere
die Budgetpolitik, aber auch die Marktliberalisierung, die Staats- und Bürokratiereform sowie sonstige Kostenbelastungen
für Unternehmen. |